Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Orakel des Todes

Das Orakel des Todes

Titel: Das Orakel des Todes
Autoren: John Maddox Roberts
Vom Netzwerk:
Stimme war die Stimme der falschen Hekate, Porcia. Wenn ein Opfer ausgesucht war, das mit Hilfe einer falschen Weissagung um sein Geld gebracht werden sollte, bist du in deinen Mundus hinab gestiegen - wir haben übrigens gesehen, wo du die Leiter hinab gelassen hast -, durch den Tunnel zu der Stelle über dem Heiligtum gegangen, hast dein Ohr an den Belüftungsschlitz gepresst und wie eine Schauspielerin auf deinen Einsatz gewartet. Wenn es ein langer Tag zu werden drohte, hast du dir etwas zu essen und zu trinken mitgenommen. Du hast reichlich Beweise zurückgelassen.“
    „Ich war es nicht“, beharrte sie.
    „Iola, komm her!“, befahl ich. Beide Frauen blickten ein wenig erschrocken, was mir sehr recht war.
    „Iola, du hast mir erzählt, du seiest vor etwa sieben Jahren aus Thrakien hierher gekommen, aber das war gelogen. Laut Aussage der Zeugin Floria warst du bereits vor zehn Jahren hier. Du warst damals eine Tempelsklavin oder hast dich zumindest als solche ausgegeben. Wie war es denn nun?“
    „Die Frau lügt! Ich war damals nicht hier, und ich war nie eine Sklavin!“

    „Ich glaube sehr wohl, dass du vor zehn Jahren hier warst, Iola, und du warst sehr wohl eine Sklavin. Der ehrenwerte Lucius Pedarius, dessen Familie seit Generationen Patronin des Apollotempels ist, hat mir Unterlagen mit detaillierten Informationen über die Priester der Hekate und des Apollo zur Verfügung gestellt. Sie enthalten unter anderem genaue Daten über den Amtsantritt sowie das Ableben der einzelnen Priester und darüber hinaus auch einige Details über die jeweiligen Todesursachen. Wie aus den Papieren hervorgeht, wurde vor zwölf Jahren ein Schwung Sklaven gekauft, unter anderem eine nicht namentlich genannte junge Frau aus Thrakien. Und genau seit dieser Zeit geschahen hier einige seltsame Dinge.“
    „Damit habe ich nichts zu tun!“, schrie sie mit bebender Stimme, kurz davor, hysterisch zu werden. „Im Heiligtum hat es schon immer Sklaven gegeben, und viele von ihnen stammen aus Thrakien, weil die Göttin in Thrakien beheimatet ist! Ich bin als Freie geboren und als Priesterin hierher gekommen!“
    „Und trotzdem glaube ich, dass es sich bei dem thrakischen Mädchen, von dem in den Unterlagen die Rede ist, im dich handelt. Im Übrigen findet sich kein Hinweis darauf, dass diese junge Frau jemals freigelassen wurde. Was das wiederum bedeutet, ist dir klar, oder?“ Iola wurde kreidebleich. Als Nicht-Bürgerin, Ausländerin und Sklavin durfte sie gefoltert werden.
    „Als du vor zwölf Jahren hierher kamst, war ein Priester namens Agathon im Amt. Er starb binnen eines Jahres nach deiner Ankunft an den gleichen Symptomen wie der kürzlich verstorbene Manius Pedarius, der meiner festen Überzeugung nach von einer erst kürzlich in seinem Haushalt aufgenommenen Sklavin vergiftet wurde. Agathons Nachfolge trat ein gewisser Cronion an, der sich kurz nach Amtsantritt bei einem Sturz das Genick brach. Auf ihn folgte Hecabe. Sie hielt etwas länger durch, nämlich mehrere Jahre, bevor sie tot in ihrem Gemach gefunden wurde. Allem Anschein nach war sie Opfer eines Anfalls geworden, jedenfalls soll ihr Gesicht schwarz angelaufen gewesen sein. Außerdem hatte sie Schaum vor dem Mund und rot hervorgequollene Augen.“
    „Das waren alles natürliche Tode, Praetor“, protestierte lola.
    „Ein Todesfall dieser Art mag vielleicht noch keinen Verdacht erregen“, räumte ich ein. „Eventuell sogar zwei. Aber drei tote Priester in so kurzer Zeit - und die Todesursache deutet jedes Mal auf Gewaltanwendung oder Vergiftung hin. Das kann kein Zufall sein.“ Iola machte ein Gesicht, als ob sie direkt in den Abgrund starrte. Porcia funkelte Iola wütend an. Sie ahnte, dass die andere auspacken würde.
    „Ach ja“, sagte ich, als wäre mir gerade noch etwas eingefallen, „bei der Durchsicht der Unterlagen der Pedarii bin ich auf etwas Eigenartiges gestoßen. Sie gehen etliche Generationen zurück und wurden schon von den Vorfahren der jetzigen Familienmitglieder penibel geführt. In ihnen finden sich ausführliche Informationen über das Patronat der Familie über den Apollotempel sowie einige wesentlich knappere über die Priesterschaft des Heiligtums der Hekate. Offenbar war die Familie in begrenztem Umfang auch Patronin dieses Kults, vermutlich weil die beiden Heiligtümer sich auf demselben Gelände befinden. Über den Kult der Hekate haben die Pedarii lediglich Dinge wie Antritt und Tod der Priester und Priesterinnen schriftlich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher