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Das schoenste Geschenk

Das schoenste Geschenk

Titel: Das schoenste Geschenk
Autoren: Nora Roberts
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ihr doch gesagt, er sei Schreiner. Und er ist auch Schreiner, dachte sie verzweifelt. Sie hatte seine Arbeit selbst gesehen. Er hatte ihr Haus umgebaut, den Job bei ihr angenommen. Wie konnte er da Besitzer einer Baufirma sein? Seine erste Frau? Ohne es zu merken, stieß sie einen Klagelaut aus.
    Als Sharon Victor über den Waldweg auf sich zukommen sah, starrte sie ihn ausdruckslos an. Und dann konnte sie plötzlich wieder klar denken. Im gleichen Moment wurde ihr klar, wie naiv und töricht sie gewesen war.
    Victor erkannte Sharon von Weitem und beschleunigte seine Schritte. Erst wenige Meter vor ihr erfasste er ihren Gesichtsausdruck. Sie sah ebenso kreidebleich und verstört aus wie vor ein paar Tagen, als er sie in dem dunklen Zimmer gefunden hatte.
    »Sharon?« Eilig kam er auf sie zu, um sie in seine Arme zu ziehen. Doch Sharon wich vor ihm zurück.
    »Du Lügner«, flüsterte sie heiser. »Was du auch gesagt hast, es waren alles Lügen.«
    »Sharon …«
    »Nein, fass mich nicht an!« In ihrer Stimme schwang solche Abscheu, dass er unwillkürlich die Arme sinken ließ. In diesem Moment wurde ihm klar, dass irgendjemand ihr von seiner Vergangenheit erzählt hatte, bevor er es hatte tun können.
    »Sharon, ich muss dir etwas erklären.«
    »Erklären?« Sie strich sich mit zitternden Fingern durchs Haar. »Erklären? Wie? Womit kannst du erklären, dass du mir deine wahre Existenz verschwiegen hast? Wie willst du erklären, dass du es nicht einmal für nötig hieltest, deine erste Frau zu erwähnen? Ich habe dir vertraut«, flüsterte sie. »Mein Gott, wie konnte ich nur so naiv sein!«
    Mit ihrer Wut wäre er fertig geworden. Doch ihrer Verzweiflung stand er hilflos gegenüber. Um der Versuchung zu widerstehen, sie einfach in seine Arme zu nehmen, steckte er die Hände in die Manteltaschen. »Ich wollte es dir sagen, Sharon. Ich hatte es wirklich vor …«
    »Du wolltest!« Sie lachte verächtlich. »Wann? Nachdem dein kleiner Scherz dich gelangweilt hätte?«
    »Ich habe dir niemals etwas vorgespielt«, entgegnete er aufgebracht. Panik stieg in ihm auf, die er niederzukämpfen versuchte. »Ich wollte es dir erzählen. Aber jedes Mal …«
    »Du hast mir nichts vorgespielt?« In ihren Augen glänzten Tränen – Tränen der Wut, der Enttäuschung, der Verzweiflung. »Du hast mich in dem Glauben gelassen, du seist Schreiner. Und ich habe dir einen Job angeboten und dir sechs Dollar die Stunde gezahlt. Und darüber hast du dich nicht amüsiert?«
    »Ich wollte dein Geld nicht, Sharon, und ich habe versucht, dir das zu sagen. Doch du hast mir nie zugehört.« Er wandte sich ab, um seiner Verärgerung Herr zu werden. »Ich habe ein Konto unter deinem Namen eröffnet, auf das ich deine Schecks einzahlte.«
    »Wie kannst du es wagen!«, schrie sie außer sich vor Schmerz. Sie hörte längst nicht mehr seine Worte.
    Sie fühlte sich betrogen und hintergangen und sah nur ihre abgrundtiefe Verzweiflung.
    »Was fällt dir ein, deine Spielchen mit mir zu treiben! Ich habe dir geglaubt. Alles habe ich dir geglaubt. Ich dachte … ich dachte, ich würde dir helfen. Und dabei hast du die ganz Zeit nur über mich gelacht.«
    »Ich habe nie über dich gelacht, Sharon«, erwiderte er ernst. Er packte sie bei den Schultern. »Das weißt du ganz genau!«
    »Wieso hast du mir nicht direkt ins Gesicht gelacht? Wie konntest du dich nur so gut beherrschen? Mein Gott, bist du clever!« Ihre Worte gingen in einem unterdrückten Schluchzen unter.
    »Sharon, wenn du doch nur versuchen würdest, mich zu verstehen. Ich hatte meine Gründe, mich hierher zurückzuziehen. Ich wollte eine Weile nicht mit meiner Firma in Verbindung gebracht werden …« Victor wollte ihr so viel sagen, doch ihm fehlten auf einmal die richtigen Worte. »Es hat nichts mit dir zu tun«, sagte er erregt. »Ich hatte nicht vor, mich zu verlieben.«
    »Habe ich dir wenigstens die Langeweile vertrieben?«, fragte sie verächtlich, während sie seine Hände abzuschütteln versuchte. »Hast du dich gut amüsiert mit dem unschuldigen Mädchen vom Lande, das dumm genug war, dir all deine Lügen zu glauben?«
    »Du siehst alles ganz falsch.« Außer sich vor Wut schüttelte er sie. »Du glaubst doch selbst nicht, was du da sagst.«
    Sharon konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten. Ihre Stimme klang erstickt. »Und ich bin so willig mit dir ins Bett gegangen. Du wusstest es!«, schluchzte sie und stieß mit beiden Händen gegen seine Brust. »Ich hatte von Anfang an
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