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Das rote Band

Das rote Band

Titel: Das rote Band
Autoren: Dana Graham
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zu gehen.“
    Ian spürte, wie Joanna nach seiner Hand griff. Ihre Finger waren kalt, und sie blickte bedrückt auf seinen rechten Hemdsärmel, der das rote Band verdeckte. Er konnte ihren Kummer nur zu gut verstehen. Wie gerne würde er ihr das bevorstehende Ereignis ersparen. Doch sie hatten sich für ihre Liebe entschieden, und das bedeutete für sie beide, sich den damit verbundenen Schwierigkeiten zu stellen! Aber so niedergeschlagen, wie Joanna gerade aussah, konnte er sie unmöglich den Festsaal betreten lassen. „Mach dir keine Sorgen“, sagte er aufmunternd zu ihr, als sie gemeinsam mit den anderen die Bibliothek verließen und den Treppenturm hinaufstiegen. „Es wird nichts Schlimmes passieren. Allerdings habe ich noch eine sehr wichtige Bitte an dich.“ Im Gegensatz zu seinen ernsten Worten glitzerten seine Augen schelmisch.
    „Ja?“ Neugierig schaute sie auf.
    „Umarme nie mehr Bennett, sonst muss ich ihn leider umbringen“, sagte er scherzhaft.
    Verblüfft sah sie ihn an. „Seit wann bist du so mordlustig?“
    „Schon eine ganze Weile.“ Ian grinste. „Und es ist nur meiner enormen Selbstbeherrschung zu verdanken, dass er, Prinz Kaylan und Laurentin noch am Leben sind.“
    „Warum denn Laurentin?“, fragte sie erstaunt.
    „Er hat damals auf dem Gauklerfest im Dorf einen ganzen Abend lang mit dir getanzt.“
    „Ach!“ Ein vorwurfsvoller Ausdruck erschien auf ihrem Gesicht. „Wenn ich dich erinnern darf: Du warst zur gleichen Zeit mit einem Dutzend Studentinnen beschäftigt.“
    „Das war kein Vergnügen, das war eine Strafe“, erwiderte er.
    „Mein Mitleid hält sich in Grenzen.“
    Ian lachte, blieb auf dem Treppenabsatz stehen und schlang seine Arme um sie. „Hatte ich schon erwähnt, dass ich dich liebe?“
     Sie schenkte ihm ein warmes Lächeln. „Nach all der Zeit kann ich diese Worte von dir gar nicht oft genug hören.“
    „Ich werde sie dir immer wieder sagen, wenn du es möchtest.“ Zufrieden stellte Ian fest, dass Joanna nun gelöster wirkte. Sein Blick wurde weich. „Heute Abend will ich noch genau drei Dinge tun“, flüsterte er in ihr Ohr. „Mit dir zu Bett gehen, diese Feier hinter mich bringen und dich küssen.“
    „In dieser Reihenfolge?“, fragte sie amüsiert.
    Statt einer Antwort zog Ian Joanna fester an sich und berührte sanft mit seinen Lippen die ihren.
    „So gekonnt, wie das aussieht, küsst ihr euch nicht zum ersten Mal.“ Bennett, der stehengeblieben war und zu ihnen zurückgeblickt hatte, nahm wie immer kein Blatt vor den Mund.
    „ Müssen wir uns das ansehen?“, stimmte Galad in die Neckereien mit ein.
    Ian blickte die beiden Brüder strafend an und löste sich widerwillig von Joanna. „Wir machen nachher ohne Zuschauer weiter“, raunte er ihr leise zu. Nachdem Joanna den Stoff ihres Kleides glatt gestrichen hatte, wollte er nach ihrer Hand greifen, doch Jake räusperte sich hörbar, und Ian hielt in der Bewegung inne.
    „Joanna betritt den Festsaal an meiner Seite“, bestimmte Jake. „Ian, du gehst mit Ronen, und Galad begleitet Bennett.“
    „Ich weiß, Jake“, erwiderte Ian und sah mit Bedauern, wie Joanna ihre Hand in den angewinkelten Arm ihres Bruders legte, „...  absolute Diskretion in der Öffentlichkeit.“
     
    Joanna straffte die Schultern, als sie mit Jake zusammen den Festsaal betrat, in dem die Gäste schon an langen Tafeln saßen und sie erwarteten. Der große, mit kostbaren Wandbehängen geschmückte Raum strahlte im Glanz von unzähligen Kerzen, und trotz der geöffneten Balkontüren war die Luft bereits furchtbar stickig. Jake führte sie zur prunkvollen Herrschaftstafel, die an der Stirnseite des Saales aufgebaut worden war, und Joanna lächelte charmant nach links und rechts, während sie so tat, als bemerkte sie die verwunderten Blicke der Anwesenden nicht. Am Tisch angekommen, schob ein Diener ihr den Stuhl zurecht, und sie ließ sich dankbar nieder. Galad und Bennett, die ihnen zum Tisch gefolgt waren, setzten sich ebenfalls, nur Jake blieb stehen und begann seine Begrüßungsrede. Joanna hörte ihm nicht zu. So unauffällig wie möglich versuchte sie herauszufinden, wo Ian und Ronen Platz genommen hatten. Schließlich entdeckte sie die beiden an einem Tisch am Ende des Saales, allerdings saßen die Brüder mit dem Rücken zu ihr, sodass sie keinen Blickkontakt zu Ian aufnehmen konnte. Enttäuscht wandte Joanna nun doch ihre Aufmerksamkeit Jake zu, der bereits am Ende seiner Ansprache angekommen
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