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Das Orakel des Todes

Das Orakel des Todes

Titel: Das Orakel des Todes
Autoren: John Maddox Roberts
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sind. Wahrscheinlich gab es schon vor Iolas Eintreffen unredliche Priester. Vielleicht reicht das Ganze schon Jahrhunderte zurück, aber das lässt sich heute nicht mehr aufklären. Eines jedoch wissen wir: Unter Iolas Führung haben die Verbrechen eine ganz neue Dimension erreicht. Allerdings glaube ich nicht, dass sie allein auf die Idee gekommen ist. Die eigentliche Initiatorin war Porcia.“
    „Das musst du mir erst mal beweisen, Praetor“, schnaubte diese.
    „Alles zu seiner Zeit. Gedulde dich. Wir kommen jetzt zu dem Mord an Eugaeon und der übrigen Priesterschaft dieses ehrwürdigen Tempels.“ Mit einer weit ausholenden Armbewegung verwies ich auf die ganze Anlage. Eine elegant drapierte Toga lässt eine derartige Geste besonders anmutig und beeindruckend erscheinen, und wenn die Toga Auch noch mit einem Purpurstreifen besetzt ist, ist sie kaum zu übertreffen.
    „Früher, das heißt vor der Ankunft der einfallsreichen Iola und der Beteiligung der verschlagenen Porcia, wählten die Betrüger im Heiligtum der Hekate Ratsuchende aus, die aus weit entfernten Orten stammten und hier keine Freunde hatten, die ihr Verschwinden womöglich bemerken würden. Sie wurden in die Kammer der Styx und des Orakels geführt“, diese bedeutungsschweren Worte verkündete ich mit Grabesstimme, „und dort empfingen sie nicht etwa eine Weissagung, sondern wurden ermordet, in den Fluss geworfen und von der kräftigen Strömung auf Nimmerwiedersehen in die Tiefe gezogen, ihre Schatten dazu verdammt, auf Ewigkeit umherzuirren, weil den Toten die erforderlichen Bestattungsriten verwehrt worden waren.“ Meine Zuhörer erschauderten, in ihren Gesichtern ,stand blankes Entsetzen.
    „Doch Porcia“, fuhr ich fort und zeigte auf sie, „wusste etwas, das die Priesterschaft des Tempels nicht wusste oder vor langer Zeit vergessen hatte. Der Tunnel und die unterirdische Höhle existierten schon lange, bevor die Griechen und die Osker hierher kamen, bereits bei ihrer Ankunft war beides uralt. Irgendwann nahmen die Anhänger der Hekate den Tunnel und die Höhle in Beschlag, ohne jedoch zu wissen, dass sich über dem eigentlichen Tunnel ein Belüftungstunnel befand und dass dieser in den angeblichen Mundus auf Porcias Anwesen führte. Bis eines Tages Porcia aufkreuzte und sie in das Geheimnis einweihte. Aber du hast nicht alle Angehörigen des Tempels eingeweiht, habe ich Recht, Porcia? Du hast dein Geheimnis zunächst nur Iola anvertraut, und dann habt ihr beiden einen Plan ausgeheckt. Die Priester, Agathon oder Cronion oder wer auch immer, hätten deine Idee, die üppige Beute ohne nennenswertes Risiko versprach, ebenfalls begeistert aufgenommen. Aber du wolltest den Kreis der Mitwisser klein halten. Deshalb sorgtest du für die Beseitigung der hohen Priester und dafür, dass schließlich Iola diese Position erhielt.“
    „Warum sollte ich gegen deine Anschuldigungen protestieren?“, entgegnete Porcia. „Du hast nicht das Recht, mich zu verurteilen. Es gibt nicht einmal Geschworene. Tu, was du nicht lassen kannst - ich ziehe mit meiner Anklage gegen diesen Rechtsbruch bis vor den Senat in Rom.“
    Nach dieser Entgegnung ging Iola auf sie los. „Dir kann er natürlich nichts anhaben. Du bist eine römische Bürgerin! Aber ich bin Ausländerin und habe hier keinerlei Rechte.“
    Porcia starrte sie zornig an. „Halt den Mund! „
    Meine Vermutung war richtig gewesen, ihr Zusammenhalt zerbrach unter der Last der Beweise. Zeit, sich noch einmal Iola vorzuknöpfen. „Einen schönen Kuhhandel habt ihr euch da ausgedacht. Porcia hat für die falschen Orakelsprüche gesorgt, und du hast die Opfer ausgewählt und umgebracht, abgesehen von denjenigen natürlich, die irgendwo in der Ferne von euren Komplizen erledigt wurden, deren Namen du uns später noch nennen wirst. Elagabal und vermutlich etliche andere haben das Diebesgut für euch verschachert, und Manius Pedarius hielt den Mund und blieb dem Heiligtum fern. Nur eines hattet ihr nicht unter Kontrolle: die lästigen Priester des Apollo über euch. Sie haben seit Jahrhunderten Seite an Seite mit euch gelebt, wenn auch in vertikaler Weise, und müssen unweigerlich bemerkt haben, dass bei euch da unten seltsame Dinge vor sich gingen.“
    Ich wandte mich wieder der versammelten Menge zu und fuhr in betrübtem Tonfall fort: „Wie gern würde ich glauben, dass Eugaeon damit gedroht hat, die Anhänger der Hekate als Kriminelle und Mörderbande zu entlarven, doch es ist genauso gut denkbar,
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