Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Ritterdrama von Schreckenstein

Das Ritterdrama von Schreckenstein

Titel: Das Ritterdrama von Schreckenstein
Autoren: Oliver Hassencamp
Vom Netzwerk:
musste ihm der Tageslauf jeglichen Argwohn nehmen. Hier handelte es sich um einen völlig normalen Schultag mit Sport und Arbeitsstunde.
    Nach dem Abendessen meinte der Rex: „An eurer Stelle würde ich den Unterricht morgen nicht ausfallen lassen. Was einige von euch versäumen, können sie nachholen. Dann habt ihr später wirklich verlängerte Ferien.“
    „Da hat er recht“, bestätigte Ottokar anschließend in der Folterkammer. „So viel ist ja nicht zu tun, und so lang dauert’s auch nicht.“
    „Kleine Ursache, große Wirkung!“ flachste Klaus.
    „Genau“, pflichtete ihnen Dampfwalze bei. „Dann lasst uns mal Stämmchen sägen!“
    „Und wir kümmern uns um die Drahtesel“, sagte Andi zu Hans-Jürgen.
    Mit drei Booten ruderten die Textilritter die Räder nach Rosenfels hinüber. Andi war mit der Rennmaschine vorausgefahren. Jetzt saß er am Hafen unter der Trauerweide in völliger Dunkelheit und meldete den Heranrudernden über Sprechfunk, dass die Luft rein sei.
    Ohne auch nur ein verdächtiges Geräusch zu hören, konnten sie die Räder den steilen Weg hinaufschieben und sie im Schweinestall abstellen.
    „Die Hühner denken ja, es seien die Ebert-Schüler gewesen, und nachts rechnen sie nicht mit denen, weil die bei ihren Eltern wohnen“, kombinierte Beni völlig richtig.
    Das Tor war abgeschlossen, die Fenster der Mädchenzimmer standen offen. Ab und zu drang ein Husten heraus oder das Knarzen eines Bettes. Sonst nichts.
    „Gesunder Hühnerschlaf“, stellte Strehlau fest.
    „Schade“, meinte Pummel. „Jetzt könnte man schon einen Streich machen.“
    „Den haben wir ja schon gemacht!“ antwortete Eugen. „Und wir würden ihn nur kaputtmachen. Aber ich versteh dich. In Rosenfels sein, und nichts tun — da kommt man sich schon saudumm vor.“
    Doch sie ließen sich zu nichts hinreißen, schlichen durch den Wald wieder hinunter, ruderten zurück und lagen kurz nach Mitternacht in ihren Betten. Rennfahrer Andi schlief bereits tief, als die Boote der Textilritter anlegten. Von den Bildungsrittern dagegen hatten sich einige den Wecker gestellt. Noch vor dem allgemeinen Frühstück schwangen sich Ottokar, Stephan, Dampfwalze, Klaus und Mücke auf ihre Räder. Jeder hatte am oberen Rahmenrohr einige Latten festgebunden. Ihre Aufgabe war äußerst heikel. Von ihrem Einsatz hing alles ab. Aus einem Fenster im Westkorridor sah Beni ihnen nach.
    „Mann!“ sagte er zu Emil. „Die haben Nerven! Wenn einer aufs Klo geht, ist der Ofen aus!“
    Daran hatten die fünf selbstverständlich auch gedacht. Ihre Rechnung bezog diese Gefahr mit ein. Die kommen alle frisch gefrühstückt von zu Hause — sagten sie sich. In der ersten Stunde sind sie noch ruhig. Die Rennerei geht erst ab der zweiten los. Für Zuspätkommer müssten zehn Minuten ausreichen. Das bedeutet, zwanzig Minuten nach Beginn des Unterrichts wird angefangen. Von oben nach unten! Um acht Uhr hatten sie Neustadt erreicht. Im Hof der Elektrohandlung stellten sie die Räder ab. Durch ein Gewirr von Garagen, Bäumen und Nebengebäuden erreichten sie im Schutz einer Kastanie an der schmälsten Hofseite den Zaun der Ebert-Schule. Ottokar und Klaus kletterten hinüber und rannten einer nach dem andern zur Hauswand. Eine Minute später folgten Stephan und Mücke auf dieselbe Weise, und nach einer weiteren Dampfwalze.
    An der Hauswand entlang schlichen sie mit ihren Latten um die Ecke zum Haupteingang, wo sie eine letzte Verschnauf- und Horchpause einlegten. Aus den Klassenzimmern war das gewohnte Bildungsgeräusch zu hören. Sonst nichts.
    „Achtet auf die Nummerierung!“ Ottokar ordnete seine Latten und schaute auf die Uhr. „Dann kann’s losgehen!“ Zusammen mit Klaus rannte er hinein.
    Stephan und Mücke folgten ihnen langsam. Im unteren Flur blieben sie noch einmal stehen, lauschten nach allen Seiten und flitzten die Treppe hinauf. Oben teilten sie sich. Stephan nach links, Mücke nach rechts. Wie Ottokar und Klaus über ihnen, Dampfwalze unter ihnen, fingen sie an die Türklinken zu verkeilen. Latte fünf unter die Klinke von Klasse fünf und so weiter. Für jeden eine Arbeit von kaum mehr als einer Minute. Wenn alles glatt ging...
    Stephan arbeitete geräuschlos, präzise und schnell. Er hatte nur noch eine Tür vor sich. Da sah er, wie sich die Klinke senkte. Mit einem Satz sprang er zurück unter den Türstock des letzten gerade verkeilten Klassenzimmers. Heftiges Husten kam näher. Mit dem Rücken zum Flur tat er so, als wolle er
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher