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Das Reich in der Tiefe

Das Reich in der Tiefe

Titel: Das Reich in der Tiefe
Autoren: Richard Koch
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ihm ein und bedankte sich.
    „Sind Sie der Hellseher?“
    „Um die Wahrheit zu sagen – ich kann es nicht immer. Aber wenn ich faste und mich konzentriere, gelingt es mir oft. Beschreiben Sie mir die Prinzessin, sagen Sie mir alles, was Sie von ihr wissen, geben Sie mir möglichst einen Gegenstand, den sie in Händen gehabt hat.“
    Klaus nestelte von seiner Brust das Kettchen mit dem Rubin und legte es mit einer größeren Geldmünze in die Hand des Besuchers. Kaum hörte er, was dieser noch sagte, ehe er ging. Klaus hatte wenig Hoffnung.
    Aber nach zwei Tagen kam der verwahrloste Hellseher wieder. „Heute in der Schlafzeit konnte ich etwas aufnehmen“, meldete er. „Ich sah Ihre Königliche Hoheit in einem verfallenen kleinen Haus, in dem es nur einen heiligen Raum gibt, mit einer Strohschütte und einem Stuhl. Dort schläft sie. Zwei Männer wohnen im Zelt vor der Tür, ein übermannsgroßer Athlet und ein dürrer älterer Mensch mit funkelnden fanatischen Augen.“
    „Und wo liegt das Haus?“ fragte Klaus ungläubig und mißtrauisch.
    „An einem steilen Berg, also einer Höhlenwand, darin ist eine weniger abschüssige Alm, ein einziger Pfad führt hinauf.“ Auf Klaus’ Verlangen zeichnete der Mann das, war er hellgesehen haben wollte, mit Schreibstift auf eine Metalltafel, er malte rechts neben das Haus das Bett eines ausgetrockneten Baches, deutete ein paar dunkle niedere Felsen an und ein verfallenes, rundes Bauwerk, von dem er meinte, es könnte ein früherer Lichtsignalturm sein. Klaus entließ ihn mit einem Achselzucken.
    Er ließ trotz der Fragwürdigkeit des Mannes und seiner Angaben Nachforschungen anstellen und erlebte die Überraschung, daß schon nach einem halben Tag die Zentralstelle der Lichtsignalstationen ihm mitteilte, daß es eine solche Ruine in einer Bergwand einmal gegeben hätte, ungefähr 50 Kilometer südwestlich der Hauptstadt, etwas nordwestlich. der Einschnürung. Der dortige Turm sei seit hundert Jahren verfallen. Damals war an jener Stelle ein Kupferbergwerk in Betrieb, die Bergleute wohnten dort und sogar eine Schwebebahn führte damals hinauf. Nachdem die Grube unergiebig geworden, bestand die Siedlung noch eine Zeitlang weiter, bis aus unbekannten Gründen der Bach versiegte, welcher die Gärten bewässerte. Ein oder zwei verfallene Häuser müßten an dieser Stelle noch vorhanden sein.
    Das war eine präzise Auskunft und der Platz ein durchaus mögliches Versteck. Wenn es zutraf, hatte Xayan mit seinen Leuten und mit Toxa ungesehen die ganze Breite des Höhlenlandes an der engsten Stelle durchquert.
    Klaus beorderte noch einmal den Freiwilligen und ließ sich zur Behausung seines Bruders führen, er wollte dem Hellseher eine Belohnung geben und ihm den Rubin wieder abnehmen, was er gestern in der Erregung vergessen hatte. In der armseligen Behausung angelangt, wechselten der Rubin und ein größerer Geldbetrag den Besitzer. Dann wandte Erichsen sich wieder zum Gehen.
    Als er schon an der Tür war, rief ihm der Hellseher mit seiner dünnen Stimme nach: „Seien Sie vorsichtig mit dem Dorf auf halber Höhe. Da sind Leute, welche die oben warnen!“
    Mit der Schwebebahn fuhr Klaus in die Gegend, welche ihm auf so sonderbare Weise bezeichnet worden war. Bei ihm befanden sich zwei Offiziere und eine bewaffnete Gruppe, von Rocco zur Verfügung gestellt. Er hatte die letzte Warnung des vagabundhaften Hellsehers nicht vergessen, stieg einige Kilometer vor dem Ziel aus und ließ die Freiwilligen im Schutz des Waldes ihre Zelte aufschlagen. Die gewaltige Mauer der westlichen Höhlenwand lag vor seinen Blicken. Zur Linken sprang sie weit landeinwärts vor und bildete den westlichen Pfeiler der Einschnürung. Nach rechts bog sie rechtwinklig ab und erstreckte sich in unabsehbare Ferne. Gerade im Knick stieg ein tief eingeschnittenes Tal schräg an, auf seinem Grunde floß ein Wasser, dessen Quellen auf einem Terrassenabsatz in 500 oder 600 Meter Höhe entsprangen. Dort lag inmitten grüner Wiesen ein Dorf. Bis dahin war das Tal bewaldet, aber oberhalb der Terrasse gab es im rotleuchtenden Gestein nur wenig Vegetation. In 1000 bis 1200 Metern Höhe konnte man auf einem sanft geneigten Hang ein paar dunkle Flecke unterscheiden, auch den dünnen Riß eines Bachlaufs, mehr ließ sich nicht erkennen. Falls sich dort das Haus befand, war es eine ideale Zuflucht für die Entführer, denn es gab nur einen Zugang von unten, durch das Dorf und weiter längs der Bachrinne; links und rechts
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