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Das Rätsel der Rückkehr - Roman

Das Rätsel der Rückkehr - Roman

Titel: Das Rätsel der Rückkehr - Roman
Autoren: Verlag Das Wunderhorn <Heidelberg>
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nehmen musste, waren schon in ihm angelegt.
    In einer Nacht wie dieser sah er wohl
    am Himmel aufgeschlagen
    eine Karte, wo lebensgroß
    Krankenhäuser, Gefängnisse, Botschaften verzeichnet waren,
    die steifen Partys und die einsamen Nächte,
    denen er später begegnen sollte.
    Und wenn der Mond hell war und voll,
    sah er wohl auch mein Leben
    in Verlängerung des seinen
    und seinem so ähnlich.
    Wir haben jeder einen Diktator.
    Bei ihm war es der Vater, Papa Doc.
    Bei mir der Sohn, Baby Doc.
    Dann das Exil ohne Rückkehr bei ihm.
    Und diese rätselhafte Rückkehr bei mir.
    Mein Vater ist zurückgekommen
    in das Dorf seiner Geburt.
    Ich habe ihn zurückgebracht.
    Nicht den Körper, den das Eis
    bis an die Knochen verbrennt.
    Sondern den Geist, der es ihm erlaubte,
    der allerhöchsten Einsamkeit
    gegenüberzutreten.
    Um dieser Einsamkeit zu trotzen
    während der grauen Tage
    und der eiskalten Nächte,
    wie oft ließ er wohl
    seine frühesten Bilder
    in seinem Kopf ablaufen
    von Baradères im Regen?
    Er in Baradères.
    Ich in Petit-Goâve.
    Dann folgt jeder seinem Weg
    in der weiten Welt.
    Um zum Ausgangspunkt zurückzukehren.
    Er hat mir die Geburt geschenkt.
    Ich kümmere mich um sein Ende.
    Zwischen Geburt und Tod
    sind wir uns kaum begegnet.
    Ich habe keine Erinnerung
    an meinen Vater, der ich sicher wäre.
    Die nur mir gehörte.
    Es gibt kein Foto
    von uns beiden allein.
    Außer im Gedächtnis
    meiner Mutter.

Ein Landeskind
    Ich hatte die Ankunft
    des neuen Tages nicht bemerkt,
    da höre ich schon das Raunen der kleinen Stadt,
    die aufwacht wie ein Dienstmädchen.
    Auf Zehenspitzen.
    Eine Frau bringt mir Kaffee.
    Die weiße Tasse.
    Das bestickte Tuch.
    Sie wartet ab, bis ich getrunken habe.
    Die Art von Baradères, Guten Tag zu sagen.
    Der Mann kam etwas später. Mit seinem Hut vor der Brust. Ich mache ihm neben mir Platz. Er lässt sich nieder. Lange Zeit redet er nicht. Das ist mein Grab, beginnt er leise. Meine ganze Familie seit vier Generationen ist hier. Ich springe sofort auf. Bleiben Sie. Für uns ist das eine Ehre. Wieder dieses Schweigen, das ich nicht brechen will. Meine Frau hat Sie erkannt. Ach, Sie kennen mich? Legba. Er hält mich für den Gott an der Grenze zwischen sichtbarer und unsichtbarer Welt. Der Gott, der gestattet, ins Jenseits einzutreten. Ich war nicht im Lande. Das wissen wir. Ich bin gekommen, um meinen Vater zu begraben, und ich bin es, der in dessen Geburtsort wie ein Gott empfangen wird. Wir haben auf Sie gewartet, sagt er würdevoll. Aber ich bin nicht Legba. Sie sind der Sohn von Windsor K., meinem Klassenkameraden. Wir haben hier zusammen die Grundschule besucht. Da bin ich platt. Wenn wir nicht gewusst hätten, wer Sie sind, würden Sie jetzt nicht mehr leben. Sie sind nicht der Erste, der hier einen nahen Verwandten begraben will. Ach so. Aber es ist das erste Mal, dass einer ohne Leiche kommt, und dazu in Begleitung von Legba. Und Legba hat unser Grab gewählt, um darauf die Nacht zu verbringen. Wir verdienen eine solche Ehre nicht. Ich frage mich, an welchem Zeichen haben Sie Legba erkannt? An dem schwarzen Huhn. Dem Huhn? Ja sicher, an dem schwarzen Huhn. Na klar! Manchmal muss man so tun, als ob man verstünde. Auf diese Art lernt man rasch, denn hier wird dir keiner erklären, was du wissen musst.
    Ein großer magerer und räudiger Hund
    kommt, um sich an seinem Bein zu reiben.
    Ich frage mich, ob der nicht auch
    ein Gott ist.
    Den ich in dieser Nacht sah, im Sternbild des Hundes.
    Die Kinder laufen über den Friedhof
    zur Schule.
    Im Vorbeigehen streifen sie mit der Handfläche
    über das Grab ihrer Ahnen.
    Eine Weise, täglich in Kontakt
    mit dieser Welt zu bleiben.

Der letzte Schlaf
    Zu Land oder zu Wasser?
    Ich wähle das Meer.
    Gerade ist ein Segelboot dabei,
    sagt mir ein Mann, sich im Hafen zu rüsten.
    Es gehört meinem Vetter Rommel.
    Ein Dorf von Vettern.
    Zuerst holen wir Holz in La Gonâve,
    das nach Pestel geliefert wird.
    An Bord der
Epiphanie
gehen einige Frauen.
    Sie brauchen Öl, Salz und Mehl.
    Waren für den täglichen Bedarf.
    Sie bringen das Segelboot
    in den Takt des wirklichen Lebens.
    Unterwegs wird gefischt.
    Auf der großen salzigen Straße.
    Vor allem Kapitänsfische.
    Die Frauen schauen nie aufs Wasser.
    Die Hälfte der Besatzung kann nicht schwimmen.
    Der Sklave durfte nicht ans Meer.
    Am Strand hätte er von Afrika träumen können.
    Und ein sehnsüchtiger Sklave
    war auf der Plantage
    nicht viel wert.
    Man musste ihn töten, damit sein
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