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Das Schloß Duerande

Das Schloß Duerande

Titel: Das Schloß Duerande
Autoren: Josef Freiherr von Eichendorff
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Wetterleuchten der Fackeln, Jubel und Todesschrei und die dumpfen Klänge der Sturmglocken dazwischen. Die versprengten Jäger
     fochten nur noch einzeln gegen die wachsende Übermacht; schon umringte das Getümmel immer dichter den Grafen, er schien unrettbar
     verloren, als der blutige Knäuel mit dem Ausruf: «Dort, dort ist er!» sich plötzlich wieder entwirrte und alles dem andern
     Schloßflügel zuflog.
    Der Graf, in einem Augenblick fast allein stehend, wandte sich tiefaufatmend und sah erstaunt das alte Banner des Hauses Dürande
     drüben vom Balkon wehen. Es wallte ruhig durch die wilde Nacht, auf einmal aber schlug der Wind wie im Spiel die Fahne zurück
     – da erblickte er mit Schaudern sich selbst dahinter, in seinen weißen Reitermantel tief gehüllt, Stirn und Gesicht von seinem
     Federbusch umflattert. Alle Blicke und Rohre zielten auf die stille Gestalt, doch dem Grafen sträubte sich das Haar empor,
     denn die Blicke des furchtbaren Doppelgängers waren mitten durch den Kugelregen unverwandt auf ihn gerichtet. Jetzt bewegte
     es die Fahne, es schien ihm ein Zeichen geben zu wollen, immer deutlicher und dringender ihn zu sich hinaufwinkend.
    Eine Weile starrte er hin, dann, von Entsetzen überreizt, vergißt er alles andere, und unerkannt den Haufen teilend, der wütend
     nach dem Haupttor dringt, eilt er selbst dem gespenstischen Schloßflügel zu. Ein heimlicher Gang, nur wenigen bekannt, führt
     seitwärts näher zum Balkon, dort stürzt er sich hinein; schon schließt die Pforte sich schallend hinter ihm, er tappt am Pfeiler
     einsam durch die stille Halle, da hört er atmen neben sich, es faßt ihn plötzlich bei der Hand, schauernd sieht er das Banner
     und den Federbusch im Dunkeln wieder schimmern. Da, den weißen Mantel zurückschlagend, stößt es unten rasch eine Tür auf nach
     dem stillen Feld, ein heller Mondblick streift blendend die Gestalt, sie wendet sich. – «Um Gottes willen, Gabriele!» ruft der Graf und läßt verwirrt den Degen fallen.
    Das Mädchen stand bleich, ohne Hut vor ihm, die schwarzen Locken aufgeringelt, rings von der Fahne wunderbar umgeben. Sie
     schien noch atemlos. «Jetzt zaudere nicht», sagte sie, den ganz Erstaunten eilig nach der Tür drängend, «der alte Nicolo harrt
     deiner draußen mit dem Pferde. Ich war im Dorf, der Renald wollte mich nicht wiedersehn, so rannte ich ins Schloß zurück,
     zum Glück stand noch ein Fenster offen, da fand ich dich nicht gleich und warf mich rasch in deinen Mantel. Noch merken sie
     es nicht, sie halten mich für dich; bald ists zu spät, laß mich und rette dich, nur schnell!» Dann setzte sie leiser hinzu:
     «Und grüße auch das schöne Fräulein in Paris, und betet für mich, wenns euch wohlgeht.»
    Der Graf aber, in tiefster Seele bewegt, hatte sie schon fest in beide Arme genommen und bedeckte den bleichen Mund mit glühenden
     Küssen. Da wand sie sich schnell los. «Mein Gott, liebst du mich denn noch, ich meinte, du freiest um das Fräulein?» sagte
     sie voll Erstaunen, die großen Augen fragend zu ihm aufgeschlagen. – Ihm wars auf einmal, wie in den Himmel hineinzugehen.
     «Die Zeit fliegt heut entsetzlich», rief er aus, «dich liebte ich immerdar, da nimm den Ring und meine Hand auf ewig, und
     so verlaß mich Gott, wenn ich je von dir lasse!» -
    Gabriele, von Überraschung und Freude verwirrt, wollte niederknien, aber sie taumelte und mußte sich an der Wand festhalten.
     Da bemerkte er erst mit Schrecken, daß sie verwundet war. Ganz außer sich riß er sein Tuch vom Halse, suchte eilig mit Fahne,
     Hemd und Kleidern das Blut zu stillen, das auf einmal unaufhaltsam aus vielen Wunden zu quellen schien. In steigender, unsäglicher
     Todesangst blickte er nach Hilfe rings umher, schon näherten sich verworrene Stimmen, er wußte nicht, ob es Freund oder Feind.
     Sie hatte währenddes den Kopf müde an seine Schulter gelehnt. «Mir flimmerts so schön vor den Augen», sagte sie, «wie dazumal,
     als du durchs tiefe Abendrot noch zu mir kamst; nun ist ja alles, alles wieder gut.»
    Da pfiff plötzlich eine Kugel durch das Fenster herein.«Das war der Renald!» rief der Graf, sich nach der Brust greifend;
     er fühlte den Tod im Herzen. Gabriele fuhr hastig auf. «Wie ist dir?» fragte sie erschrocken. Aber der Graf, ohne zu antworten,
     faßte heftig nach seinem Degen. Das Gesindel war leise durch den Gang herangeschlichen, auf einmal sah er sich in der Halle
     von bewaffneten Männern umringt. –
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