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Das Schiff im Baum: Ein Sommerabenteuer (German Edition)

Das Schiff im Baum: Ein Sommerabenteuer (German Edition)

Titel: Das Schiff im Baum: Ein Sommerabenteuer (German Edition)
Autoren: Jutta Richter
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Ästen fest, der Wind fuhr hinein, das Segel blähte sich, die Wiese wogte, die Schwalben schrien wie Möwen und es sah aus, als würde die große Fahrt nun endlich beginnen.
    »Onkel Fiete?«
    »Was willst du?«
    »Onkel Fiete, erzählst du uns von Kapitän Ahab?«
    »Der ist tot!«
    »Sagt wer?«
    »Sage ich und ich muss es wissen, ich war schließlich dabei.«
    »Aber warum ist er gestorben?«
    »Das hab ich doch schon gesagt. Weil er wahnsinnig war!«
    »Aber warum war er wahnsinnig?«
    »Eure Tante Polly will nicht, dass ich euch das erzähle!«
    »Aber die merkt das doch gar nicht, die ist doch im Haus! Bitte, Onkel Fiete, erzähl doch!«
    Ole war wirklich Weltmeister im Quengeln.
    »Ich warne euch« sagte Onkel Fiete. »Das ist keine Geschichte für Hosenschisser!«
    »Ich bin kein Hosenschisser!«, sagte Ole.
    Onkel Fiete grinste.
    »Bist du wohl! Ein Grünschnabel und ein Hosenschisser! Und sagt hinterher bloß nicht, ich hätte euch nicht gewarnt! Und kein Wort zu Tante Polly! Abgemacht?«
    »Aye, aye, Sir!«, sagte Ole.

 
    SIEBZEHNTES KAPITEL,
     
    in dem Kapitän Ahab sich
    endlich an Deck zeigt
     
    Das Merkwürdige war, dass niemand von uns Kapitän Ahab vorher zu Gesicht bekommen hatte. Es hieß, er habe ein Holzbein. Wir kannten nur seinen Namen, und selbst nachdem wir in See gestochen waren, zeigte sich der Kapitän nicht. Er hatte sich in seiner Kapitänskajüte eingeschlossen. Der Smutje musste ihm das Essen vor die Tür stellen, dreimal klopfen und verschwinden. Nachts lagen wir in unseren Kojen und hörten das Tapp, Tapp, wenn Ahab ruhelos über die Planken wanderte. Natürlich gab es Gerüchte an Bord, sie verbreiteten sich wie die Lauffeuer. Von einer geheimnisvollen Krankheit war die Rede, vom Fluch der bösen Tat, von der Verbannung in die Finsternis. Queequeq und ich, wir spielten Karten und kümmerten uns nicht um das Geschwätz der anderen. Die See war ruhig, kein Wal in Sicht. Alles in allem waren wir zufrieden, wir schoben eine ruhige Kugel, die Heuer war im Voraus ausbezahlt worden, was kümmerte es uns, ob sich der Kapitän versteckte oder nicht.
    Am Mittag des vierzehnten Tages rief uns der Erste Offizier an Deck. Die ganze Mannschaft musste sich auf dem Achterdeck versammeln. Am Horizont lag eine schwarze Wolkenwand und verkündete, dass ein Sturm aufzog. In dieser Gegend waren Stürme keine Seltenheit, wir wussten, was zu tun war, und wunderten uns deshalb über die Versammlung. Wir sollten uns noch mehr wundern, denn plötzlich erschien Kapitän Ahab auf der Brücke. Er hatte wirklich ein Holzbein, er hinkte. Sein Blick war wild, seine Augen sprühten Feuer. Obwohl er klein von Wuchs war, umgab ihn eine Stärke, die man nicht oft bei einem Menschen findet.
    Die Männer wurden still. Wir alle richteten den Blick auf Kapitän Ahab.
    »Männer!«, rief er und seine Stimme dröhnte. »Männer, ihr wisst, wir sind auf Walfang. Aber es liegt mir nichts an irgendeinem Wal. Wir suchen dieses Mal ein ganz bestimmtes Tier. Der Wal ist weiß und er hat eine Narbe im Gesicht. Ich habe noch eine offene Rechnung mit ihm!«
    Er lachte finster und klopfte auf das Holzbein.
    »Der Schweinehund von Wal, er schuldet mir ein Bein!«, brüllte Kapitän Ahab. »Und deshalb, Männer, werden wir ihn suchen. Wo auch immer er sich versteckt, wir werden ihn aufspüren!«
    Seine Stimme überschlug sich. Er fasste in seine Hosentasche und zog einen Lederbeutel heraus. Aus dem Lederbeutel nahm er eine Golddublone.
    Wir hielten den Atem an. Für eine Golddublone musste unsereins zwei Jahre fahren. Ahab hielt die Dublone hoch, damit wir sie auch alle sehen konnten.
    »Dieses Goldstück, Männer, dieses Goldstück könnt ihr euch verdienen. Es gehört demjenigen, der mir als Erster Meldung macht, dass er den weißen Wal gesichtet hat!«
    Wieder lachte Kapitän Ahab. Es war ein teuflisches Lachen, es hörte sich an, wie das Bellen eines Höllenhundes. Er nahm einen Hammer und nagelte das Goldstück an den Hauptmast.
    »Damit ihr immer daran denkt, Männer, da hängt eure Belohnung!«
    Die ganze Mannschaft brach in ein Gejohle aus. Kapitän Ahab hob die Hand. Ein Zucken lief durch sein Gesicht und seine Augen glänzten fiebrig. Es wurde augenblicklich wieder still.
    »Der Teufelsfisch heißt Moby Dick! Männer, schwört mir beim Leben eurer Mütter, dass wir ihn jagen und erlegen werden! Furchtlos wie Feuer!«
    »Wir schwören! Furchtlos wie Feuer!«, brüllten alle Seeleute.
    »Hast du denn auch geschworen?«,
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