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Das Salz im See 1: Ein teuflischer Plan (German Edition)

Das Salz im See 1: Ein teuflischer Plan (German Edition)

Titel: Das Salz im See 1: Ein teuflischer Plan (German Edition)
Autoren: Götz Justus
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sie sich an die Anweisungen des Stabsunteroffiziers. Ohne sich abgesprochen zu haben, schwenkte nahezu gleichzeitig ihr Blick nach links. Der Bus versperrte ihnen die Sicht auf das in Fahrtrichtung liegende Gelände. Dort drohte, so hatte es ihnen Heinz eindringlich verdeutlicht, die größte Gefahr! „Wir müssen ein Stück hoch.“ Cannon nickte; er hatte verstanden. Sander kroch, stets um Deckung bemüht, voran, der Amerikaner folgte ihm in gehörigem Abstand. Sie hatten gerade die Front des Busses erreicht, als der Oberleutnant aus dem Schatten der Türnische auf die Straße trat. Die Maschinenpistole hatte er im Bus zurückgelassen. Die Hände seitlich von sich gestreckt ging er langsam auf den Taliban zu, der wie angewurzelt inmitten der Straße stand, die Panzerfaust nunmehr auf den Oberleutnant gerichtet. Dieser sprach – äußerlich vollkommen ruhig – auf ihn ein.
    Der Taliban schien nervös. Er schrie den Oberleutnant an, beschrieb mit der Panzerfaust eine drohende Bewegung. Der Oberleutnant ging noch einen Schritt, dann blieb er vor dem Taliban stehen. Er zeigte auf das Hoheitszeichen an seiner Uniform und begann auf ein Neues, auf sein Gegenüber – immer in der gleichen ruhigen Tonlage – einzureden. Der Taliban schrie ihn an, wedelte mit der Panzerfaust. Sie konnten den Wegelagerer zwar nicht verstehen, doch freundlich klang das keinesfalls. Vor allem aber hörte der Kerl mit seinen Schimpftiraden nicht auf. Sander, unfähig, einen Gedanken zu fassen, schaute wie hypnotisiert auf die Szene – dort, den Rücken ihnen zugewandt, der Oberleutnant, diesem gegenüberstehend, vielleicht anderthalb Meter von ihm entfernt, der nun in höchster Erregung kreischende Taliban, Sinnbild blindwütiger Aggressivität, die Panzerfaust nun auf den Brustkasten des Oberleutnants gerichtet. Während Sander sich noch vergeblich mühte, einen Ausweg aus dieser prekären Situation zu finden, brach um sie herum das Inferno los.
    In einer ansatzlos vorgetragenen blitzschnellen Bewegung, mit bloßen Augen bei den gegebenen Lichtverhältnissen kaum nachvollziehbar, hatte der Oberleutnant mit einem Fußstoß den Kehlkopf des Taliban getroffen, so daß dieser im selben Augenblick das Gleichgewicht verlor. In einem Reflex hatte er noch die Panzerfaust abgefeuert, wobei der Feuerschweif die Szene sekundenlang ausleuchtete. Das Geschoß jagte schräg über den Bus hinweg und explodierte nach vielleicht hundert Meter langer Flugbahn an der jenseits der Straße aufragenden Felswand. Ein bizarrer Regen niedergehender Glut erleuchtete Explosionswolke und Umgebung in zittrigem Orange. Bevor sich die Dunkelheit erneut der Szenerie bemächtigte, brach jenseits des Busses vielfältiges Feuer aus Maschinenwaffen los. Der Taliban schlug mit dem Kopf auf dem Straßengrund auf, wobei der mächtige Chitrali Topi den Aufprall dämpfte. Röchelnd beugte er sich mit dem Oberkörper noch einmal in die Höhe, dann fiel er zurück auf die Straße. Ein einziger Tritt schien ihn außer Gefecht gesetzt zu haben, doch plötzlich hielt der scheinbar Geschlagene einen Revolver in der Hand! Bevor er ihn auf den Oberleutnant richten konnte, war dieser über ihm.
    Sander hatte noch mitbekommen, wie es dem Oberleutnant gelang, dem Taliban die Waffe zu entringen, als ein Geschoß die Frontscheibe des Busses zerschmetterte. Sander zog unwillkürlich Kopf und Schultern ein, duckte sich noch tiefer in den Graben. Er hatte sich von seinem Schrecken noch nicht erholt, als eine Salve das Fenster rechts der Einstiegstür pulverisierte. Verdammt, das Feuer kam von der Plaine, die sie sichern sollten! Sein Kopf fuhr herum. Keine 30 Meter entfernt standen gebückt zwei Taliban, ein jeder MG-Gurte über die Schultern geworfen, der linke im Begriff, das MG in Stellung zu bringen. Bevor der rechts Lauernde seine Kalaschnikow auf sie richten konnte, durchrissen zwei Feuerstöße die plötzliche Stille. Das Feuer kam von links! Das mußte der Stabsunteroffizier sein! Sander visierte mit zittrigen Händen den rechten Taliban an, als dieser plötzlich in die Knie sank, mit weit aufgerissenen Augen ihn sekundenlang anstarrte, dann, den Mund aufgerissen, als wolle er schreien, mit zuckendem Leib vornüber in den Staub fiel. Noch einmal hob er den Kopf, doch die Kräfte verließen ihn. Mit dumpfem, Schauder auslösendem Geräusch aufschlagend, grub sich sein Schädel in den Staub der Hochebene. Dann rührte sich nichts mehr. Diese aufgerissenen Augen! Er würde sie sein Leben
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