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Das Paradies liegt in Afrika

Das Paradies liegt in Afrika

Titel: Das Paradies liegt in Afrika
Autoren: Elfie Ligensa
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siebzehnten Jahrhundert stammten, aus der Zeit, da Jan van Riebeeck diesen Ort dazu ausersehen hatte, Anlaufstelle für die Handelsschiffe auf dem Weg nach Indien zu sein. Morsche Holzschuppen, neuere Lagerhallen, düstere Kneipen und massiv gebaute Verwaltungsgebäude der verschiedenen Handelsgesellschaften wechselten sich ab. Dazwischen fanden sich immer wieder Wirtshäuser mit düsteren Hinterhöfen und Bordelle, in denen es wie eh und je hoch herging, wenn wieder ein neues Schiff in den Hafen einlief.
    Es war eine Welt, die sich von dem Leben im Stadtkern von Kapstadt gravierend unterschied.
    In den letzten Jahrzehnten waren immer größere, prachtvollere Häuser errichtet worden. Weiß oder gelb getüncht und mit Ornamenten verziert, zeugten sie vom neuen Reichtum der Bewohner, die aus England, Holland, dem preußischen oder habsburgischen Reich hergekommen waren und am Kap eine neue Heimat gefunden hatten. Seit 1859 wurde an der Eisenbahnstrecke von Kapstadt nach Wellington, der nordöstlich gelegenen Siedlung im Weinland, gebaut. Für die meisten Bewohner der Region war diese neumodische Errungenschaft wie ein Wunder, jeder wollte dieses Gefährt bestaunen, doch viele gestanden ein, dass sie Angst hätten, einmal einen Zug zu besteigen.
    Sophie und Karl hingegen waren gespannt darauf, zum ersten Mal mit einer Eisenbahn fahren zu können. Mit dem Amerikaner Cornelius Vanderbilt stand Sophie in regem Schriftwechsel. Ihr Vater, vor drei Jahren verstorben, war mit dem visionären Reeder, der sein Vermögen einst mit dem Betrieb von Segelschiffen gemacht hatte und nun in Amerika einige Eisenbahnlinien betrieb, gut bekannt gewesen. Vor einigen Monaten bereits hatte Cornelius Vanderbilt die Ruhlands eingeladen, ihn zu besuchen. Während Karl die weite Seereise scheute, war Sophie begierig darauf, die Neue Welt kennenzulernen, und hatte diese Einladung angenommen – wenn der Termin der Reise auch noch nicht feststand.
    Josy, die Schwarze, die seit mehr als vier Jahrzehnten auf dem Gut lebte, schenkte Kaffee aus. Als blutjunges Ding war sie einst nach Hopeland gekommen und war der Familie eng verbunden.
    Â»Wir fahren gleich nach dem Frühstück los«, sagte Sophie. »Hast du alles gepackt, Josy?«
    Â»Alles ist fertig, Missis Sophie. Die Kutsche steht bereit, die Koffer sind aufgeladen.«
    Â»Danke.« Sophie nickte ihr zu. »Ist meine Schwiegertochter schon aufgestanden?«
    Ein Lächeln glitt über Josys Gesicht. »Sie stillt das Baby. Klein Charlotte war ziemlich unruhig in der letzten Nacht.«
    Â»Sie ist doch nicht krank?«, erkundigte sich Karl Ruhland besorgt.
    Â»Aber nein! Ich denke, die ersten Zähnchen machen ihr Probleme.« Sie wandte sich um, als ein kleiner Junge mit lockigem, braunschwarzem Haar ins Zimmer stürmte. Er trug kurze dunkelblaue Hosen und dazu ein hellblaues Leinenhemd, das er nicht ganz zugeknöpft hatte. »Victor! Hab ich dir nicht gesagt, du sollst warten, bis ich komme und dich hole?«, schimpfte Josy liebevoll.
    Â»Hab aber jetzt Hunger!« Der Vierjährige lief zu Sophie und schmiegte sich an sie. »Granny, bekomme ich heute Pfannkuchen mit Sirup?« Er schob trotzig die Unterlippe vor. »Victor hat keinen Hunger auf Brei. Bin doch kein Baby mehr!«
    Sophie strich ihrem ältesten Enkel zärtlich übers Haar. »Natürlich bekommst du Pfannkuchen.«
    Â»Oder magst du lieber Eier mit Speck?« Karl schob ein Stück des knusprigen Frühstücksspecks auf die Gabel. »Schmeckt sehr gut. Und macht stark!«
    Â»Ja. Das mag ich auch!« Victor, der seinen Namen in Anlehnung an Queen Victoria bekommen hatte, nickte begeistert und kletterte neben seinen Großvater auf einen hochbeinigen Mahagonistuhl.
    Â»Ich hole ihm noch eine Portion«, bot Josy an.
    Â»Ach was, er kann meinen Rest essen. Ich bin satt.« Karl schob dem kleinen Jungen seinen Teller hin. »Lass es dir schmecken, Junior.«
    Â»Danke.« Victor nahm das erste Stück Bacon, dazu etwas Ei, und kaute begeistert. Dass sein Hemd ein paar Fettspritzer abbekam, störte ihn nicht. Als seine Großmutter ihm eine Leinenserviette reichte, legte der kleine Junge sie achtlos beiseite.
    Â»Lass ihn heute mal«, meinte Karl, »er genießt sein Frühstück, dass es eine Freude ist, ihm zuzusehen.«
    Sophie sah ebenfalls lächelnd auf den Vierjährigen, der in diesem Moment versuchte, ein
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