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Das Schwert des Normannen: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Das Schwert des Normannen: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Das Schwert des Normannen: Roman (Knaur TB) (German Edition)
Autoren: Ulf Schiewe
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auch ein Nordmann oder ein Däne?«
    Als alle mich anstarrten, wurde ich rot vor Verlegenheit.
    »Du?«, sagte Humbert verächtlich. »Du bist ein Schweinehirt. Die kommen nicht aus dem Norden.«
    »Selber Schweinehirt«, zischte ich und boxte ihm in die Rippen.
    »Da hast du unrecht, Humbert, mein Sohn«, erwiderte Tancred. »Er ist als Geisel zu uns gekommen. Und Gilbert ist auch nicht sein richtiger Name.«
    Die Jungen staunten. »Als Geisel?«
    »Robert!«, brüllte Tancred. »Komm her und erzähl dem Jungen endlich, woher er stammt.«
    »Vergiss es, Vater«, kam Roberts Antwort, der immer noch mit den Älteren würfelte. »Was sollen wir darüber reden. Der Mann ist längst tot.«
    Robert kannte meinen Vater? Ich saß da wie versteinert. Meine großen Augen schienen Tancred zu dauern, denn er beugte sich vor und strich mir über den zerzausten Haarschopf.
    »Er war ein Seefahrer, dein Vater, der mehrere Langschiffe mit Kriegern besaß. Die Seeräuberei zahlt sich heutzutage nicht mehr aus, aber manchmal kommen sie noch. Sein Lager am Strand wurde überfallen, und er musste ein Schiff zurücklassen, auf dem du und deine Mutter euch befandet. Du warst noch sehr klein. Ihr wurdet in jenes Dorf verschleppt, das sich Saint Croix nach dem Kreuz des Christengottes nennt, in der Hoffnung, dein Vater würde kommen und Lösegeld bieten. Davon hatte Robert gehört und beschlossen, dich selbst zu entführen. Er hat dann in den Häfen lange herumgefragt und nach deinem Vater gesucht. Ein wenig Lösegeld wäre uns allen gut bekommen, mein Junge, aber vergebens. Wir haben nie mehr von dem Mann gehört.«
    Ich war überwältigt und konnte lange nichts sagen.
    »Wie war sein Name?«, hauchte ich schließlich.
    »Sven Langhaar soll er geheißen haben.«
    »Bestimmt hat Robert sich getäuscht, und Gilbert ist doch nur ein Schweinehirt«, krähte Humbert.
    »Vielleicht«, nickte Tancred. Dann zwinkerte er mir zu. »Vielleicht ist er aber auch ein Dänenprinz.«
    Ein Dänenprinz. Mein Herz schlug heftig. Er hätte mich nicht glücklicher machen können. In der Nacht konnte ich kaum schlafen. Ich sah mich als Krieger unter rauhen Gesellen auf dem Schiff meines Vaters ins Abenteuer segeln. Brynjarr Svensson, der unerschrockene Sohn des berüchtigten Seefahrers und Kriegsherrn Sven Langhaar. Starker Wein für einen Zehnjährigen. Selbst Humbert behandelte mich von nun an mit mehr Respekt.
    Zwei Wochen später wurde Hauteville überfallen.
    Diesmal waren es Onfroi und Godefroi, die etwas ausgefressen hatten. Wie die Furien kamen sie durch den Schnee galoppiert, verfolgt von einer Bande bewaffneter Reiter, und nur im letzten Augenblick konnten sie sich in die Burg retten. Doch schon begannen die Verfolger, das Dorf zu plündern. Sie trieben Vieh zusammen und fingen die Pferde auf der Weide ein. Dann flogen Brandpfeile auf die holzgetäfelten Dächer.
    »Ruht euch nicht aus«, knurrte Serlo den beiden noch atemlosen Brüdern zu. »Wir müssen sie sofort angreifen.«
    Er warf sich in seinen Kettenpanzer und griff nach Schild und Speer. Drei Waffenknechte taten es ihm gleich.
    Fressenda, mit wirrem Haar bis auf die Hüften, befahl den Knechten, auf die Dächer zu klettern, um das Feuer zu löschen. Die Frauen bildeten eine Kette, und Eimer mit Brunnenwasser wurden hinaufgehievt.
    Auch Robert und Mauger wappneten sich hastig. Selbst Tancred ließ es sich nicht nehmen, eigenhändig den Besitz zu verteidigen. So stürmten sie aus dem Tor und warfen sich gegen ihre Feinde.
    Es kam zu einem kurzen, aber heftigen Gefecht, bei dem trotz der Übermacht der Gegner die unbändige Wildheit und Entschlossenheit der Hautevilles rasch die Oberhand gewannen. Drei der Angreifer mussten ihr Leben lassen, bevor die Übrigen sich auf ihren Gäulen davonmachten. Leider war auch Tancred unter den Toten. Ein Pfeil hatte ihm die Kehle durchbohrt.
    Lange trauerte ich um ihn.
    *
    Sven Langhaar.
    Der Name sollte mir ein Lebtag lang im Kopf herumspuken. Prinz oder Schweinehirt, wer war ich wirklich? Wahrscheinlich nur der Sohn eines Kauffahrers, dem die Frau entlaufen war.
    Und doch befeuerten Tancreds Worte meinen Geist und ließen mich nicht zur Ruhe kommen. Seinen Söhnen muss es ähnlich gegangen sein mit diesen Geschichten von großen Taten, von Kampf und Ehre, Wagemut und Eroberung. Tancred war einer, der von den alten Zeiten träumte, als entschlossene Männer sich noch Reiche schufen. Ganz gleich, wie sehr Fressenda versuchte, seinen Einfluss auszugleichen,
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