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Das Rattenloch

Das Rattenloch

Titel: Das Rattenloch
Autoren: Jason Dark
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selbst wuchsen Halme zwischen den dort liegenden Steinen hervor. Das Wasser war ideal für Forellen oder Lachse, aber Fische sah ich nicht. Vielleicht waren meine Augen auch nicht gut genug, denn an einigen Stellen des schnell fließenden Wassers spiegelte sich das Licht der Sonne, sodass dort tanzende Flecken entstanden, die wie kleine Geister über die Oberfläche glitten.
    Ich wartete an dieser Stelle und hielt Ausschau nach der Ratte. Zuletzt hatte ich sie am Ufer gesehen. Es konnte natürlich sein, dass sie in den Bach gesprungen war. Irgendwie wollte ich daran nicht glauben. Dann hätte sie mich nicht erst herzulocken brauchen.
    In mir hatte sich zudem der Verdacht aufgebaut, dass dieser Nager nicht nur von sich aus handelte, sondern von einer anderen Macht gelenkt wurde. Dass sie einen Boss hatte wie es damals die Rattenkönigin gewesen war.
    Plötzlich sah ich sie wieder.
    Sie sprang in die Höhe. Es geschah dicht am Wasser. Es sah so aus, als hätte ein fliegender Fisch den Bach verlassen. Aber die Ratte tauchte nicht ein. Sie war vom Ufer weggesprungen, um sich einen neuen Platz mitten im Bach zu suchen.
    Genau dort blieb sie auf einem hohen Stein hocken!
    Beim ersten Hinsehen schüttelte ich leicht den Kopf und musste sogar lächeln, weil das Tier irgendwie putzig und possierlich aussah. Zudem begann es noch, sich zu putzen. Man konnte wirklich Spaß an dem Nager haben.
    Die Gene der Ratten und Mäuse sind mit denen der Menschen sehr verwandt. Deshalb wurden diese Tiere auch gern für Versuchszwecke genommen, wenn neue Medikamente entwickelt wurden. Plötzlich schoss mir dieser Gedanke durch den Kopf. Ich kannte den Grund selbst nicht, aber ich glaubte nicht, dass ich hier eine aus dem Versuchslabor entflohene Ratte vor mir hatte.
    Der Nager hatte sich einen guten Platz ausgesucht, denn auf dem Stein wurde er vom Sonnenlicht bestrahlt und ließ es sich gut gehen. Ich verstand auch weiterhin nicht, warum ich gerade hier an den Bach gelockt worden war, bis sich plötzlich eine kleine Wolke vor die Sonne schob, als wollte sie ein bestimmtes Zeichen setzen.
    Es wurde etwas dunkler, doch die Luft blieb klar, und ich sah die Bewegungen, an dieser Seite des Bachs ebenso wie am gegenüberliegenden Ufer.
    Ratten!
    Zahlreiche dieser Tiere huschten durch das hohe Gras. Woher sie gekommen waren, hatte ich nicht gesehen, doch sie boten mir ein wirklich einmaliges Schauspiel.
    Die meisten von ihnen stießen sich ab und sprangen hinein in das klare Wasser. Nur kurz kämpften sie gegen die Strömung an. Danach hatten sie sie überwunden und kletterten geschickt auf die Steine, wobei sie wieder wie Fische aus dem Wasser sprangen. Einige blieben noch am Ufer hocken und beobachteten mich.
    Ohne es zu merken hatte ich eine Gänsehaut bekommen. Für mich war dies hier wie eine Naturbühne. Ein Schauspiel wie von einem Regisseur gelenkt.
    Die Nager in unterschiedlichen Größen hockten auf den Steinen im Wasser. Sie putzten sich, sie schauten zu mir hin, und ihre Augen glitzerten hell. Sie taten nichts, sie genossen das Wasser und die Sonne.
    Manche waren dick und fett. Andere wirkten abgemagert und waren dazu noch nass. So sahen sie aus, als hätte jemand alten Stoff über Skelette gezogen.
    Mehr als fünfzehn waren es bestimmt, wie ich auf die Schnelle zählte.
    Mir kam wieder in den Sinn, dass hier Menschen verschwunden waren, und ich dachte daran, dass die Ratten, wenn sie hungrig waren und in einem derartigen Pulk auftraten, auch den Menschen das Fleisch und die Haut vom Körper fressen konnten, denn ihre Zähne waren spitz und hart wie Stahl.
    Ich wurde angeschaut. Jedes Augenpaar war auf mich gerichtet. Als wären die Tiere dabei, schon zu überlegen, wann, wo und wie sie mich angreifen wollten.
    Wo waren die Tiere hergekommen? Wo, zum Henker, hatten sie sich versteckt gehabt? Gab es in der Nähe ein Loch? Ein richtiges Rattenloch, in das sie ihre zweibeinige Beute hineintrieben, um sie dort zu verspeisen?
    Der Gedanke daran bereitete mir keine Freude, aber ich durfte ihn auch nicht vergessen.
    Die ersten sprangen wieder ins Wasser. Ich hörte das Klatschen, dann sehen sie aus wie dicke Klumpen, die sich mit Wasser vollgesaugt hatten. Oder auch wie kleine Biber, die es auch in Schottland gab. Keine Ratte kümmerte sich um mich, und ich wusste auch nicht, was ich hier noch sollte.
    Bis ich den Pfiff hörte!
    Ein schrilles Geräusch, das auf keinen Fall von einer Ratte stammte. Mochten sie sich auch pfeifend und fiepend
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