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Das Schloß Duerande

Das Schloß Duerande

Titel: Das Schloß Duerande
Autoren: Josef Freiherr von Eichendorff
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Dort hörte man beide lange Zeit
     lebhaft miteinander reden, der Graf ging manchmal heftig an dem dunklen Schloßflügel auf und ab und kehrte dann immer wieder
     fragend und zweifelnd zu dem Alten zurück. Dann sah man sie in den offenen Stall treten, der Graf half selbst eilig den schnellsten
     Läufer satteln, und gleich darauf sprengte Nicolo quer über den Schloßhof, daß die Funken stoben, durchs Tor in die Nacht
     hinaus. «Reit zu», rief ihm der Graf noch nach, «frag, suche bis ans Ende der Welt.»
    Nun trat er rasch und verstört wieder zu den andern, zwei der zuverlässigsten Leute mußten sogleich bewaffnet nach dem Dorfe
     hinab, um den Renald draußen aufzusuchen; wer ihn zuerst sähe, solle ihm sagen, er, der Graf, wolle ihm Satisfaktion geben
     wie einem Kavalier und sich mit ihm schlagen, Mann gegen Mann – mehr könne der Stolze nicht verlangen.
    Die Diener starrten ihn verwundert an, er aber hatte unterdes einen rüstigen Jäger auf die Zinne gestellt, wo man am weitesten
     ins Land hinaussehen konnte. «Was siehst du?» fragte er, unten seine Pistolen ladend. Der Jäger erwiderte, die Nacht sei zu
     dunkel, er könne nichts unterscheiden, nur einzelne Stimmen höre er manchmal fern im Feld und schweren Tritt, als zögen viele
     Menschen lautlos durch die Nacht, dann alles wieder still. «Hier ists lustig oben», sagte er, «wie eine Wetterfahne im Wind
     – was ist denn das?»
    «Wer kommt?» fuhr der Graf hastig auf.
    «Eine weiße Gestalt, wie ein Frauenzimmer», entgegnete der Jäger, «fliegt unten dicht an der Schloßmauer hin.» – Er legte
     rasch seine Büchse an. Aber der Graf, die Leiter hinauffliegend, war schon selber droben und riß dem Zielenden heftig das
     Gewehr aus der Hand. Der Jäger sah ihn erstaunt an. «Ich kann auch nichts mehr sehen», sagte er dann halb unwillig und warf
     sich nun auf die Mauer nieder, über den Rand hinausschauend: «Wahrhaftig, dort an der Gartenecke ist noch ein Fenster offen,
     der Wind klappt mit den Laden, dort ists hereingehuscht.»
    Die Zunächststehenden im Hofe wollten eben nach der bezeichneten Stelle hineilen, als plötzlich mehrere Diener wie Herbstblätter
     im Sturm über den Hof daherflogen. Die Rebellen, hieß es, hätten im Seitenflügel eine Pforte gesprengt, andere meinten, der
     rotköpfige Waldwärter habe sie mit Hilfe eines Nachschlüssels heimlich durch das Kellergeschoß hereingeführt. Schon hörte
     man Fußtritte hallend auf den Gängen und Treppen und fremde rauhe Stimmen da und dort, manchmal blitzte eine Brandfackel vorüberschweifend
     durch die Fenster. –. «Hallo, nun gilts, die Gäste kommen, spielt auf zum Hochzeitstanze!» rief der Graf, in niegefühlter
     Mordlust aufschauernd. Noch war nur erst ein geringer Teil des Schlosses verloren; er ordnete rasch seine kleine Schar, fest
     entschlossen, sich lieber unter den Trümmern seines Schlosses zu begraben, als in diese rohen Hände zu fallen.
    Mitten in dieser Verwirrung aber ging auf einmal ein Geflüster durch seine Leute: der Graf zeige sich doppelt im Schloß; der
     eine hatte ihn zugleich im Hof und am Ende eines dunklen Ganges gesehen, einem andern war er auf der Treppe begegnet, flüchtig
     und auf keinen Anruf Antwort gebend, das bedeute seit uralter Zeit dem Hause großes Unglück. Niemand hatte jedoch in diesem
     Augenblick das Herz und die Zeit, es dem Grafen zu sagen, denn soeben begann auch unten der Hof sich schon grauenhaft zu beleben;
     unbekannte Gesichter erschienen überall an den Kellerfenstern, die Kecksten arbeiteten sich gewaltsam hervor und sanken, ehe
     sie sich draußen noch aufrichten konnten, von den Kugeln der wachsamen Jäger wieder zu Boden, aber über ihre Leichen weg kroch
     und rang und hob es sich immer wieder von neuem unaufhaltsam empor, braune, verwilderte Gestalten, mit langen Vogelflinten,
     Stangen und Brecheisen, als wühlte die Hölle unter dem Schlosse sich auf. Es war die Bande des verräterischen Waldwärters,
     der ihnen heimtückisch die Keller geöffnet. Nur auf Plünderung bedacht, drangen sie sogleich nach dem Marstall und hieben
     in der Eile die Stränge entzwei, um sich der Pferde zu bemächtigen. Aber die edlen, schlanken Tiere, von dem Lärm und der
     gräßlichen Helle verstört, rissen sich los und stürzten in wilder Freiheit in den Hof; dort mit zornigfunkelnden Augen und
     fliegender Mähne, sah man sie bäumend aus der Menge steigen und Roß und Mann verzweifelnd durcheinanderringen beim wirren
    
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