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Das Schiff der Hoffnung

Das Schiff der Hoffnung

Titel: Das Schiff der Hoffnung
Autoren: Heinz G. Konsalik
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wird das! Eine herrliche Erholung! Man sollte sich jetzt in eine Pinte setzen und sich vollsaufen.«
    Erika antwortete nicht mehr. Sie wandte sich ab, ließ den wütenden Karl Haußmann stehen und ging langsam zurück zu ihrem Sonnenschirm. Niemand sah, daß sie weinte, ganz leise vor sich hin weinte. Sie hatte den Kopf gesenkt, als suche sie im Gehen etwas im Sand. Dann, als sie im Liegestuhl lag, deckte sie ein Handtuch über ihr Gesicht und weinte unter diesem Schutz weiter.
    Ich habe geglaubt, nach Basel und Como würde alles besser, dachte sie, würde alles wieder so wie einst. Aber sie ist stärker, dieses blonde Aas. Sie hat etwas, das ich nie bieten kann: ihre Jugend. Ich werde immer, immer verlieren.
    Karl Haußmann atmete auf, als Erika wegging zu den Sonnenschirmen. Eine dumme Situation, das sah er ein. Fünf Minuten später, und es wäre alles normal gewesen. Man mußte Erika beruhigen, um den Urlaub mit Marion zu retten. In der Strandstraße von Rimini hatte er ein Juweliergeschäft gesehen. Ein Armband, dachte er. Ja, ein Armband werde ich Erika kaufen. Ein goldziseliertes Armband, das sie sich schon immer gewünscht hat; von jetzt ab muß man verdammt vorsichtig sein.
    Er ging nicht zum Strand, sondern zur Freiluftbar, bestellte sich ein Cassata-Eis und wartete, bis Frank Hellberg kam. In seinem Schutz ging er zu den Liegestühlen und benahm sich so, als sei nichts geschehen.
    Nach dem Mittagessen kaufte er Erika das goldene Armband.
    Sie bedankte sich, schloß es in ihren Reiseschmuckkoffer und beschloß, es nie zu tragen.
    Am Abend, Karl hatte sich gerade umgezogen, denn abends speiste man im ›Palma‹ im Gesellschaftsanzug, erlebte Haußmann zum erstenmal eine jener ›Unpäßlichkeiten‹ seiner Frau, die er bisher – wenn sie davon erzählte – immer nur mit den Worten »Das sind die Wechseljahre« abgetan hatte.
    Entsetzt, völlig hilflos, außer Fassung sah er, wie Erika sich vor dem Frisierspiegel plötzlich vorbeugte, beide Hände gegen den Leib preßte und laut aufstöhnte. Ehe Karl helfen konnte, hatte sie sich die drei Schritte bis zum Bett geschleppt, warf sich dort auf den Rücken, zog die Beine an und wimmerte vor Schmerzen. Ihr schönes Gesicht war verzerrt, von gelblicher Blässe überzogen und mit kaltem Schweiß bedeckt.
    »Mein Gott …«, stammelte Karl Haußmann. »Mein Gott, was ist denn, Rika? Was hast du? So sag' doch was! Rika!«
    Er lief zu ihr, setzte sich auf das Bett, wischte ihr den Schweiß vom Gesicht und vom Hals, nahm ihre verkrampften Hände und versuchte, sie vom Leib zu heben, auf den sie sie gepreßt hatte.
    »Laß mich«, keuchte sie. »Laß mich, geh'! Es ist gleich vorbei … es ist … gar nichts … Ich … ich …« Sie wälzte sich auf die Seite, weinte in die Kissen und stammelte unverständliche Worte.
    »Das … das habe ich ja nie erlebt, Rika«, sagte Haußmann und tastete nach ihrer zuckenden Schulter. »Hast du das schon öfter so gehabt? Warum hast du mir das nie richtig erzählt? So etwas verschweigt man doch nicht. Du bist doch meine Frau, Rika. Ich schwöre dir, ich habe das wirklich nicht gewußt.« Er stand auf, lief im Zimmer hin und her und kam sich wie geohrfeigt vor. Sie ist krank, dachte er dabei. Rika ist schwer krank, und nie hat sie etwas gesagt. Und wenn sie etwas sagte, habe ich sie ausgeschimpft. Ich war ein Barbar. Verdammt noch mal.
    Er zuckte zusammen, als das Telefon läutete.
    Marion war am Apparat. Sie rief aus der Hotelhalle an.
    »Wo bleibst du, mein Bärchen?« fragte sie. »Ich habe einen bombigen Hunger.«
    »Essen Sie allein!« sagte Karl Haußmann grob. »Und stören Sie uns bitte nicht mehr!« Er warf den Hörer zurück, ohne die Antwort abzuwarten.
    »Na warte, mein Vögelchen«, sagte unten in der Halle Marion Gronau und legte auf. »So geht das nicht mit mir! Ich bin kein Stück Dreck!« Wütend ging sie in den Speisesaal an den reservierten Tisch und bestellte sich das beste Essen, das auf der Karte stand.
    Oben, auf Zimmer 112, rannte Karl Haußmann noch immer herum, tauchte Handtücher in kaltes Wasser, wrang sie aus, trug sie zu Erika und warf sie in die Ecke, als seine Frau den Kopf schüttelte. Er setzte sich neben sie, hilflos wie ein kleiner, geschlagener Junge, und wartete, bis der krampfhafte Schmerz nachließ und Erika sich erschöpft ausstreckte.
    »Geh' essen«, sagte sie, als sie wieder sprechen konnte. »Sie wartet doch auf dich.«
    Es war Karl Haußmann, als bekäme er die zweite Ohrfeige. Er
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