Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Patent

Titel: Das Patent
Autoren: Lincoln Child
Vom Netzwerk:
nicht auf eine Richtung festlegen, die dir gefällt?«
    Georgia zuckte die Achseln. »Dazu bin ich zu intelligent.«
    Der Unterschied zeigte sich, als sie das Ende der Ausfahrt erreichten. Der Straßenbelag war anders. Im Gegensatz zum von Rissen übersäten Beton des US Highway 95, der wie die Haut eines Reptils von zahllosen Flickstellen wimmelte, war dieser hier blass, glatt und wesentlich breiter als die Fahrbahn, die sie gerade verlassen hatten. Aufwändige Lampen schwangen sich elegant über den Asphalt. Zum ersten Mal seit dreißig Kilometern sah Warne andere Fahrzeuge vor sich auf der Straße. Er folgt ihnen, als die Straße glatt und ebenmäßig aus der ausgelaugten Ebene anstieg. Die Schilder waren weiß und mit blauen Buchstaben beschriftet, die offenbar alle das Gleiche zu sagen hatten: »Besucherparkplatz geradeaus.«
    Der um diese Zeit fast leere Parkplatz war so groß, dass er einen fast benommen machte. Warne folgte den Pfeilen und kam an einer Reihe überdimensionaler Werbetafeln vorbei, die aufgrund der Ausdehnung des Asphalts wie winzige Insekten wirkten. Als er erfahren hatte, dass im Park täglich siebzigtausend Besucher abgefertigt wurden, hatte er ungläubig geprustet. Doch nun neigte er dazu, es zu glauben.
    Georgia, auf dem Sitz neben ihm, schaute sich um. Trotz der einstudierten Blasiertheit des typischen Teenagers konnte sie ihre Gespanntheit nicht gänzlich verbergen.
    Zwei Kilometer weiter erreichten sie das Ende des Parkplatzes und ein lang gestrecktes, flaches Gebäude. Art-deco-Buchstaben auf dem Dach verkündeten: »Einschiffung.«
    Hier standen weitere Autos. Außerdem wimmelte es von kurz behosten, Sandalen tragenden Menschen. Als Warne auf ein Kassenhäuschen zufuhr , tauchte ein Parkplatzwächter auf und signalisierte ihm, er solle die Seitenscheibe herunterdrehen. Der Mann trug ein weißes Polohemd. Auf seiner linken Brusthälfte war das Emblem eines kleinen Vogels zu sehen.
    Warne griff in einen Schnellhefter und entnahm ihm eine laminierte Karte. Der Angestellte studierte sie, dann nahm er ein Lesegerät vom Gürtel und schaute auf den Monitor. Kurz darauf händigte er Warne die Kennkarte wieder aus und winkte ihn durch.
    Warne stellte den Wagen neben einer Reihe gelber Zubringerbusse ab und ließ die Karte in der Hemdtasche verschwinden. »Wir sind da«, sagte er. Dann schaute er reglos zum Einschiffungsgebäude hinüber und dachte kurz nach.
    »Du hast doch wohl nicht vor, wieder mit Sarah anzubandeln, oder?«
    Warne, von der Frage überrascht, drehte den Kopf. Georgia wich seinem Blick nicht aus.
    Es war manchmal wirklich bemerkenswert, wie sie seine Gedanken las. Vielleicht lag es daran, dass sie so viel Zeit miteinander verbrachten; dass sie sich in den letzten Jahren sehr oft aufeinander hatten verlassen müssen. Doch egal, woran es lag: Es konnte einem gelegentlich auf die ´nerven gehen.
    Besonders dann, wenn es um sensible Dinge ging.
    Georgia nahm den Kopfhörer ab. »Tus nicht, Papa. Sie ist ne alte Aufreißerin.«
    »Pass auf, was du sagst, Georgia!« Warne entnahm dem Schnellhefter einen kleinen weißen Umschlag. »Weißt du, ich glaube, dass es auf der ganzen Welt keine Frau gibt, mit der du zufrieden wärst. Will´st du etwa, dass ich für den Rest meines Lebens Witwer bleibe?«
    Er hatte etwas heftiger reagiert als beabsichtigt. Georgias einzige Reaktion bestand darin, dass sie die Augen zum Himmel verdrehte und den Kopfhörer wieder aufsetzte.
    Andrew Warne liebte Georgia so sehr, dass es fast wehtat. Trotzdem hatte er nie geahnt, wie schwierig es werden würde, alles allein zu tun und eine Tochter aufzuziehen.
    Manchmal fragte er sich, ob er dieser Aufgabe überhaupt gewachsen war. In Augenblicken wie diesen fehlte Charlotte ihm am meisten. Sie hätte gewusst, was zu tun war. Sie hatte es immer gewusst.
    Er schaute Georgia noch einmal kurz an. Dann seufzte er, griff nach der Tür und stieß sie auf.
    Sofort fegte die Hitze eines Feuerofens in den Wagen hinein.
    Warne stieg aus und warf die Tür zu. Er wartete, bis Georgia ihren Rucksack geschultert hatte und ihm folgte. Dann eilte er über den spiegelnden Asphalt zum Transportzentrum.
    Im Inneren war es erfreulich kühl. Das Zentrum sah makellos und funktionell aus und war mit hellem Holz und poliertem Metall verkleidet. Mit Glasfenstern versehene Kassenschalter zogen sich in endlosen Reihen nach links und rechts, doch bis auf einen, der genau vor ihnen lag, waren alle unbesetzt. Warne zeigte die laminierte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher