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Das siebte Tor

Titel: Das siebte Tor
Autoren: Margaret Weis , Tracy Hickman
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über magische Fähigkeiten verfügte, die wahre
Erscheinung des Sartan sichtbar gemacht.
    Verwunderlich, daß Alfred, dessen erste Reaktion
in gefährlichen Situationen darin bestand, in Ohnmacht zu fallen, bei
Bewußtsein war. Er brachte es sogar fertig, angesichts des gräßlichen
Leviathans ein gewisses Maß an Würde zu bewahren, obwohl er seinen Arm umklammert
hielt, als wäre er gebrochen, und sein Gesicht grau und schmerzverzerrt aussah.
    Der massige, stumpfnasige Schädel des Drachen
pendelte träge über seinem bedauernswerten Opfer, er fixierte Alfred aus
kleinen, verschlagenen Augen, die sich unabhängig voneinander nach allen
Richtungen bewegen ließen und ihm erlaubten, seine gesamte Umgebung zu
überblicken. Er hatte kräftige Vorderbeine mit klauenartigen Pfoten, und aus
den Schultern sprossen gewaltige Flügel. Mit Hilfe der muskulösen Hinterbeine
konnte er den gewaltigen Leib in die Luft katapultieren, wenn er fliegen
wollte.
    Der Schwanz jedoch war die tödlichste Waffe des
Ungeheuers. Wie bei einem Skorpion bog er sich nach oben über den Rücken, und
der Stachel am Ende enthielt Gift – ein Gift, das entweder tödlich oder – in
kleinen Dosen – lähmend wirkte.
    »Es brennt vielleicht ein wenig«, sagte der
Drache, »aber es macht dich gefügig für unsere Reise zurück zu meiner Höhle.«
    Die Spitze des Stachels ritzte Alfreds Wange. Er
schrie auf, ein Krampf schüttelte seinen Körper. Marit ballte die Hände zu
Fäusten. Neben sich hörte sie Hugh Mordhand zischend Atem holen.
    »Was tun wir?« Schweiß glänzte auf seinem
Gesicht, und er wischte sich mit dem Handrücken über den Mund.
    Marit sah den Drachen an. Alfred hing schlaff
und leblos wie eine Lumpenpuppe zwischen seinen Krallenhänden, aber die
angstvoll geweiteten Augen verrieten, daß er bei vollem Bewußtsein war.
    »Nichts«, antwortete Marit ruhig.
    Mordhand runzelte die Stirn. »Aber wir müssen
etwas tun! Er darf sich nicht einfach mit Alfred davonmachen…«
    Rasch legte Marit ihm die Hand auf den Mund. Er
hatte nur geflüstert, trotzdem schwenkte der gigantische Reptilkopf in ihre
Richtung, und die flinken Augen suchten den Wald ab.
    Der tückische Blick wanderte über sie hinweg und
glitt weiter. Schließlich verlor der Drache das Interesse und setzte sich in
Bewegung.
    Marit schöpfte Hoffnung. Ihr Feind traf keine
Anstalten, sich in die Luft zu erheben, sondern blieb am Boden. Man sah
jetzt, daß er verletzt war, nicht schwer, aber schwer genug, um nicht fliegen
zu können. Die Membrane eines Flügels war zerrissen.
    Schlecht für Alfred, dachte Marit und seufzte
verhalten. Diese Wunde machte den Drachen reizbar und mißmutig. Alfred würde
eines langsamen, schrecklichen Todes sterben.
    Sie wartete still, bis sie ganz sicher sein
konnte, daß der Drache außer Sicht- und Hörweite war. Jedesmal, wenn Hugh
Mordhand zum Sprechen ansetzte, runzelte sie die Stirn und schüttelte den Kopf.
Erst als das Krachen und Bersten, mit dem die gewaltige Kreatur sich einen Weg
durch das Gehölz bahnte, endlich verstummte, wandte sich Marit an Hugh.
    »Die Drachen haben ein ausgezeichnetes Gehör,
denk daran. Du hast uns vorhin beinahe umgebracht.«
    »Warum haben wir das Biest nicht angegriffen?«
fragte der Assassine ungehalten. »Es ist verletzt! Mit Hilfe deiner Magie…« Er
schlug zornig mit der Hand durch die Luft.
    »Meine Magie hätte uns überhaupt nichts
genützt«, erklärte Marit nüchtern. »Diese Geschöpfe besitzen eigene magische
Kräfte, die viel größer sind als meine.
    Aber wahrscheinlich hätte er es gar nicht für
nötig gehalten, davon Gebrauch zu machen. Du hast seinen Giftstachel gesehen.
Eine Berührung, und du bist gelähmt, hilflos, genau wie Alfred.«
    »Heißt das, wir geben auf?« Hugh musterte sie
grimmig.
    »Nein, wir geben nicht auf.« Marit wandte ihm
den Rücken zu, damit er ihr Gesicht nicht sehen und an ihrer Miene ablesen
konnte, wie verlockend das Wort ›aufgeben‹ ihr in den Ohren klang. Mit ausgestrecktem
Arm deutete sie auf den breiten Pfad, den der Drache hinterlassen hatte. »Wir
folgen ihm. Wenn wir sein Lager finden, gelingt es uns vielleicht, Alfred zu
befreien.«
    »Und wenn er ihn unterwegs tötet?«
    »Nein. Die Drachen des Labyrinths töten ihre
Opfer nicht sofort. Sie behalten sie – zu ihrem Vergnügen.«
    Es war ein Kinderspiel, dem Drachen auf der Spur
zu bleiben. Für ihn gab es keine Hindernisse. Ein Schlag des gewaltigen
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