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Das Reich der Traeume

Das Reich der Traeume

Titel: Das Reich der Traeume
Autoren: Santiago García-Clairac
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erfährt.«
    Â»Versprochen?«
    Â»Versprochen.«
    Â»Papa, ich mache mir Sorgen um dich. Ich hab Angst, dass du irgendwann durchdrehst.«
    Er streicht mir über den Kopf, wie immer, wenn er mir etwas sagen will. Dann berührt er die Flecken auf meinem Gesicht, als wolle er sie wegwischen.
    Â»Du brauchst dich nicht zu sorgen, mein Junge, es ist alles in Ordnung. Es geht mir wunderbar. Du solltest so was nicht denken.«
    Â»Ich weiß …«
    Â»Hör zu! Wir beide wissen Dinge, von denen andere keine Ahnung haben. Wir sind keine Hexenmeister und auch keine Zauberer … Wir sind Wissenschaftler, Forscher. Wir wissen, dass es unbekannte Mächte auf dieser Welt gibt, die Einfluss auf uns haben, ohne dass wir es verhindern können. Ich spreche nicht von Hexerei und solchen Dingen, ich spreche von dem, was wir denken, was wir fühlen und was wir wissen. Und das alles steht hier drin!« Er zeigt auf die Holzregale. »All das Wissen befindet sich in diesen Büchern!«
    Â»Ãœbertreibst du da nicht ein bisschen?«
    Â»Was nicht in diesen Büchern steht, existiert nicht«, sagt er mit einer Bestimmtheit, die mich zusammenzucken lässt. »Was nicht in diesen Büchern geschrieben steht, ist es nicht wert, dass man darüber spricht. Bücher sind die Seele und das Gedächtnis der Welt.«
    Ich wage nicht, ihm zu widersprechen. Ich weiß, dass die Leidenschaft meines Vaters für Bücher stärker ist als jedes Argument. Sein Leben ist mit ihnen verbunden. Einerseits bewundere ich ihn dafür, aber andererseits erschreckt es mich auch. Manchmal habe ich Angst, genauso zu werden wie er: ein Büchernarr.
    Â»Ich muss zur Schule«, murmele ich.
    Â»Gut, dann wünsche ich dir einen schönen Tag. Wenn es so weit ist, werde ich dir von meinen Fortschritten erzählen«, sagt mein Vater leise. Dann taucht er wieder ein in die Welt der Pergamente und Buchstaben. »Früher oder später werde ich finden, wonach ich suche!«
    Bevor ich hinausgehe, drehe ich mich noch einmal um. Ich weiß, dass sich mein Vater längst wieder in der geheimnisvollen Welt der Buchstaben befindet, im Universum der Wörter. Manchmal glaube ich, dass er eigentlich einem Buch entstammt, dass er im Arbeitszimmer eines Schriftstellers geboren wurde … oder in einem Tintenfass.
    Â»Ach, übrigens, du hast ja bald Geburtstag«, ruft er mir nach, als ich schon die Türklinke in der Hand habe. »Wünschst du dir etwas Besonderes?«
    Â»Och, nein, ist mir egal … Irgendwas …«
    Ich schließe die Tür und lasse ihn allein in seiner Welt.
    Unten treffe ich Mahania, die Frau von Mohamed, unserem Hausmeister. Sie öffnet gerade die große Eingangstür. Mahania ist eine kleine, zierliche Person, die ihre Arbeit aber noch immer mit derselben Energie verrichtet wie früher, als sie noch jung war. Ich habe sie immer bewundert, irgendwie erinnert sie mich an meine Mutter. Das ist seltsam, denn ich habe meine Mutter nie kennengelernt. Sie starb kurz nach meiner Geburt. Mahania ist neben meinem Vater der letzte Mensch, der sie lebend gesehen hat. Vielleicht ist das der Grund, weshalb ich sie so gern habe.
    Außer durch die Geschichten meines Vaters kenne ich meine Mutter eigentlich nur durch das, was mir Mahania über sie erzählt hat. Offenbar gibt es viele Ähnlichkeiten zwischen uns. Unsere Augen hätten denselben traurigen Ausdruck, sagt sie. Deshalb glaube ich, dass meine Mutter ähnlich viel gelittten hat wie ich.
    Â»Morgen, Mahania«, begrüße ich sie.
    Â»Wird’s nicht langsam Zeit für die Schule?«
    Â»Ja, ich bin schon spät dran. Papa geht es nicht so gut, Mahania. Ich glaube, er hat immer noch Fieber.«
    Â»Ich weiß, Sombra hat mir erzählt, dass es ihm gestern schlecht ging. Keine Sorge, ich kümmere mich um ihn«, beruhigt sie mich. »Geh nur, ich bin ja hier, ich pass schon auf, dass nichts passiert. Du weißt ja, wie er sich aufregt, wenn der Tag näher kommt …«
    Â»Danke … Und Mohamed?«
    Â»Er ist zum Flughafen gefahren, um einen neuen Gast abzuholen. Einen Antiquitätenhändler, glaub ich.«
    Â»Ach ja, Señor Stromber. Papa hat ihn eingeladen, einige Tage in der Stiftung zu wohnen. Ich glaube, es geht um etwas Geschäftliches.«
    Â»Hoffentlich kommt was dabei raus. Bei der finanziellen Situation gerade …«, seufzt Mahania. »Wollen
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