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Das Reich in der Tiefe

Das Reich in der Tiefe

Titel: Das Reich in der Tiefe
Autoren: Richard Koch
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mußte er sie zurückschicken, sonst reichten die Lebensmittelvorräte nicht. Würde aber Toxa dieses Robinsonleben auf der kalten windumbrausten Insel bei Schaffleisch und Fischen aushalten? Konnte er ihr die gefährliche Fahrt über die unzuverlässige See in einem solchen Fahrzeug zumuten? Erichsen schob diese Sorgen erst einmal beiseite und fing mit dem Bootsbau an.
    Am späten Nachmittag hörte er einen gellenden Schrei, warf die Axt weg und stürzte ins Wellblechhaus. Er fand Toxa in einer Verfassung, in welcher er sie noch nie gesehen hatte, mit starren, weit geöffneten Augen und blutlosem Gesicht. Er nahm ihre Hand, sie war kalt, der Puls kaum spürbar. Als Klaus sie streichelte, beruhigend auf sie einsprach, entspannte sich ihr Körper, doch die Züge waren noch lange von Angst verzerrt. Klaus mußte ihr erst etwas Belebendes einflößen, dann war sie imstande zu reden:
    „Während ihr alle draußen arbeitetet, war Sarasola da. Plötzlich stand er dort drüben in der Ecke und sprach zu mir. Ich soll sofort umkehren, zurückkommen, dann wird mir verziehen werden, sonst – droht er – mich zu verfolgen bis an sein Lebensende.“
    Toxa aß nichts, und Klaus fand in dieser Nacht wenig Schlaf. Mehrmals sah er nach Toxa, sie schien auch zu wachen. Am nächsten Morgen war alle Fröhlichkeit von ihr gewichen. Klaus sah zu seinem Schrecken, daß alle Anzeichen einer Krankheit vorhanden waren: Röte und Fieber, jagender Puls, Luftmangel und fiebrige Kälteschauer statt der gestrigen Blässe und Blutleere. Toxa würde hier sterben, das sah er plötzlich mit grausamer Klarheit. Und ihr Leben galt ihm mehr als sein Glück. Klaus handelte rasch, wickelte sie in warme Decken, lud seine Braut und die fünf Männer auf Lemaires Lastwagen und fuhr alle zur Höhle im Gebirge. Dann begleitete er die Heimkehrenden noch ein Stück, bis über die Wasserfallgrotte hinaus. Toxa schien es ein wenig besser zu gehen.
    Es war eine grausame Trennung, aber nicht für lange! Wenn auch alles dadurch verzögert wurde, daß er erst mit einem behelfsmäßigen Boot bewohnte Gegenden erreichen mußte, um seine Aufgabe durchzuführen – es würde auch auf diese Weise gehen. Vielleicht hatte er Glück – und der Küstenfrachter kam schon vorher und nahm ihn mit! War das aber nicht der Fall, so wollte er vor seiner Abfahrt über die Telegrafenverbindung in die Tiefe rufen und sich erkundigen, wie es unten aussah, wie Toxa den Transport überstanden hatte. Wie auch immer die Lage sei, vom dreißigsten Tage von heute an sollte das untere Ende der Telegrafenleitung ständig besetzt sein, und, schon morgen, nach 24 Stunden, wollte man sich noch einmal über die Leitung verständigen. So vereinbarte Klaus mit dem Führer der Begleitmannschaft.
    Am Anfang eines langen geraden Höhlengangs, der schräg in die Tiefe führte, entschloß er sich, umzukehren. Die Sänfte, in der man die Prinzessin trug, wurde niedergesetzt. Klaus umarmte sie, und Toxa erwiderte seinen Kuß mit seltsamer Innigkeit, als gelte es eine Trennung für immer. Als er sie losließ, schimmerten Tränen in ihren Augen. Dann sah er die Laternen des sich entfernenden Zuges schräg unten immer kleiner und matter leuchten, wischte über seine feuchten Augen, wandte sich seufzend und trat den Rückweg an.
    In der großen Grotte am Wasserfall verbrachte er einen einsamen Tag und verließ sich auf sein Zeitgefühl, da er keine Uhr besaß. Es gelang ihm dennoch, zur richtigen Stunde noch einmal telegrafische Verbindung zur zurückmarschierenden Begleitmannschaft zu bekommen. Das primitive Gerät summte kurze und lange Töne, welche er in die tröstliche Nachricht übersetzte, der Zustand der Prinzessin bessere sich sichtlich in der dichteren Luft und daß der Arzt der Begleitung versicherte, sie würde in Cheti gesunden. Seine Grüße flogen in die Tiefe.
     
    *                     *
    *
     
    Nach fünf Wochen war das Boot fertig und halbwegs seetüchtig. Die intensive Arbeit hatte ihn die Einsamkeit kaum spüren lassen. Aber die Nächte waren qualvoll, oft schreckte er aus dem Schlaf, weil er das Tuten des Dampfers zu hören glaubte. Doch es war nichts damit!
    Wie verabredet fuhr er nun erst mit dem Wagen zur Höhle, lief durch die dunklen Gänge zur Wasserfallgrotte, durchschritt den Fall mit seinem wasserdichten Umhang … und prallte erschreckt zurück!
    Wo früher der Stollen ins Erdinnere führte, war nichts weiter als Trümmergestein, der Bach, der ehemals durch
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