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Das rote Band

Das rote Band

Titel: Das rote Band
Autoren: Dana Graham
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Wunsch, Ian zu heiraten, außer sich geraten. Hätte Galad, der an diesem Tag nach längerer Abwesenheit nach Greystone zurückgekehrt war, nicht eingegriffen, Jake und Ian wären mit den Schwertern aufeinander losgegangen – eine entsetzliche Vorstellung, denn beide Männer standen sich in ihrem stattlichen Körperbau, ihrer Stärke und ihren kämpferischen Fähigkeiten in nichts nach.
    „Wir erwarten hier die Ankunft zweier Gäste“, beantwortete Jake ihre Frage in besänftigendem Tonfall, der jedoch keinerlei Wirkung auf sie hatte.
    „Für noch mehr Enthüllungen?“, rief sie bestürzt. Nachdem sie von Ians Ehrlosigkeit erfahren hatte, war es kurz darauf die Mitteilung ihres Bruders gewesen, er führe seit Jahren eine Beziehung mit seinem gleichaltrigen Freund Galad, die ihr den nächsten Schock versetzt hatte. Nicht, weil sie die beiden Männer für ihre Liebe verachtete, sondern wegen der Gefahr, die mit diesem verbotenen Verhältnis einherging. Das Letzte, was sie jetzt brauchte, waren mysteriöse Besucher, die ihr weitere komplizierte Wahrheiten überbrachten!
    „Wieso treffen wir uns alleine mit ihnen?“, fragte sie unsicher. „Gibt es noch andere Dinge, die ihr mir verheimlicht habt?“
    „Nein.“ Die Antwort kam von Galad. Der blonde, schlanke Mann mit den auffallend blauen Augen, der sein lockiges Haar entgegen der aktuellen Mode stets offen trug, lächelte sie an. „Die beiden kommen zu unserer Unterstützung, und wir wollen uns vorher mit ihnen absprechen.“
    Diese Aussage war auch nicht besser, denn sie erinnerte Joanna wieder an ihr ungutes Gefühl, was den heutigen Abend betraf. Sie ließ den Kopf hängen und spürte prompt, wie Ian sie enger an sich zog. Seine muskulösen Arme umschlossen sie sanft, und ihre Anspannung ließ nach – Ians bloße Berührung beruhigte sie mehr als alle Worte von Jake und Galad. In diesem Augenblick öffnete sich die Tür zur Bibliothek, und die zwei angekündigten Besucher traten ein. Joanna lachte erleichtert auf, als sie die beiden Männer erkannte: Es waren Bennett of Lionsbridge, der ältere Bruder von Galad, und Ronen of Darkwood, Ians älterer Bruder.
    Bennett rief allen eine Begrüßung zu, und Joanna lief zu ihm und umarmte ihn entgegen jeder Etikette herzlich. Sie mochte den humorvollen Mann mit den grauen Augen und den blonden Locken sehr gerne und freute sich immer, wenn sie ihn sah. Als sie Bennett wieder losließ, bemerkte sie, dass Ronen wie erstarrt auf Ian blickte. Dann murmelte er etwas, ging auf Ian zu und legte seine Hände auf dessen Schultern.
    „Ich erkenne dich kaum wieder, kleiner Bruder.“ Ronens Stimme klang belegt, und er drückte Ian an sich.
    Im ersten Moment wunderte sich Joanna über Ronens Reaktion. Aber dann fiel ihr ein, dass die Brüder sich das letzte Mal vor fast einem Jahr in Burg Darkwood gesehen hatten. Damals war Ian in einem völlig heruntergekommenen und gesundheitlich katastrophalen Zustand gewesen, kein Vergleich zu dem gutaussehenden Mann, der jetzt in eleganter Kleidung neben ihr stand. Ronen ließ die Arme sinken und betrachtete seinen Bruder weiterhin erstaunt. Und erneut fiel Joanna auf, wie ähnlich sich die beiden sahen: groß, breitschultrig, dunkle Augen und die glänzenden schwarzen Haare zum Zopf gebunden. Auf den ersten Blick konnte man meinen, sie seien Zwillinge. Aber zwischen den beiden Geschwistern bestand ein Altersabstand von knapp vier Jahren. Ian war sechsundzwanzig Jahre alt – so wie sie selbst bald –, Ronen schon fast dreißig. Außerdem unterschieden sie sich bei näherem Hinsehen in der Mundpartie voneinander. Während Ian fein geschwungene Lippen besaß, hatte Ronen einen harten Zug um den Mund.
    „Es ist für mich immer noch unfassbar, dass Vater dich geächtet hat, Ian.“ Ronen schüttelte den Kopf. „Ich habe alles versucht, aber er weigert sich beharrlich, es rückgängig zu machen.“
    Ian zuckte nur mit den Schultern, doch Joanna wusste, wie sehr ihn die Ablehnung seines Vaters schmerzte. Der Baron of Darkwood, Ian und Ronens Vater, hatte seinen jüngeren Sohn noch als Säugling verstoßen, nachdem seine geliebte Frau bei Ians Geburt verstorben war. Ian wuchs in einem Bauerndorf auf und musste später auf Geheiß seines Vaters das Leben eines Tagelöhners auf der Burg führen. Im vergangenen Frühjahr rettete Ian Jake und sie bei einem Kutschenunfall, und Jake lud ihn zum Dank zum Besuch der Akademie ein. Dem Baron of Darkwood missfiel Ians Fortgehen, und zur Strafe
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