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Das Rad der Zeit. Das Vermächtnis des Don Juan

Das Rad der Zeit. Das Vermächtnis des Don Juan

Titel: Das Rad der Zeit. Das Vermächtnis des Don Juan
Autoren: Carlos Castaneda
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dass Pirscher niemals lernen, sich ernst zu nehmen; sie lernen, über sich selbst zu lachen. Wenn sie nicht furchten, ein Narr zu sein, können sie jeden zum Narren halten. Das zweite ist, dass Pirscher lernen, unendliche Geduld aufzubringen. Pirscher sind nie in Eile; sie regen sich nicht auf. Und das dritte Resultat ist, dass Pirscher lernen, grenzenloses Improvisationstalent zu entwickeln.
     
    Krieger sehen die kommende Zeit. Normalerweise sehen wir die Zeit hinter uns zurückweichen. Nur Krieger können dies ändern und sehen die Zeit auf sich zu kommen.
     
    Krieger haben nur eines im Sinn: ihre Freiheit. Zu sterben und vom Adler gefressen zu werden, ist keine Herausforderung. Andererseits ist es die höchste Kühnheit, sich am Adler vorbeizuschleichen und frei zu sein.
     
    Wenn Krieger über die Zeit sprechen, meinen sie nicht etwas, das sich am Gang einer Uhr messen ließe. Zeit ist die Essenz der Aufmerksamkeit; die Emanationen des Adlers bestehen aus Zeit; und genau genommen macht sich ein Krieger, wenn er in andere Aspekte des Selbst eintritt, mit der Zeit vertraut.
     
    Ein Krieger kann nicht mehr weinen, und sein einziger Ausdruck von Schmerz ist ein Schauder, der aus den Tiefen des Universums kommt. Es ist, als bestünde eine der Emanationen des Adlers aus schierem Schmerz, und wenn sie den Krieger trifft, ist das Erschaudern des Kriegers grenzenlos.

 
Kommentar
    Es war ein eigenartiges Gefühl für mich, die Zitate aus Die Kunst des Pirschens noch einmal zu prüfen. Sofort spürte ich die straffe Spirale des Wollens jener Schamanen im alten Mexiko am Werk, so lebhaft wie eh und je. Da wusste ich ohne die Spur eines Zweifels, dass die Zitate aus diesem Buch von ihrem Rad der Zeit regiert waren. Außerdem wusste ich, dass dies bei allem der Fall gewesen war, was ich in der Vergangenheit getan hatte, etwa dem Schreiben der Kunst des Pirschens, und dass es bei allem, was ich tue, der Fall ist, wie etwa jetzt, da ich dieses Buch zusammenstelle. Da ich nicht weiß, wie ich diese Tatsache erklären soll, bleibt mir nichts anderes übrig, als sie in Demut zu akzeptieren. Die Schamanen des alten Mexiko arbeiteten tatsächlich mit einem anderen Erkenntnissystem, und durch Elemente dieses kognitiven Systems konnten sie mich heute noch immer auf positivste, erhebendste Weise beeinflussen. Dank der Bemühungen von Florinda Matus, die mich zwang, die kompliziertesten Variationen geläufiger - einst von den Schamanen alter Zeiten ersonnener - schamanistischer Techniken zu erlernen, wie etwa die Rekapitulation, war ich zum Beispiel in der Lage, neue Eindrücke von meinen Erlebnissen mit Don Juan zu gewinnen, Eindrücke von einer Intensität, die ich mir nicht hätte vorstellen können. Mein Buch Die Kunst des Pirschens ist das Ergebnis dieser meiner Eindrücke von Don Juan Matus.
    Rekapitulieren bedeutete für Don Juan Matus, dass man alles, was einem im Leben widerfahren ist, auf einen Schlag wieder belebt und umarrangiert. Er kümmerte sich nicht um die Details komplizierter Variationen dieser alten Technik. Florinda dagegen war von einer ganz anderen Gründlichkeit. Monate verwandte sie darauf, mich auf Aspekte der Rekapitulation vorzubereiten, die ich bis heute nicht zu erklären weiß. »Es ist die Grenzenlosigkeit des Kriegers, die du erlebst«, erklärte sie. »Die Techniken sind da. Na und? Von höchster Bedeutung aber ist der Mensch, der sie benutzt, sowie sein Verlangen, ihnen bis zuletzt treu zu bleiben. « Don Juan nach Florindas Methode zu rekapitulieren bescherte mir Eindrücke von Don Juan, die von unerträglichem Detail- und Bedeutungsgehalt waren. Es war unendlich viel intensiver, als mit Don Juan selbst zu sprechen. Florindas pragmatische Einstellung vermittelte mir verblüffende Einsichten in praktische Möglichkeiten, die für den Nagual Juan Matus eher belanglos gewesen waren. Als echte Pragmatikerin machte sich Florinda keine Illusionen über sich selbst und hegte keine Größenträume. Sie bezeichnete sich als eine Pflügerin, die es sich nicht leisten könne, eine einzige Kehre ihrer Spalten zu überspringen.
    »Ein Krieger muss langsam vorgehen«, empfahl sie mir, »und jedes Element nutzen, das sich ihm auf dem Weg der Krieger bietet. Eines der bemerkenswertesten Elemente ist die uns als Kriegern eigene Fähigkeit, unsere Aufmerksamkeit mit unbeirrbarer Kraft auf erlebte Ereignisse zu richten. Krieger können ihre Aufmerksamkeit sogar auf Menschen konzentrieren, denen sie nie begegnet
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