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Das Reich der Traeume

Das Reich der Traeume

Titel: Das Reich der Traeume
Autoren: Santiago García-Clairac
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s ist Nacht , und ich habe mich in den dritten Keller geschlichen, um mit meiner Mutter zu sprechen; mit ihrem Leichnam, nicht mit einem Ölgemälde.
    Ich bin alleine, sitze auf dem Thron aus Stein, demselben, auf dem diejenigen gesessen haben müssen, die mit Königin Émedi sprechen wollten. Ich bin tief bewegt – zum ersten Mal bin ich meiner Mutter wirklich ganz nahe.
    Â»Hallo, Mama, nun bin ich hier. Wahrscheinlich kannst du mich jetzt besser hören. Noch nie habe ich mich dir so nahe gefühlt. Du wirst dich sicher fragen, warum ich mir den Schädel kahlrasiert habe. Ich habe das zur Erinnerung an dich gemacht. Zur Erinnerung an all das, was ich erlebt habe. Wie du siehst, ist das Rasiermesser, das ich zu meinem vierzehnten Geburtstag bekommen habe, endlich zu etwas nütze gewesen.«
    Ich mache eine kurze Pause und warte darauf, dass sie mir durch irgendein Zeichen zu verstehen gibt, dass sie mich hören kann. Obwohl ich ganz genau weiß, dass das nicht geschehen wird.
    Â»In den letzten Tagen habe ich erstaunliche Dinge herausgefunden. Zum Beispiel weiß ich jetzt, dass du immer ganz in meiner Nähe warst. Vierzehn Jahre lang war ich überzeugt, dass du in der Wüste in Ägypten gestorben und auch begraben bist, und nun stellt sich heraus, dass du die ganze Zeit hier warst, unter meinen Füßen, in den Tiefen der Stiftung.
    Ich bin hergekommen, um mit dir über einige Dinge zu sprechen, die mich bedrücken. Nach allem, was passiert ist, fange ich an zu glauben, dass ich wirklich in einem anderen Leben gelebt habe. Und dieses andere Leben hat sich in meinen Träumen versteckt! Es gibt viele Beweise dafür, dass ich eine andere Person bin als die, die ich zu sein scheine. Ich heiße Arturo Adragón und lebe in der Stiftung, zusammen mit meinem Vater, mit dir und mit Sombra. Ich gehe in die Schule von Férenix. Dort habe ich Metáfora kennengelernt, die sich in mein Herz geschlichen hat. Aber ich bin auch Arturo Adragón, der mittelalterliche Ritter, der an Arquimaes’ Seite gegen Demónicus kämpft. Ich habe Alexia getötet. In meinen Träumen leide ich so sehr darunter, dass ich manchmal noch weine, wenn ich schon auf dem Weg zur Schule bin.«
    Ich mache wieder eine Pause, diesmal, um meine Tränen zu unterdrücken.
    Â»Ich bin so durcheinander. Ich weiß nicht mehr, wer ich bin. Ich habe das Gefühl, zwei Personen gleichzeitig zu sein, aber ich fange auch an, mich zu fragen, ob ich im Mittelalter lebe und von heute träume oder umgekehrt. Ich weiß nicht mehr, ob du meine richtige Mutter bist oder ob es vielleicht Königin Émedi ist. Wenn du mir nicht helfen kannst, herauszufinden, wer ich bin, dann kann es niemand. Glaub mir, ich weiß wirklich nicht mehr, was ich denken soll! Ich muss wissen, was damals in der Nacht in der Wüste geschehen ist. War es Zufall, dass Arquimaes’ Pergament in Ägypten aufgetaucht ist, am Ufer des Nils? Und war es auch nur ein Zufall, dass mein Vater es genau in dem Augenblick fand, als ich geboren wurde, und dass er darin meinen kleinen Körper eingewickelt hat, als du im Sterben lagst?«
    Ich stehe auf und lege die Hand auf den Sarkophag.
    Â»Was für ein Leben erwartet mich? Was wird geschehen, wenn Papa mit seinem Experiment Erfolg hat und du in diese Welt zurückkehrst? Werden wir es schaffen, glücklich zu sein?«
    Eine Frage quält mich ganz besonders. Doch ich habe Angst, sie ihr zu stellen. Ich zögere, aber schließlich gebe ich mir einen Ruck: »Mama, ich muss es einfach wissen, die Frage lässt mich nicht los … Bin ich unsterblich?«
    Ich werde noch oft hierherkommen, um mit meiner Mutter zu reden. Ich brauche ihren Trost, nach dem ich mich mein ganzes Leben lang so sehr gesehnt habe. Ich weiß nicht, ob es hilft, ich weiß nur, dass ich meine Gedanken mit ihr teilen möchte.
    Ich gehe hinauf in mein Zimmer und lege mich erschöpft ins Bett. Die Erlebnisse der letzten Monate lasten wie Felsbrocken auf mir.
    Mein Handy klingelt. Jemand hat mir auf die Mailbox gesprochen.
    Â» Arturo, mein Junge, ich muss dir etwas Unglaubliches erzählen«, höre ich die voluminöse Stimme von General Battaglia. » Ich habe herausgefunden, dass die Schwarze Armee existiert hat. Aber es war gar keine Armee! Ich bin völlig verwirrt, denn jetzt weiß ich nicht mehr, wonach ich suche … Eine Armee setzt sich aus einer großen
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