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Das Schiff der Hoffnung

Das Schiff der Hoffnung

Titel: Das Schiff der Hoffnung
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Bikini.
    Karl Haußmann schob seine Tasse weg und kratzte sich das kurz geschnittene, melierte Haar.
    »Rika!« rief er nach hinten zur Schlafzimmertür. »Hör mal mit dem Sortieren auf und komm' her. Wozu machste dir eigentlich die Mühe? Was fehlt, kaufen wir in Rimini. Ist alles einkalkuliert. Du tust immer noch so, als ob wir jeden Pfennig dreimal rumdrehen und bespucken müssen, ehe wir ihn ausgeben. Komm' mal her, Rika.«
    In der Schlafzimmertür erschien Erika Haußmann. Sie war eine immer noch schöne, etwas blasse Frau von fünfundvierzig Jahren, der man die beiden erwachsenen Kinder nicht ansah. Die Tochter, die Älteste, war verheiratet in Hamburg. Der Sohn Herbert, zweiundzwanzig Jahre alt, studierte in Heidelberg Medizin und war gegenwärtig mit Freunden zum Urlaub in Schweden. Erikas braune Haare waren etwas zerwühlt vom Packen und Bücken, sie atmete schneller als sonst, aber was auffiel, waren ihre großen, braunen, glänzenden Augen und die etwas bläulichroten Lippen. Augen und Lippen waren es, die das Gesicht beherrschten.
    »Der Koffer ist zu klein, Karl«, sagte sie und setzte sich seufzend neben ihren Mann auf den weißlackierten Gartenstuhl. »Und ich habe bestimmt nur das Allernötigste herausgelegt.«
    »Wirf alles 'raus und kauf dir in Rimini Neues. Und das schicken wir dann per Post nach Gelsenkirchen.« Karl Haußmann suchte nach seinen Zigaretten, steckte eine an und kratzte sich dann die Nase. »Habe ich dir eigentlich gesagt, daß wir nicht allein fahren?« fragte er. Diese Frage hatte er oft für sich allein geübt, damit sie wirklich gleichgültig klang.
    »Nicht allein? Wer fährt denn noch mit?« Erika Haußmann sah ihren Mann verblüfft an. Bis zum heutigen Tage hatte er immer gesagt: »Wie ich mich freue, endlich mal allein zu sein mit dir!« Und nun sollte jemand mitfahren?
    »Ein Herr Hellberg fährt mit. Frank Hellberg. Ein Journalist. Du kennst ihn nicht?«
    »Nein. Woher?«
    »Er schreibt in der Zeitung. Artikel. Abkürzung Hb. Ein netter Junge. Er ist übrigens der Verlobte von Fräulein Gronau.«
    »Das heißt, daß Fräulein Gronau auch mitfährt?« Erikas Stimme war beherrscht. Dreimal, als sie ihren Mann im Büro besuchte, hatte sie Marion Gronau in der Fabrik gesehen. Und schon beim erstenmal mißfiel ihr die Art, wie sich dieses Mädchen, die Sekretärin, ihrem Chef gegenüber benahm. Wenn sie saß, rutschte der Rock bis über die Schenkel hoch, und ihr Lächeln war impertinent, provozierend und irgendwie siegessicher.
    Karl Haußmann nickte mehrmals. »Es geht nicht anders, Rika. Erstens habe ich es Hellberg versprochen, zweitens werde ich auch in Rimini ab und zu diktieren müssen …«
    »Diese Briefe hätte ich auch schreiben können.«
    »Ausgeschlossen! Du sollst dich erholen! Und drittens ist Fräulein Gronau eine Perle als Sekretärin. Perlen verliert man nicht gern. Und wer weiß, wie die anderen Firmen sind, was sie bieten, wie sie abwerben. Ich bin froh, daß Fräulein Gronau der Firma die Treue hält.«
    »Und woher kennst du diesen Herrn Hellberg?«
    Auf diese Frage war Karl Haußmann nicht vorbereitet. Er sah erschrocken dem Rauch seiner Zigarette nach und antwortete dann: »Von Fräulein Gronau.«
    »Dachte ich mir.« Erika stand auf. »Wäre es nicht besser, ich kümmere mich überhaupt nicht um das Packen, sondern ihr fahrt allein nach Rimini?«
    »Was ist denn das nun wieder?« Haußmann zerdrückte seine Zigarette und sprang auf. Wenn Männer im Unrecht sind, werden sie laut. Das ist eine altbekannte Tatsache, aber trotzdem geschieht es immer wieder. Auch Karl Haußmann hob seine Stimme und war beleidigt. »Was ist das für eine dumme Rederei?«
    »Diese Marion Gronau gefällt mir nicht!« rief Erika.
    »Vielleicht gefällst du ihr auch nicht, dann gleicht sich das aus!« rief Haußmann zurück. »Verdammt noch mal, ich fahre in die Fabrik, da höre ich wenigstens kein Gewäsch.«
    Erika schwieg. Sie hatte die Hände vor den Leib gefaltet und sah ihren Mann stumm an. Sie kannte Karl nun schon seit 26 Jahren. Neunzehn war sie alt gewesen, als sie den jungen Fabrikantensohn beim Tanzen in der Stadthalle kennenlernte. Man heiratete schnell, man liebte sich mit dem Feuer der Jugend, die Kinder kamen, und dann wurde die Ehe ruhiger, eine Art Gewohnheit, mit wenigen Zärtlichkeiten, die dann auch untergingen und durch Pelze und Schmuck ersetzt wurden. Eine Alltagsehe zwischen geblümten Tapeten. Und die Freundinnen sagten: »Du hast es gut, Erika. Ein
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