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Das Salz im See 1: Ein teuflischer Plan (German Edition)

Das Salz im See 1: Ein teuflischer Plan (German Edition)

Titel: Das Salz im See 1: Ein teuflischer Plan (German Edition)
Autoren: Götz Justus
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Plan der – ich nenne es mal so – ‚vorübergehenden Ruhigstellung‘ Dr. Sanders ist fehlgeschlagen?“
    Hagemeyer nickte. „Leider ist es so.“
    Der Kanzler starrte einen Moment auf das erkaltete Zigarillo, dann griff er erneut nach dem Feuerzeug. Seine Stimme war ungewöhnlich leise. „Was glaubst du? Kriegen wir die Sache rechtzeitig in den Griff? Bis zum 28. September sind‘s kaum mehr als vier Wochen. Wer weiß, was der Kerl in dieser Zeit anrichtet? Habt ihr eine Idee, wo er jetzt steckt? Kontrollieren wir die Anschlüsse seiner Familie? Ruft der dort denn nie an?“
    Hagemeyer erhob sich aus dem Sessel und trat ans Fenster. Er schaute kurz nach unten, dann drehte er sich abrupt um. „Werner, bei allem, was recht ist, wir müssen uns an die Gesetze halten.“
    Der Bundeskanzler blies eine beeindruckende Tabakwolke in den Raum. „Klar müssen wir das! Das hattest du ja auch im Sinn, als du dem FPS den Tip gabst, alter Pharisäer! Es geht nicht allein mehr um die Wahl, hier droht möglicherweise Gefahr für Land und Leute! Wenn Terroristen Sander erpressen, dann legitimiert das meines Erachtens die Beschattung der Familienmitglieder und das Abhören der Telefonanschlüsse. Der Schütte soll das morgen mal juristisch klären. Sagst du ihm das?“
    Hagemeyer schaute auf die Uhr. „Klar, geht in Ordnung. Werner, wir müssen los! Sonst zeigen uns die Frauen, wer in diesem Land tatsächlich das Sagen hat. Ob das deine Umfragewerte in die Höhe treibt, wage ich zu bezweifeln.“
    Der Kanzler zerbröselte grinsend das eben erst zum zweiten Mal angerauchte Zigarillo. „Du vergißt, daß in diesem Land mehr Frauen als Männer leben! Geh‘n wir!“
     
     

27. August, 02:15 Uhr Ortszeit; Khyber-Paß, pakistanische Seite, Shagai Fort
    „Da wären wir, Männer!“ Der Oberleutnant bog von der Paßstraße ab, folgte nun einer Stichstraße, die geradewegs zu dem knapp hundert Meter entfernten Eingang einer ausgedehnten Festungsanlage führte. Kühles Mondlicht überflutete noch immer die Hochebene sowie die sich am Horizont erstreckenden Höhenzüge, tauchte das umgebende Gelände und die Festung in miteinander verschmelzende bläßliche Pastelltöne. Einzig die spärliche Vegetation kontrastierte in scharf konturiertem, schwärzlichem Grün mit den sanften Ockertönen des verwitterten Grundes, dem verwaschenen Rosa des Ziegelmauerwerks. Darüber stand wolkenlos der blauschwarze Himmel, übersät mit Tausenden kristallklar glitzernder Sterne.
    Sander atmete erleichtert auf, daß diese Schreckensfahrt endlich ein Ende nahm. Zwar hatte es unterwegs keine weiteren Zwischenfälle gegeben, doch war aufgrund der zerschossenen Scheiben die Reise alles andere als ein Vergnügen. Die Nacht war empfindlich kalt, und es zog höllisch auf den hinteren Bänken, zumal ihnen in der vorletzten Reihe keine Lehnen Schutz vor dem Fahrtwind boten. Insofern fragten sie sich, ob es ein Vorteil sei, daß der Oberleutnant schon nach kurzer Zeit den störrischen Bus im Griff hatte, als sei er mit ihm aus Deutschland angereist. Er legte, soweit die Motorleistung seinen Vorgaben überhaupt folgen konnte, angesichts der Herausforderungen einer Gebirgsfahrt ein wahrhaftiges Höllentempo vor. Der Unteroffizier, der sich von Zeit zu Zeit um die Verwundung des Gefreiten kümmerte, meinte – angesprochen auf die haarsträubenden Manöver – lakonisch: „Der reagiert sich ab.“
    Sie hatten unmittelbar vor Torkham Post den Fahrer neben der Fahrbahn abgelegt. Ihre Fahrt durch die wenigen Orte blieb von der Bevölkerung unbeachtet. Die finsteren Gestalten, die sich trotz der späten Stunde entlang der Straße einfanden, schenkten dem Bus keinerlei Beachtung. Dieses Verhalten stand in krassem Kontrast zur angeborenen Neugier der Stammeskrieger, die üblicherweise jeden Fremden argwöhnisch beobachteten. Lag es an der desolaten Beschaffenheit des Busses, den zerschossenen Fenstern? Vermutlich war es nicht ratsam, einem von Kugeln durchsiebten Gefährt Augenmerk zu schenken, saßen darin doch offenkundig die Sieger des Gefechts, egal, ob dies nun Taliban oder verhaßte Alliierte waren. Sander, zur Abwechslung nicht vor Angst, sondern aufgrund der Kälte zitternd, hatte es vorgezogen, die Klärung dieser Ungereimtheit auf sich beruhen zu lassen, sich stattdessen erneut tief zu ducken, um den kalten Böen des Fahrtwindes zu entgehen. Doch dies war keine dauerhafte Lösung, denn von Zeit zu Zeit hieß ihn ein innerer Zwang, sich aufzurichten, um
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