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Das Orakel von Antara

Das Orakel von Antara

Titel: Das Orakel von Antara
Autoren: Gabriel Galen
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nur noch beseelt von dem inneren Zwang, nicht aufgeben zu dürfen.
    Doch wie mit einem Schlag war plötzlich alle Energie seines ausgepumpten Körpers e rschöpft. Einige Sekunden stand er noch reglos da, dann brach er wie vom Blitz gefällt zusammen. Das laute Weinen des Kindes erreichte sein Bewusstsein nicht mehr.
     
    *****
     
    Loran, der Bauer, saß am lodernden Feuer des Kamins und schnitzte an einer neuen Angelrute. Von Zeit zu Zeit hob er den Kopf und lauschte auf das Tosen des Schneesturms, dessen heulendes Pfeifen sogar das Klappern des Webstuhls übertönte, den die fleißigen Hände seines Weibes Mara ständig in Bewegung hielten. Loran hoffte inständig, der Sturm würde sich legen, sonst würde er morgen die Löcher nicht mehr wiederfinden, die er mit viel Mühe in das dicke Eis des Flusses geschlagen hatte. Doch das Brausen ließ nicht nach, und Loran wurde immer missmutiger.
    Plötzlich hob der große Hund, der friedlich zu seinen Füßen geschlafen hatte, den Kopf. Mit einem Satz war das Tier auf den Fü ßen und lief aufgeregt zur Tür. Jaulend begann er an der Tür zu kratzen.
     
    „Was ist denn los, Bolder?“ rief Loran und stand auf.
    Der Hund kam zu ihm gelaufen und schnappte nach dem Zipfel von Lorans Jacke. Ung eduldig zog er seinen Herrn zur Tür.
     
    „Er will dir irgendetwas zeigen“, sagte Mara. „Sieh nur, wie aufgeregt er ist! Oh je, jetzt hat er mit seiner Jaulerei auch noch Reven aufgeweckt, und ich war so froh, dass der Junge endlich schlief.“
     
    Sie ging zu der Wiege in der Ecke und nahm das schreiende Kind auf. Während sie den Knaben im Arm wiegte, sagte sie etwas ungeduldig zu ihrem Mann: „Nun geh' schon mit dem Hund! Du siehst doch, dass er keine Ruhe gibt. Bei dieser Aufregung hier bekomme ich das Kind nie still. Und wer weiß, was Bolder gewittert hat? Vielleicht schleichen Wölfe um den Stall, also gib Acht!“
     
    Loran zog den schweren Schafspelz vom Haken und warf ihn sich über. Dann knotete er einen Strick an Bolders Halsband und öffnete die Tür. Sofort riss der Sturm ihm die Tür aus der Hand und ein Schwall eisiger Luft trieb wirbelnde Schneeflocken ins Zimmer. Rasch eilte Loran hinaus, während Mara - mit dem Kind auf dem Arm - schnell wieder den Riegel hinter ihm vorschob.
    Bolder zog gewaltig an der Leine, und Loran folgte dem ungestüm vora ndrängenden Tier in das dichte Schneetreiben hinein. Plötzlich blieb Bolder jedoch stehen und begann an einem Schneehaufen zu scharren, der sich im Licht von Lorans Sturmlaterne nur wenig von der umgebenden Schneedecke abhob. Loran setzte die Laterne in den Schnee und beugte sich vor. Einen Augenblick starrte er entsetzt auf die aus dem Schnee ragende Hand, die das Wühlen des Hundes freigelegt hatte. Doch dann kniete er nieder und begann, den zugewehten Körper auszugraben.
    Als er den Fremden aus der Verwehung gezogen ha tte, entdeckte er zu seiner Verblüffung das Kind, das der Mann unter seiner Kleidung festgebunden hatte. Ein dünnes, kaum hörbares Wimmern bezeugte, dass das Kleine noch lebte. Auch der Mann war nicht tot, was Loran nach kurzer Untersuchung feststellte. Rasch band er das Kind los und eilte mit ihm zurück zu seinem Haus. Er wollte zuerst den Säugling retten, da er beide auf einmal nicht hätte tragen können.
    Bolder schien die Absicht seines Herrn zu verstehen, denn als Loran mit dem Kind davo nlief, legte sich der große Hund eng an den Körper des Fremden, um ihn zu wärmen, bis Loran zurückkam.
    Mara war vor Überraschung sprachlos, doch sie hatte sich schnell wieder g efangen. Ohne ein Wort der Frage nahm sie ihrem Mann das Kind aus den Armen und legte es in der Nähe des Feuers nieder. Als Loran erneut in die Nacht hinausstürmte, war sie bereits dabei, in einer großen Holzschüssel ein warmes Bad zu bereiten.
    Das Kind lag schon wohl versorgt und in Decken gehüllt auf der Kaminbank, als Loran den starren Körper des Fremden in die Stube schlep pte. Mit vereinten Kräften bemühten sie sich um den Bewusstlosen und erschraken heftig, als sie seine schweren Verwundungen freilegten.
     
    „Woher mag er wohl gekommen sein, und was ist ihm widerfahren?“ rätselte Loran. „Es sieht so aus, als sei er mit dem Knaben aus einem Überfall der Moradonen geflüchtet. Sollten diese Bestien jetzt schon so weit nach Norden kommen? Dann mögen die Götter uns beschützen!“
     
    „Was auch geschehen sein mag, ich glaube nicht, dass er die Nacht übersteht.“ Mara schüttelte sorgenvoll
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