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Das schottische Vermächtnis: Roman (German Edition)

Das schottische Vermächtnis: Roman (German Edition)

Titel: Das schottische Vermächtnis: Roman (German Edition)
Autoren: Susanna Kearsley
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einer der glühendsten Patrioten Schottlands gegolten hatte.
    Über seine Sympathien für den ins Exil verbannten Stuart-König in Frankreich flüsterte man hinter vorgehaltener Hand. In seiner Jugend war er wegen seiner Verwicklung in eine Jakobiten-Verschwörung verhaftet und in den Tower von London geworfen worden, was ihm die Hochachtung seiner schottischen Landsleute einbrachte, die England und seinen Gesetzen nichts abgewinnen konnten – genauso wenig wie dem im vergangenen Winter verabschiedeten Act of Union. Er raubte den Schotten mit einem schnellen, gewaltlosen Streich das bisschen Unabhängigkeit, an die sie sich seit Wallace und the Bruce geklammert hatten. Nun sollte es keine eigenständige schottische Regierung und kein Parlament mehr in Edinburgh geben. Seine Mitglieder würden auf ihre Anwesen zurückkehren, manche reicher durch den Grundbesitz, der ihnen zuerkannt worden war dafür, dass sie der Union zugestimmt hatten, andere verbittert und aufrührerisch, offen einen Waffengang diskutierend.
    Nun bildeten sich plötzlich ganz neue Allianzen heraus. Selbst ihre eigenen Verwandten aus den Western Shires, alles strenge Presbyterianer und Jakobitenhasser, wollten sich angeblich mit ebendiesen verbünden, um den katholischen König James Stuart auf den schottischen Thron zu bringen. Besser ein katholischer Schotte, argumentierten sie, als Queen Anne von England, oder schlimmer noch: der deutsche Prinz, den die Königin zu ihrem Nachfolger bestimmt hatte.
    Als sie den Duke of Hamilton kennenlernte, fragte sie sich, welche Haltung er zu diesem Thema einnahm. Jedenfalls konnte es keine Pläne für die Rückkehr der Stuarts auf den Thron geben, ohne dass er davon gewusst hätte – dazu besaß er zu gute Verbindungen und zu viel Macht. Manche nannten ihn immer noch einen Jakobiten, obwohl er eine englische Frau sowie Ländereien im englischen Lancashire hatte und sich an Queen Annes Hof genauso wohlzufühlen schien wie hier in Schottland. Es war schwer zu beurteilen, für welche Seite er sich entscheiden würde, wenn es zu einer bewaffneten Auseinandersetzung käme.
    Während ihres kurzen Aufenthalts bei ihm sprach er mit ihr nicht über Politik. Sie hatte sich ihm plötzlich und widerstrebend aufdrängen müssen, weil der Verwandte, der sie begleitete, bei ihrer Ankunft in Edinburgh erkrankte. Da er einmal bei der Mutter des Duke in Diensten gestanden hatte, wagten sie es, ihn um ein Bett für die Nacht zu bitten.
    Man empfing sie freundlich und reichte ihr köstliche Speisen: Fleisch, Fisch, Gemüse und dazu Wein in Kristallkelchen, in denen sich funkelnd das Kerzenlicht brach. Der Raum, in dem man sie unterbrachte, gehörte der Gattin des Duke, die gerade Verwandte im Norden Englands besuchte. Es handelte sich um ein üppiges Gemach mit gold-roten Bettvorhängen, einem indischen Wandschirm, Gemälden und Gobelins sowie einem riesigen Spiegel.
    Als sie sich seufzend darin betrachtete, sah sie eine von der Reise müde junge Frau mit zerzausten Locken, roten Augen und dunklen Ringen darunter. Erschreckt über den Anblick, wusch sie sich, doch auch das ließ sie nicht erholter wirken.
    Also suchte sie Trost im Schlaf.
    Am Morgen nach dem Frühstück unterhielt sich der Duke of Hamilton höchstpersönlich mit ihr, und sie fand ihn, seinem Ruf entsprechend, sehr charmant. Früher, hieß es, sei er bei Hof ein schneidiger junger Mann gewesen. Jetzt, in den mittleren Jahren, hatten sich die kantigen Konturen seines Gesichts und die Straffheit um die Leibesmitte verflüchtigt, doch Manieren besaß er immer noch. Er verbeugte sich, wobei sich die dunklen Locken seiner modischen Perücke über seine Schultern ergossen, und küsste ihr die Hand, als gehörte sie der gleichen Gesellschaftsschicht an wie er.
    »Nun sind Sie offenbar bei mir gestrandet«, sagte er. »Ihr Verwandter ist ernsthaft erkrankt; er leidet unter hohem Fieber. Ich habe ihn so gut wie möglich untergebracht und ihm eine Pflegerin kommen lassen, aber reiten wird er wohl eine Weile nicht können.«
    »Ach, verstehe.« Sie senkte enttäuscht den Kopf.
    »Empfinden Sie diese Gemächer denn als so ungemütlich, dass Sie mich schon wieder verlassen möchten?«, neckte er sie.
    »Nein, nein, natürlich nicht. Es ist nur …« Sie wusste den Grund selbst nicht, lediglich, dass sie die Reise hinter sich bringen wollte. Sie kannte die Frau, zu der sie unterwegs war, nicht. Es handelte sich um eine angeheiratete Verwandte, eine mächtige, wohlhabende
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