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Das rosa Nilpferd

Das rosa Nilpferd

Titel: Das rosa Nilpferd
Autoren: Ursel Scheffler
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unter den Arm, schiebt den Ärmel seines Trenchcoats zurück und sieht auf die Uhr. 12 Uhr 29. Jetzt geht eine der jungen Bankangestellten mit einem Schlüsselbund auf die große Eingangstür zu und will abschließen.

     
    „Oh, bitte, lassen Sie mich noch rein!“, fleht eine junge Frau mit einem Einkaufskorb. „Ich hab keinen Pfennig Geld mehr!“ Sie drängt in den Schalterraum. Die Angestellte sieht ihr ein bisschen ärgerlich nach. Es ist jetzt genau 12 Uhr 30. Rasch werden die Kunden einer nach dem anderen abgefertigt.
    Es sind noch vier Kunden im Raum, als der Mann mit den Wildlederschuhen an der Reihe ist. Er hat unauffällig eine kleine automatische Pistole aus seiner Manteltasche geholt und sagt leise, aber eindringlich: „Das ganze Geld in die Tasche, aber schnell. Sonst raucht’s!“ Der Kassierer sieht sich unsicher um.
    „Keinen Alarm! Ich weiß, wo der Schalter ist! Bin bestens informiert“, faucht der Mann ungeduldig. Und der Bankangestellte glaubt ihm, denn der Ganove steht genau im toten Winkel der automatischen Kamera. Er hält seinen Kopf so, dass er höchstens von hinten erfasst werden kann. Ein Zeichen, dass er wirklich Bescheid weiß. Wer ihn darüber informiert hat? Das alles schießt dem Kassierer in Bruchteilen von Sekunden durch den Kopf. Genau wie die Anweisung der Bankzentrale, im Falle eines Überfalles keine Menschenleben zu riskieren.

    Aber das Zögern macht den unerwünschten Bankkunden offenbar nervös. Außerdem wird jetzt der Kunde am Nebenschalter aufmerksam. Und die Bankangestellte, die gerade wieder einen Kunden hinausgelassen hat, bleibt erschrocken stehen.
    „Keine Bewegung! Ich schieße!“, sagt der Mann mit der Sonnenbrille und dreht sich blitzartig um. Er schießt zweimal in die Decke, um die Anwesenden einzuschüchtern und vor „Mutproben“ zu warnen. Dann ergreift er die kreidebleiche junge Frau mit dem Einkaufskorb, die hinter ihm steht, und setzt ihr den Revolver an die Schläfe.
    Wortlos, aber nachdrücklich schiebt er die Aktentasche über den Schaltertisch. Genauso wortlos packt sie der Kassierer voll Geld.
    „Den Autoschlüssel!“, sagt er zu seiner Geisel.

    Zitternd holt die junge Frau ihren Autoschlüssel aus der Manteltasche.
    „Den Bankschlüssel!“, sagt er zu der jungen Bankangestellten.
    „Fertig!“, sagt der Kassierer. Der Räuber greift nach der vollen Aktentasche und bewegt sich mit der Geisel auf die Tür zu. Dort ruft er: „Keine Polizei! Ihr Anschluss ist angezapft. Draußen steht mein Kumpel. So ein Ding dreht man schließlich nicht allein! Wenn sich vor 12 Uhr 50 jemand mit der Außenwelt in Verbindung setzt, haben Sie die Geisel auf dem Gewissen!“
    Da geschieht etwas, was ihn offensichtlich verwirrt: Die Geisel wird ohnmächtig.
    Er zögert einen Augenblick, lässt die Geisel auf den Boden gleiten und bringt stattdessen die Bankangestellte in seine Gewalt:
    „Noch besser, dann haben Sie Ihre Kollegin auf dem Gewissen!“, fügt er mit Nachdruck hinzu.
    Der Mann verlässt rückwärts die Bank und schließt von draußen ab. Den Schlüssel wirft er weg.
    Der Filialleiter beobachtet vom Fenster aus, wie der Bankräuber seine Geisel zu einem graphitgrauen Golf zerrt, der neben der Bank im Halteverbot steht. Dort hat ihn die junge Frau in ihrer Eile leichtsinnigerweise abgestellt.
    „Glücklicherweise“, murmelt der Filialleiter, denn der Wagen steht so, dass man die Autonummer erkennen kann.

    Er zögert nur ein paar Sekunden, dann setzt er sich über die Drohung des Bankräubers hinweg und ruft das Polizeirevier 47 an.
    Kugelblitz ist persönlich am Apparat. Er notiert die Autonum mer und gibt sie an die Streifenwagen zur Fahndung durch. Um 12 Uhr 45 wird bereits überall im Stadtgebiet nach dem graphitgrauen Golf mit der Nummer XC 1315 gefahndet. Um 15 Uhr findet ein Streifenpolizist den Wagen am Stadtrand. Die Geisel liegt unverletzt, aber gefesselt und mit verbundenen Augen im Kofferraum.

    Der Täter ist flüchtig. Kugelblitz untersucht den Fundort des Wagens genau. Er findet schmale Reifenspuren im feuchten Boden.
    „Er ist mit dem Fahrrad weitergefahren!“, sagt er nachdenklich. Die junge Frau bestätigt, dass sie gehört hat, wie er ein Rad aus dem Kofferraum genommen hat. Gesehen hat sie angeblich nichts, weil er ihr unmittelbar nach dem Überfall die Augen verbunden hat. „Der Mann hat mehr Glück als Verstand“, meint Kriminalhauptmeister Zwiebel, als er das Protokoll schreibt.
    „Wie so oft“, brummt
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