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Das schoenste Geschenk

Das schoenste Geschenk

Titel: Das schoenste Geschenk
Autoren: Nora Roberts
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keine Geheimnisse vor dir.«
    »Aber ich hatte Geheimnisse«, räumte er ein. »Und zwar aus guten Gründen.«
    »Du wusstest, wie sehr ich dich liebte, wie sehr ich dich begehrte. Du hast mich nur benutzt!« Schluchzend schlug sie die Hände vors Gesicht.
    Sie weinte mit der gleichen aufrichtigen Hingabe, mit der er sie auch hatte lachen sehen. Victor konnte nicht anders, er musste sie an sich drücken. Wenn er es nur schaffte, sie zu beruhigen, dann konnte er sich ihr auch verständlich machen. »Sharon, bitte, du musst mir zuhören.«
    »Nein, nein, ich will nicht.« Ihr Atem ging stoßweise, während sie sich heftig gegen seine Umarmung wehrte. »Ich werde dir niemals verzeihen. Und ich kann dir kein Wort mehr glauben. Lass mich endlich los!«
    »Nicht, bevor du mich angehört hast.«
    »Nein, ich habe genug von deinen Lügen. Ich lasse mich nicht noch einmal von dir zum Narren halten. Die ganze Zeit hast du mich belogen und dich über mich lustig gemacht. Ich habe dir all meine Liebe geschenkt, und du hast dir mit mir nur die Zeit vertrieben.«
    Er riss sie an sich. »Du weißt genau, dass das nicht stimmt, Sharon!«, rief er.
    Plötzlich hörte sie auf, gegen ihn zu kämpfen. Ihre Tränen schienen auf einmal zu gefrieren. Ausdruckslos schaute sie ihn an. Nichts, was sie bisher zu ihm gesagt hatte, traf ihn dermaßen ins Herz wie dieser kühle, verächtliche Blick.
    »Ich kenne dich nicht«, sagte sie ruhig.
    »Sharon …«
    »Nimm deine Hände weg.« Ihre Stimme klang leidenschaftslos. Victor gab sie frei. Sie trat einen Schritt zurück. »Ich möchte, dass du jetzt gehst und mich in Ruhe lässt. Ich will dich nicht mehr sehen. Nie wieder.«
    Damit drehte sie sich um und ging die Treppen zur Veranda hinauf. Mit leisem Klicken fiel die Haustür hinter ihr ins Schloss. Dann war alles still. Das war also das Ende ihrer Liebe.
    Auf der Straße tief unter Victors Bürofenster herrschte das übliche vorweihnachtliche Verkehrsgewühl, das dieses Jahr durch die heftigen Schneefälle noch chaotischer war als sonst. Doch Victor hörte nichts von dem Straßenlärm. Das dicke schallisolierte Fensterglas ließ kein Geräusch durch. Mit dem Rücken zu seinem eleganten, geräumigen Büro stand er am Fenster und blickte auf die Straße hinunter.
    Victor hatte gerade seinen obligatorischen Auftritt bei der Weihnachtsparty seiner Firma absolviert. Ein paar Stockwerke tiefer, in dem großen Konferenzzimmer im dritten Stock, war die Feier noch in vollem Gange. Und wenn sie vorbei war, würden seine Angestellten nach Hause gehen zu ihren Familien oder Freunden.
    Er selbst hatte seit seiner Rückkehr nach Washington mehr als ein Dutzend Einladungen für den Weihnachtsabend abgelehnt. Der Weihnachtsparty in der Firma hatte er sich als Chef des Unternehmens nicht entziehen können, wohl aber dem Small Talk und den lauten Partys seiner Freunde. Ohne Sharon konnte er nicht Weihnachten feiern.
    Zwei Wochen waren vergangen, seit sie ihn weggeschickt hatte. In der Zeit war es Victor gelungen, alle Bauprojekte seiner Firma zu überprüfen, vertragliche Schwierigkeiten aus der Welt zu schaffen, einen Kostenvoranschlag für die Erweiterung eines Krankenhauses in Virginia auszuarbeiten und eine turbulente Aufsichtsratssitzung zu leiten.
    Er hatte Papierkram erledigt und eine firmeninterne Intrige aus der Welt geschafft, die er vielleicht amüsant gefunden hätte, wäre er nicht total übernächtigt gewesen. Aber die schlaflosen Nächte und die Erinnerung an Sharon setzten ihm zu. Und er fand nicht wie sonst Vergessen in der Arbeit. Wie damals, nachdem er ihr das erste Mal begegnet war, verfolgte sie ihn.
    Victor wandte sich vom Fenster ab und setzte sich hinter seinen massiven Eichenschreibtisch. Während er die Wand anstarrte, fragte er sich, was Sharon wohl gerade tat. Er hatte sie nicht im Zorn verlassen. Wäre er wütend auf sie gewesen, wäre für ihn die Sache sehr einfach. Nein, er konnte ihr keinen Vorwurf machen.
    Warum hätte sie sich seine Erklärung anhören sollen? Die Beschuldigungen, die sie ihm an den Kopf geworfen hatte, ließen sich nicht ganz von der Hand weisen. Er hatte gelogen oder war zumindest nicht aufrichtig zu ihr gewesen. Und für Sharon war das eine so schlimm wie das andere. Er hatte sie verletzt. Seinetwegen hatte in ihrem Gesicht jener Ausdruck hilfloser Verzweiflung gestanden. Das war unverzeihlich.
    Victor stand auf, um ruhelos auf dem dicken sandfarbenen Teppich hin und her zu laufen. Wenn sie ihn doch
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