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Das Reich der Traeume

Das Reich der Traeume

Titel: Das Reich der Traeume
Autoren: Santiago García-Clairac
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Schandtat eine Reihe schrecklicher Ereignisse entfesseln würde, die den Lauf der Geschichte verändern und eine außergewöhnliche Legende hervorbringen sollte.

II
    Der Büchernarr
    Ich heiße Arturo Adragón und lebe mit meinem Vater in Férenix in einer Stiftung. Wir befinden uns im 21. Jahrhundert, heute ist ein normaler Tag und ich muss zur Schule.
    J eden Morgen, wenn ich aufwache, rufe ich mir diese Sätze laut in Erinnerung, damit ich weiß, wo ich bin. Meine Träume sind so unglaublich echt, dass es mir manchmal schwerfällt, mich in der Wirklichkeit zurechtzufinden.
    Letzte Nacht hatte ich wieder so einen Traum. Mit Soldaten, mittelalterlichen Burgen, Zauberern, Alchemisten; ich erlebe diese Traumgeschichten so intensiv, dass ich beim Aufwachen jedes Mal total erschöpft bin – als wäre das alles wirklich passiert. Es ist furchtbar … Und ich weiß nicht, was ich dagegen tun soll.
    Manchmal glaube ich, ich werde langsam verrückt.
    Während mein Kopf noch voll ist von den Erinnerungen an letzte Nacht, gehe ich unter die Dusche, drehe den Hahn auf und warte darauf, dass mich das warme Wasser aus dem Reich der Träume in die Wirklichkeit zurückholt, aus dem Mittelalter in die Gegenwart.
    Ich blicke in den Spiegel. Der Drachenkopf ist natürlich noch da: auf meiner Stirn, zwischen den Augenbrauen. Genauso wie die merkwürdigen schwarzen Flecken auf meinen Wangen.
    Ich sehe damit ziemlich seltsam aus, als wäre ich tätowiert, und meine Mitschüler sorgen täglich dafür, dass ich auch ja nicht vergesse, dass ich nicht dazugehöre. Auch die Leute, denen ich auf der Straße begegne, erinnern mich daran, wenn sie sich hinter meinem Rücken zuflüstern: »Der arme Junge!« Das Schlimmste daran ist, sie haben recht: Ich sehe wirklich furchtbar aus.
    Â»Hallo, Drache«, begrüße ich ihn dennoch wie jeden Tag. »Alles in Ordnung? Wirst du denn nie verschwinden?«
    Wahrscheinlich bin ich dazu verurteilt, mein Leben lang ein Außenseiter zu sein. Die Einzigen, die mich ertragen, sind mein Vater und die Menschen, die zusammen mit uns in der Stiftung leben. Meine einzigen Freunde.
    Ich schrubbe mir gründlich Wangen und Stirn, in der Hoffnung, dass diese verdammten schwarzen Flecken und der Drachenkopf endlich verschwinden. Aber ich weiß, dass es aussichtslos ist. Ich weiß, dass sie mich bis ans Ende meines Lebens begleiten werden.
    Manchmal denke ich, ich sollte zum Zirkus gehen. Wenigstens würden die Leute mich dann als »normal« ansehen. Einen Jungen, der aussieht wie ein Werbeplakat, mit einem Drachen auf der Stirn, würden die Zuschauer interessant finden. Sie würden Eintritt bezahlen, um über ihn zu lachen, wie über Clowns oder missgebildete Menschen. Bestimmt hätte ich mehr Erfolg als die Frau mit Bart und der Elefantenmensch zusammen.
    Ich spüre seit ein paar Tagen am ganzen Körper ein Kribbeln, das ich nicht loswerde und das mich langsam nervös macht. Meine Haut ist gerötet, weil ich mich die ganze Zeit kratze. Es ist komisch, aber irgendwie habe ich das Gefühl, die Flecken haben sich weiter ausgebreitet, sind mehr geworden … Jetzt bedecken sie schon den äußeren Rand meiner Wangen und auch auf der Nase gibt es schon welche. Es wird immer schlimmer!
    Während ich mich anziehe, muss ich wieder an meinen Traum von letzter Nacht denken. Was haben diese Träume zu bedeuten? Sie sind wie die Hieroglyphenschriften, die mein Vater seit Jahren sammelt und vergeblich zu entziffern versucht. Meine Träume sind fantastische Abenteuer, die ich mit niemandem teilen kann. Das Merkwürdige ist, dass es darin immer um dieselben Figuren und Themen geht … Als wären es Kapitel von einem Fantasy-Roman. Die letzte Nacht war jedoch die schlimmste von allen. Noch nie habe ich von etwas so Schrecklichem und Gefährlichem geträumt!
    Ich mache meinen Rucksack auf und sehe nach, ob ich alles für die Schule eingepackt habe. Die Bücher, die ich heute nicht brauche, nehme ich raus. Hefte und Stifte sind drin, alles in Ordnung.
    Bei meiner täglichen Kontrolle stelle ich mir gerne vor, ich würde meine Siebensachen packen und einfach abhauen. Aber ich weiß, dass ich es nicht kann. Es gibt hier einiges, das mir sehr wichtig ist: mein Vater, die Erinnerung an meine Mutter, die Stiftung, Sombra … Vielleicht ist es nicht viel, aber es bedeutet mir alles. Es ist das
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