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Das Schiff der Hoffnung

Das Schiff der Hoffnung

Titel: Das Schiff der Hoffnung
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Die nächsten Stunden entschieden ihr Schicksal.
    Die Operation dauerte bis gegen Mittag.
    Frank Hellberg durchlebte in diesen Stunden alle Qualen der Hölle; wenigstens sagte er sich, daß sie nicht schlimmer sein könnten als diese langsam wegtropfenden Minuten, die unendlich waren, bis sie sich zu einer Stunde sammelten.
    Im OP-Trakt rührte sich nichts. OP I war längst verlassen und stand leer, über den luftdicht schließenden Türen des OP II brannte die rote Lampe, die ›Eintritt verboten‹ verkündete.
    Hellberg hielt es nicht mehr in dem Warteraum. Er lief hinaus, fuhr mit dem Fahrstuhl herunter und wanderte unruhig durch den Klinikgarten. Wieviel Zigaretten er rauchte – er wußte es später nicht mehr. Halb geraucht, warf er sie weg und steckte sich die neue an. Mit zitternden Fingern wie ein Alkoholiker. Um 12 Uhr rannte er wieder hinauf zum OP-Trakt.
    Stille.
    Die rote Lampe brannte.
    »Mein Gott!« sagte Hellberg und wischte sich über das schweißnasse Gesicht. »So lange kann das doch gar nicht dauern! Was machen sie bloß mit Claudia?«
    Gegen 12.30 Uhr erlosch plötzlich die rote Lampe. Hellberg, der nach eingehenden Verhandlungen mit einem Assistenzarzt im kleinen Büro neben dem Verbandsraum I innerhalb des abgesperrten Flures warten durfte, von wo er die rotglimmende Lampe beobachten konnte, sprang auf.
    Vorbei, durchzuckte es ihn. Vorbei die Operation … oder vorbei mit dem jungen Leben Claudias? Sein Herz verkrampfte sich, er mußte sich gegen die Wand lehnen und bekam keine Luft mehr.
    So traf ihn Professor Seidler an, der als erster aus dem OP II kam, in einem sauberen, weißen Kittel, der noch die Knickfalten der Bügelmaschine hatte. Seidler sah etwas abgespannt aus, aber durchaus nicht erregt oder gar innerlich erschüttert.
    »Sie sehen aus, als fielen Sie gleich um!« sagte er zu Frank Hellberg und schloß die Tür zum Flur. »Wer hat Sie überhaupt in den OP-Flur gelassen?«
    »Ein junger Arzt.« Hellberg nagte an der Unterlippe. »Ich habe ihn angefleht, und ich glaube, er hat mich hier hereingelassen, nur um endlich Ruhe vor mir zu haben.«
    »Setzen Sie sich hin. Ich gebe Ihnen ein Beruhigungsmittel.«
    »Nein! Bitte, nein!« Hellberg hob beide Hände. »Wie geht es Claudia? Wie … wie war die Operation? Haben Sie Hoffnung? Wird sie weiterleben können?«
    »Dr. Battenberg näht gerade die oberen Schichten. In fünfzehn Minuten ist Ihre Braut auf dem Zimmer.« Professor Seidler trat an das Fenster des kleinen Zimmers und sah hinaus in den Klinikgarten. »Wir mußten einen ganzen Lungenflügel entfernen …«
    »Und Claudia wird leben?«
    »Wir sollten Gott darum bitten …«
    »So schlimm ist es?«
    »Das nicht! Was wir Chirurgen tun konnte, haben wir getan. Aber wissen wir, wie sich der Krebs im Körper verhält? Wissen wir, ob nicht noch irgendwo winzige Metastasen sich angesiedelt haben, die eines Tages erschreckend schnell wachsen und inoperable Tumore bilden? Können wir Rezidive vorhersehen? Hier muß die innere Medizin etwas tun. Und die innere Medizin ist arm an prophylaktischen Medikamenten.«
    »Das HTS …«, sagte Hellberg leise.
    »Wenn Sie daran glauben …« Professor Seidler sah noch immer in den Garten. So konnte man seinen Gesichtsausdruck nicht studieren. »Vielleicht hilft es, vielleicht ist es eine Illusion. Ich weiß es nicht. Ich bin Chirurg. Ich sehe einen Krebs und schneide ihn weg. Und ich lasse bestrahlen, weil ich glaube, daß diese Bestrahlungen zellwachstumshemmend sind. Unsere Erfolge geben uns recht. Aber mehr können wir nicht, wir sind keine Hellseher.«
    »Was raten Sie mir, Herr Professor?« Hellberg kam langsam durch den Raum und stellte sich neben Professor Seidler. »Sollen wir nach Sarajewo zurückfahren, wenn Claudia wieder stark genug dazu ist?«
    »Ich kann Ihnen diese Frage nicht beantworten.«
    »Was können Sie hier für Claudia tun?«
    »Sie beobachten.«
    »Und weiter?«
    »Weiter nichts. Abwarten, bis fünf Jahre vergangen sind.«
    »Die berühmte Fünf-Jahres-Grenze, ich weiß.« Hellberg nickte mehrmals. »Und medikamentös?«
    »Ich sagte es Ihnen schon … wenig. Bestimmte Diäten, einige Antizytostatika …«
    »Dann fahren wir wieder zu Dr. Zeijnilagic nach Sarajewo. Ich glaube an das HTS!«
    »Das muß man Ihnen überlassen, Herr Hellberg.«
    »Was man hier für Claudia tun kann, ist auch in Sarajewo möglich.« Hellberg atmete tief auf. »Claudia wird gesund werden, Herr Professor.«
    »Wollen Sie fünf Jahre in Sarajewo
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