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Das Pestkind: Roman (German Edition)

Das Pestkind: Roman (German Edition)

Titel: Das Pestkind: Roman (German Edition)
Autoren: Nicole Steyer
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kleine Gemälde von sich heraus. Albert hatte es ihr mitgebracht.
    »Ich will es Euch schenken. Es soll Euch immer an mich erinnern.«
    Verwundert blickte der Mönch auf das kleine Bild. Er konnte es nicht fassen. Es war ein Meisterwerk, bezaubernd und einzigartig. So etwas Wunderbares hatte ihm noch nie jemand geschenkt.
    Bewundernd strich er über den geschnitzten Holzrahmen und zog Mariannes Züge auf dem Gemälde mit den Fingerspitzen nach.
    »Ich werde es hüten wie meinen Augapfel.«
    Er reichte das Bild an Johannes weiter, trat einen Schritt vor und umarmte Marianne.
    »Du wirst immer einen Platz in meinem Herzen haben, und auch ohne das Gemälde werde ich dein wunderschönes Antlitz nicht vergessen. Ist es doch ein Teil meiner Seele. Gott beschütze dich.«
    Er löste die Umarmung und küsste sie auf die Stirn.
    Dicke Tränen rannen über Mariannes Wangen. Schniefend trat sie neben Albert, der dem Mönch die Hand zum Abschied reichte.
    »Habt Dank für Eure Gastfreundschaft, sie war nicht selbstverständlich.«
    Er wollte seine Hand wieder zurückziehen, doch der Mönch hielt sie fest.
    Ernst sah er dem jungen Schweden in die Augen.
    »Für einen Freund steht unsere Tür immer offen.«
    Albert senkte sein Haupt. Claude, der die ganze Zeit über bei den Pferden gewartet hatte, mahnte zum Aufbruch.
    »Es wird Zeit, Albert.«
    Sie verließen den Hof, und Albert half Marianne in die kleine Kutsche, die er extra für sie angemietet hatte.
    Pater Franz und Pater Johannes folgten ihnen nach draußen und beobachteten schweigend, wie das letzte Gepäck verstaut wurde und die Männer auf ihre Pferde stiegen.
    Marianne steckte ihren Kopf aus dem Fenster der Kutsche und winkte zum Abschied.
    »Auf Wiedersehen. Ich werde Euch schreiben, fest versprochen.«
    Die beiden Mönche wurden immer kleiner und verschwanden irgendwann ganz. Wehmütig blickte Marianne auf die Berge und die Häuser der Stadt. Wieder einmal musste sie sich von ihnen verabschieden, und wie es schien, für immer.
    Plötzlich tauchte Albert neben ihr auf und reichte ihr die Hand. Er erriet ihre Gedanken.
    »Ich verspreche dir: Ich werde dir eine neue Heimat schenken. Ein wundervolles Zuhause, in dem du glücklich sein wirst.«
    Marianne versuchte zu lächeln. Ihr Blick wanderte von ihm zu den Bergen und wieder zurück.
    Danach drückte sie fest seine Hand.
    »Glaube mir«, antwortete sie, »ich bin glücklich, so glücklich, wie ich es noch niemals im Leben war.«

Epilog
    Marianne stand vor dem Spiegel und erkannte sich selbst nicht mehr. Wohin war die Frau verschwunden, die sie heute Morgen noch gewesen war, als sie nach dem Aufstehen lange am Fenster gestanden und über die schneebedeckten Dächer Nürnbergs geblickt hatte. Ihre Augenbrauen waren mit schwarzer Kohle nachgemalt und ihre Lippen rot geschminkt worden. In ihrem hochgesteckten Haar funkelten viele kleine Perlen. Darüber trug sie den prachtvollen hellblauen Spitzenschleier. Wunderschöne Brillantohrringe zierten ihre Ohren und funkelten im Sonnenlicht, das durch die Fenster hereinfiel. Sie konnte kaum atmen, so eng war ihr Korsett geschnürt worden. Vorsichtig drehte sie sich zur Seite. Ihr Kleid war atemberaubend. Spitze, Seide und Tüll umhüllten sie. Das Oberteil, das wie eine Korsage gearbeitet war, zierten viele weiße Perlen, die mit silbernen Fäden aufgestickt worden waren, und den Saum und die Schleppe des Kleides schmückte die gleiche Spitze, die auch im Schleier verarbeitet worden war.
    Genau so, wie es Anna Margarethe damals gewollt hatte, dachte Marianne. Bei der Erinnerung an diesen Tag lächelte sie. Stunden hatte sie auf dem Hocker, der Schneiderin ausgeliefert, zugebracht, doch das Ergebnis war überwältigend. Sie hatte es damals schlichter haben wollen, doch jetzt schien es genau richtig zu sein. Beseelt strich sie mit der Hand über den weichen Stoff und fuhr vorsichtig mit den Fingern über die kostbaren Perlen.
    »Du siehst wunderschön aus.«
    Erschrocken drehte sich Marianne um. Sie hatte nicht gehört, dass jemand eingetreten war.
    Pater Franz stand vor ihr und lächelte.
    Ungläubig sah sie den Mönch an.
    Der Abt ging auf sie zu und blieb vor ihr stehen.
    »Ich getraue mich gar nicht, dich anzufassen, bei all dem vielen Stoff.«
    Marianne war sprachlos vor Freude. Was machte Pater Franz hier in Nürnberg?
    »Aber …«
    Anna Margarethe betrat lächelnd den Raum.
    »Es war Alberts Idee. Er wollte dich überraschen.«
    Marianne glaubte immer noch, einem Geist
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