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Das Schiff im Baum: Ein Sommerabenteuer (German Edition)

Das Schiff im Baum: Ein Sommerabenteuer (German Edition)

Titel: Das Schiff im Baum: Ein Sommerabenteuer (German Edition)
Autoren: Jutta Richter
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fragte Ole.
    »Was glaubt denn ihr, natürlich habe ich geschworen!«, sagte Onkel Fiete. »Eine Golddublone bekommt man nicht jeden Tag angeboten! Eine Golddublone bedeutet Freiheit und ein gutes Leben. Ein Haus in Betenbüttel, für eine Golddublone kannst du ein Haus in Betenbüttel kaufen mit Land und Hühnerstall und Obstwiese. Du bist die Sorgen los!«
    »Und Queequeg? Was hat der dazu gesagt?«, fragte ich.
    »Er war eigentlich der gleichen Meinung, obwohl ich ganz genau gesehen habe, dass er hinter dem Rücken die Finger gekreuzt hatte, als es zum Schwur kam. Ihr wisst, was das bedeutet. Wenn man die Finger kreuzt beim Schwur, dann ist er ungültig! Er hat es abgestritten, als ich ihn danach fragte. Er hat gesagt, das hätte ich mir eingebildet. Da sei nur ein Mückenstich gewesen auf seinem Finger. Er habe sich gekratzt und nicht gekreuzt.«
    »Dann hast du wirklich den weißen Wal zuerst gesehen?«, fragte Ole.
    »Wie kommst du darauf?«
    »Weil du ein Haus in Betenbüttel hast!«
    Onkel Fiete lachte. »Ja, Junge, ein Haus in Betenbüttel habe ich. Mit Land und Hühnerstall und Obstwiese! Redlich erworben mit meiner Hände Arbeit und einem Quäntchen Glück!«
    »Und warum hat Queequeg die Finger gekreuzt beim Schwören?«
    »Das musst du ihn schon selber fragen! Ich denke mal, er hat gewusst, was kommen wird! Er hat gewusst, dass es gefährlich ist, einem Wahnsinnigen die Treue zu schwören! Denn Ahab war ein Wahnsinniger. Er war besessen von dem Gedanken, den weißen Wal zu töten. Es ging ihm nicht um den Gewinn, der mit dem Tran der Wale zu erzielen war. Das Walfett war begehrt zu jener Zeit. Nein, Ahab ging es einzig und allein um Rache. Er war ein Krüppel und wollte diesen Wal und keinen anderen. Auge um Auge, Zahn um Zahn. Nie hätte ich schwören dürfen, ihm dabei zu helfen, denn er war blind vor Hass.«
    »Und habt ihr ihn gefangen, diesen Wal, den Moby Dick?«
    »Du fragst zu viel. Ich bin jetzt müde!«
    »Mensch, Onkel Fiete, komm erzähl!«
    »Der weiße Wal hat uns gefangen, nicht wir ihn! Kapitän Ahab war mit dem Harpunenseil an seinen Leib gefesselt und hat uns zugewinkt, als der Wal ihn in die Tiefe mitnahm. Er hat gelacht wie irre und hat gebrüllt: ›Kommt, Männer, folgt ihm, tötet ihn!‹
    Da hat der weiße Wal noch einmal kehrtgemacht, er hat das Schiff versenkt, ein Schlag mit seiner mächtigen Schwanzflosse, die Pequod brach in zwei Teile und alle waren tot.«

 
    ACHTZEHNTES KAPITEL,
     
    in dem es um Tod
    und Leben geht
     
    Wir lagen auf dem Rücken und schauten in den Himmel. Ganz oben bauschten sich die weißen Wolken, wurden zu Schiffen, dann zu Fischen, wurden zu Moby Dick und irgendwo dazwischen schwamm Onkel Fietes Seemannskappe im Wolkenqualm. Er hatte aufgehört zu sprechen und außer dem Srrii-Srrii der Schwalben war nur das Zirpen der Grillen zu hören. Wir dachten nach und überlegten, wie Onkel Fiete wohl den Untergang der Pequod überlebt hatte … Die Hitze flirrte und das Segel hing ganz schlaff im Ast.
    Der Hund, der Freitag hieß, fing plötzlich an zu bellen. Wir setzten uns auf und schauten über die Reling nach unten. Onkel Fiete war im Campingstuhl zusammengesackt. Er war ganz bleich und seine Hände hingen genauso schlaff wie das Segel herunter. Freitag sprang an ihm hoch, aber er rührte sich nicht.
    Wir kletterten, so schnell wir konnten, vom Baumschiff.
    »Onkel Fiete! Onkel Fiete! Sag doch was! Was ist denn los?«, rief ich.
    Aber Onkel Fiete gab keine Antwort.
    Ole fing an zu weinen. Da rannte ich los. Ich rannte, so schnell ich konnte. Ich rannte über die Wiese, durch den Garten zum Haus.
    »Tante Polly!«, hörte ich mich rufen. »Tante Polly, du musst kommen!«
    Die blaue Tür wurde aufgestoßen und Tante Polly lief mir entgegen.
    »Ist was mit Fiete?«, rief sie.
    »Er rührt sich nicht! Er ist ganz blass! Komm schnell!«
     
    Ole stand weinend neben Onkel Fiete. Er hielt seine Hand und schluchzte laut.
    Tante Polly war ganz atemlos. Sie schüttelte Onkel Fiete und gab ihm kleine Ohrfeigen.
    »Fiete, wach auf! Mach deine Augen endlich auf! Habt ihr noch Limonade?«, keuchte sie.
    Ich kletterte aufs Schiff und reichte ihr die Flasche. Sie riss den Korken ab und schüttete die ganze Limonade über Onkel Fietes Kopf.
    Da fing er an zu prusten und machte seine Augen auf.
    »Was ist denn los? Was soll denn das? Bist du verrückt geworden, Frau? Kann man nicht mal in Ruhe schlafen? Und warum heult der Kannentreter? Ich bin nicht tot!«
    »Hier,
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