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Das Patent

Titel: Das Patent
Autoren: Lincoln Child
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Kamerareihen. Er sah benommene, aber glückliche Gesichter.
    »Gib mir Bescheid, wenns was Gutes zu sehen gibt«, fuhr Cale fort. »Ein Restaurantkoch hat mir erzählt, dass heute Abend ne Prominentenmeute hier aufkreuzen soll. Vielleicht komm ich nach der Schicht vorbei.«
    Auf der Schalttafel vor Presley blinkte eine rote Warnleuchte. »Muss Schluss machen«, sagte er. Er drückte einen Knopf, der ihn mit dem Tower verband. »Ich hab hier nen Sicherungskrallen-Ausfall an der Omegakurve.«
    »Yeah, seh ich«, kam die Antwort. »Was machen die Roboter?«
    »Schmierarbeiten am >Gespensterteich<.«
    »Okay. Ich sag der Werkstatt Bescheid.«
    »Verstanden.« Presley lehnte sich zurück und beobachtete erneut die Monitore. Die Warnlichter gingen alle Nase lang an. Die Achterbahnen verfügten über so viele überflüssige Sicherungen, dass es nie einen Grund zur Sorge gab.
    Die meisten Alarme waren ohnehin Fehlschüsse. In Gefahr befanden sich nur die Mechaniker, die rechtzeitig die Rübe und die Pfoten einziehen mussten, wenn die Achterbahn fuhr.
    Corey hielt sich krampfhaft an der Haltestange fest und schrie aus vollem Halse. Er spürte den Druck der Schwerkraft auf seinem Brustkorb. Sie zerrte beharrlich an seinen Achselhöhlen und wollte ihn aus dem Wagen heben. An der höchsten Stelle der Erhebung, sagte die Beschreibung, wurden die imaginären Pferde von einer geisterhaften Erscheinung erschreckt und gingen durch. Corey war von einem lärmenden Pandämonium umgeben: dem Rattern der außer Rand und Band geratenden Kutsche, dem schrillen Wiehern der in Panik geratenen Pferde. Und alles wurde vom durchdringenden Kreischen seiner Schwester übertönt, das ihn sehr freute. So was Tolles hatte er noch nie erlebt.
    Nun jagten sie einen gepflasterten Hügel hinab und fegten an einer Reihe erstaunlich realistischer Kulissen vorbei: einem einsamen Geistersee, einem Labyrinth finsterer, enger Gassen, einem Hafen mit verrottenden Kais, den die dunklen Schatten von Segelschiffen beherrschten. Dann ruckte die Kutsche - einmal, zweimal - so heftig hoch, dass Coreys Magen einen Purzelbaum schlug. Er klammerte sich noch fester an die Stange als zuvor, denn auch ihm waren die Gerüchte über das zu Ohren gekommen, was ihn am Ende der Fahrt erwartete: Die Kutsche würde den Hügel hinabstürzen und geradewegs durch das schwarze Nichts segeln.
    »Ich bin an Kralle 91. Is nix dran. Hör mal, Dave, weißte eigentlich, warum Ärzte, wennse deine Nüsse inne Hand nehmen, immer sagen, du sollst den Kopf zur Seite drehen?«
    »Nee.«
    Presley lauschte dem Funkgeplapper der Mechaniker mehr oder weniger automatisch, hörte aber nicht richtig hin. Sein Blick wanderte über die Monitore, dann nahm er sich wieder die »Georgica« vor. Er hatte seinen Abschluss in Berkeley in klassischer Literatur gemacht und eigentlich immer seinen Doktor machen wollen, aber jetzt brachte er nicht mehr die Kraft auf, Utopia zu verlassen und das Studium noch mal aufzunehmen. Es sah so aus, als sei er der einzige Mensch in Nevada, der Latein sprach. Er hatte mal versucht, seine diesbezüglichen Kenntnisse anzuwenden, um eine Frau aufzureißen. Es hatte nicht geklappt.
    »... tja, jemand hats mir erklärt. Die Ärzte wollen nicht, dass man ihnen, wenn man hustet, ins Gesicht spuckt.«
    »Echt? Das is alles? Und ich hab immer gedacht, die sagen das aus anatomischen Gründen, weil. He, gütiger Himmel, Kralle 94 ist ausgebrannt.«
    Presley richtete sich auf und hörte genauer hin.
    »Was soll das heißen, Mann - >ausgebrannt    »So, wie ichs gesagt hab. Sie qualmt und stinkt wie die Sau. Ist wahrscheinlich überlastet worden. Hab so was noch nie gesehen, nich mal im Simulator. Kralle 95 sieht so ähnlich aus.«
    Presley sprang auf. Hinter ihm rotierte ratternd sein Drehstuhl. Er warf einen Blick auf die Schaubildanzeige der Achterbahn. Die Sicherungskrallen 94 und 95 kontrollierten das letzte senkrechte Gefälle der Omegakurve.
    Das war nicht gut. Na schön, die Sicherheitssysteme würden jeden sich nähernden Verkehr anhalten. Aber er hatte noch nie gehört, dass eine Kralle versagt hatte. Schon gar nicht zwei hintereinander. Es gefiel ihm nicht. Er griff nach dem Funkgerät und sprach den Operator im Tower an. »Frank, lass alles fallen! Schalt das Ding ab!«
    »Schon dabei. Aber... Oh, mein Gott... Da kommt noch ne Fuhre.«
    Presleys fachmännischer Blick flog zu den Monitoren hinüber. Was er sah, ließ das Blut in
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