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Das Siegel der Macht

Das Siegel der Macht

Titel: Das Siegel der Macht
Autoren: Monika Dettwiler
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gelehrten Erzbischofs, seine haselnussbraunen Augen leuchteten. »Werdet Ihr an der Kaiserkrönung teilnehmen?«
    »Ja, aber vor allem warte ich auf die Synode. Alexius, ich bin von Feinden umgeben. Am liebsten würde ich nach Spanien zurückkehren und mich nur den Studien widmen.«
    »Da wir von Feinden sprechen …«, begann Alexius. Seine Sorgen wischten die Freude des Wiedersehens weg. Ungeduldig wollte er sich dem einzigen nicht blutsverwandten Menschen zuwenden, dem er auch die intimsten Befürchtungen anvertrauen konnte. »Ein Todesfall lässt mir keine Ruhe. Mein Freund Carolus ist getötet worden.«
    Gerberts schmale Augen strahlten Freundschaft aus. Seine Stimme war sanft. »Du brauchst mich, Alexius. Weißt du, wie gut mir das tut? Aber ein Kirchenfürst, wenn auch ein umstrittener, muss sich im Gefolge des Papstes bewegen. Übermorgen werden wir Zeit füreinander haben. Warte nach der Kaiserkrönung beim Pinienzapfen aus Bronze.« Die imposante Gestalt mit dem braunen Haarkranz verschwand in der Reitermenge.
    Alexius sah den Gesichtsausdruck eines dunkel gekleideten Mannes nicht, der unmittelbar neben ihnen gestanden und aufmerksam den kurzen Wortwechsel mitverfolgt hatte, bevor er sich hastig abwandte. Der junge Missus war zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Tief enttäuscht kämpfte er sich aus dem Gedränge. Sein Gefühl hatte nichts mit dem Rätsel um Carolus’ Tod zu tun. Ins ferne Spanien wollte Gerbert zurückkehren! Alexius würde seinen geliebten Lehrer aus Reims nie wieder sehen. Dem musste doch irgendwie abzuhelfen sein. Der Verstand des Griechen arbeitete fieberhaft. Natürlich. König Otto muss der Synode beiwohnen! Wenn er Gerbert disputieren hört, wird er ihn an den Hof rufen.
    Die gute Laune war mit der neuen Hoffnung zurückgekehrt. Alexius lenkte seinen tänzelnden Fuchshengst aus der Reihe der Höflinge. Als Bote und Kundschafter des Königs durfte er es sich leisten, in die Stadt vorauszureiten. Im Schritt passierte er das Tor in der leoninischen Mauer und ritt auf die Basilika von Sankt Peter zu. Er wollte das Pferd anbinden und die Treppe hochsteigen, über die schon Generationen von Pilgern das strahlendste Gotteshaus der Welt betreten hatten. Auf der abgewetzten untersten Stufe besann er sich. Vielleicht brachte es kein Glück, wenn er vor der Kaiserkrönung am Grab des Apostels Petrus betete. Alexius kniete nieder und bekreuzigte sich. Er wollte sich auf seine innere Stimme besinnen, aber das war unmöglich. Fröhliche Lieder klangen vom Borgo bis nach Sankt Peter.
    Unternehmungslustig wandte Alexius dem Vorhof der Kirche den Rücken zu und führte sein Pferd am Zügel in das belebte Quartier. Die Gassen waren von Schänken und Werkstätten gesäumt. Sogar im Freien wurden Weinbecher und Honigplätzchen feilgeboten. Der Einzug des deutschen Königs war zum Volksfest geworden. Alexius stellte erfreut fest, dass die Stadtbürger ihn mit Wohlwollen musterten, obwohl er festlich gekleidet war und mit seiner goldblau gestreiften Mütze auf die einfachen Leute wie ein Prinz wirken musste. Keine Spur der Feindseligkeit, die sie in Verona ins Unglück gestürzt hatte.
    Bevor die düsteren Gedanken an Carolus wieder aufkommen konnten, brachte Alexius seinen Fuchshengst in einem Stall unter und betrat die nächste Schänke. Sie machte einen sauberen Eindruck, zwischen den neu gezimmerten Tischen gab es erstaunlich viel Platz. Der Qualm der offenen Feuerstelle zog gut durch das schräge Dach ab.
    Fast sofort stellte der Wirt ihm Wein auf den Tisch. Hastig leerte Alexius den Becher, trank einen zweiten, und als sich eine wohlige Euphorie breit machte, sah er sich neugierig um. Der Höfling war in einer Schänke gelandet, in der sich abends die Handwerker und ihre Gesellen trafen. Fröhlich prosteten die Gäste einander zu und erzählten sich die Ereignisse des Tages. Ab und zu warf jemand einen verstohlenen Blick auf den vornehmen Fremden mit der hellen Haut und dem gewellten dunkelbraunen Haar. Alexius hörte das Plätschern der Stimmen, ohne sich um den Gesprächsinhalt zu kümmern.
    Als die Tochter des Schankwirts vor ihm stand, glaubte Alexius wach zu träumen. Er konnte den Blick nicht mehr von ihr lösen.
    Hinter einem Pfeiler äugte der rundliche Wirt hervor, beobachtete interessiert den Fremden. Wie selten verirrte sich ein Adliger in seine Schänke. Eines Tages würde es der Richtige sein. Das begehrliche Leuchten in den Augen des Besuchers entging ihm nicht.
    Alexius gab sich
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