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Das Regenmaedchen

Das Regenmaedchen

Titel: Das Regenmaedchen
Autoren: Gabi Kreslehner
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Sommer. Er schloss die Augen.
    »Aber das ist okay«, sagte sie so leise, dass er es kaum
verstand. »War nur ein Scherz. Ist okay, dass du dich nicht traust. Ist gut.«
    Sie löste sich von ihm, und sofort zersprang er vor
Sehnsucht, weil er wusste, dass sie gehen wollte, gleich, im nächsten
Augenblick. Er überlegte, wie er sie noch ein wenig halten konnte, aber es fiel
ihm nichts ein.
    Sie lächelte, und er sah, dass sich im Weiß ihrer Zähne
ein winziges Apfelfetzchen verfangen hatte, ein grünes Hautstückchen. »Lässt du
mich raus?«, fragte sie.
    »Jetzt schon?«, fragte er und wusste, es war nicht genug.
»Ja«, sagte sie. »Jetzt schon.«
    Er nickte, fuhr an den Straßenrand, dachte an sie, wie er
es seit Tagen tat. Sie öffnete die Tür, ihre Hand kam seiner ganz nahe. »Weißt
du«, sagte sie, »ich hab das hinter mir, dieses Herumziehen. Ich hab das satt.
Man kommt nie an.« Er musste sich räuspern und konnte nur nicken.
    »Bis bald«, sagte sie und lächelte. Ihr Duft war wie eine
Brise von Südsee und Mond. »Nein«, sagte sie. »Man kommt nie an.« Dann war sie
fort.
    Marie in der Straßenbahn. Ohne Fahrschein. Titten wie
Honigmelonen. Augen wie Äpfel. Nie angekommen. Marie eben. Natürlich ohne
Fahrschein.
     
    Auf dem Weg nach Hause bog Franza ab und fuhr am Theater
vorbei, in dem Port Abend für Abend auf der Bühne stand.
    Sie hatte ihn noch nie spielen sehen, ging nicht ins
Theater, es war nicht ihre Welt. Sie wusste, dass ihn das kränkte, obwohl er es
nicht zugab. Sie wusste, dass er wollte, dass sie ins Theater kam, dass sie ihm
zusah, dass sie ihn bewunderte wegen seines Spiels. Er war eitel und hochmütig,
was sein Spiel betraf, ein Faun. Es musste ein Schlag für ihn gewesen sein
festzustellen, dass sie, als sie sich kennenlernten, nicht wusste, wer er war,
dass sie ihn nicht von der Bühne her kannte und nichts mit seinem Namen
anzufangen wusste. Franza musste lächeln, wenn sie daran dachte. Er hatte sich bemüht,
seine Betroffenheit zu verbergen, aber der Schock war nicht zu übersehen
gewesen. Seine Wohnung erwies sich als praktisches Rückzugsgebiet, allerdings
hatte er keine Kaffeemaschine, etwas, das sie würde ändern müssen. Vor dem
Haus, in dem er wohnte, stellte sie das Auto ab, legte den Kopf an die Lehne
und schloss die Augen. Obwohl es wenig Sinn hatte zu warten, weil es Stunden
dauern würde, bis er kam, weil er dann müde sein würde, vielleicht auch ein
wenig angetrunken, überlegte sie vage und vorsichtig, es trotzdem zu tun, und
glitt in einen Traum.
     
    Als das Handy klingelte, schreckte sie hoch. Es war ihr
Mann. Max. »Franza?«, fragte er. »Was ist los? Kommst du? Ich koche.«
    Sie musste unwillkürlich lachen. Er kochte neuerdings.
Seit im Fernsehen diese unzähligen Kochshows und Serien liefen und es modern
geworden war, dass Männer zu Hause kochten, kochte auch Max. Zwar bestritt er
vehement den Zusammenhang, aber Franza ließ ihn sich nicht ausreden.
    »Ja«, sagte sie und spürte, wie der Hunger des ganzen Tages
über ihr zusammenbrach. »Ich bin schon unterwegs. Zwanzig Minuten.«
    Sie legte auf, seufzte, warf einen sehnsüchtigen Blick
hinauf zu den Fenstern im fünften Stock, startete den Wagen und fuhr los nach
Hause.
    Port hatte von Anfang an geahnt, dass sie verheiratet war.
Wie bei jedem ihrer Seitensprünge hatte sie beim ersten Treffen gemeint: »Ich
werde dir nichts sagen.
    Keinen Namen. Nichts. Können wir das so machen? Bist du
einverstanden?«
    Port zog spöttisch den rechten Mundwinkel hoch und hob
gegengleich die Augenbraue.
    »Ja«, sagte er. »Einverstanden. Ich weiß ohnehin alles.
Alles Wichtige. Deine Ehe, falls du das meinst, deine Ehe sieht man dir aus
zwanzig Metern Entfernung an.«
    »Ja?«, fragte sie schmollend. »Ist das so?«
    »Ja«, sagte er. »Das ist so.«
    Da beschloss sie, alles, was geschehen würde, einfach
zuzulassen. Aber es geschah gar nicht so viel. Sie vögelten einfach. Das
allerdings in absoluter Vollendung. Und mit ebensolchem Pathos. Als sei es
Anfang und Ende. Und sie dachte, aha, so also geht das, so ganz nebenbei, das
wirft dich nach vorne. Eine Stunde später hatte sie einen Termin. Aber sie war
nicht pünktlich. Zum ersten Mal nicht. Sie musste durchatmen. An der Donau. Die
rauschte vorüber, gleichmäßig, aber ohne Geduld, und Franza dachte, so also ist
das jetzt. Und dachte, ich weiß seinen Namen nicht. Und zitterte. Ein bisschen
nur, aber immerhin.
    Erneut klingelte das Handy, erschrocken fuhr sie aus
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