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Das Notizbuch von Sherlock Holmes, Bd. 5

Das Notizbuch von Sherlock Holmes, Bd. 5

Titel: Das Notizbuch von Sherlock Holmes, Bd. 5
Autoren: Arthur Conan Doyle
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Raum, wie Sie sehen, und endet in der Stuckrose in der Mitte der Decke, verborgen in den Ornamenten. Das Ende steht weit offen. Wenn hier das Ventil gedreht wird, kann man in den Raum Gas einströmen lassen. Sind nun Tür und Läden geschlossen und ist das Ventil voll geöffnet, würde ich keinem, der dort eingesperrt ist, noch zwei Minuten Leben bei Bewußtsein geben. Unter welch teuflischem Vorwand er sie hineingelockt hat, weiß ich nicht, aber sowie er sie drin hatte, waren sie ihm ausgeliefert.«
      Der Inspektor betrachtete das Rohr mit Interesse. »Einer unserer Beamten erwähnte Gasgeruch«, sagte er, »aber da standen Fenster und Tür offen, und die Farbe war wenigstens zum Teil schon aufgetragen. Er hatte mit dem Streichen am Tag zuvor begonnen. Aber wie ging es weiter, Mr. Holmes?«
      »Nun, es bleibt übrigens ein Zwischenfall zu erwähnen, den ich selber kaum erwartet hätte. Frühmorgens schlüpfte ich durch das Fenster der Speisekammer, da fühlte ich eine Hand am Kragen, und eine Stimme sprach: ›Na, du Schurke, was willst du hier?‹ Als ich den Kopf wieder drehen konnte, sah ich in die gefärbten Gläser meines Freundes und Rivalen Mr. Barker. Es war ein seltsames Zusammentreffen, und wir mußten beide lächeln. Es scheint, die Familie von Dr. Ray Ernest hatte ihn engagiert, Ermittlungen anzustellen, und er war zu dem gleichen Schluß gekommen, daß hier ein dreckiges Spiel getrieben wurde. Er hatte das Haus einige Tage lang beobachtet, und Dr. Watson war ihm als einer der offensichtlich verdächtigen Typen aufgefallen, die dort Besuch machten. Er konnte Watson schwerlich festnehmen, aber als er jemanden erwischte, der durchs Speisekammerfenster stieg, überschritt das die Grenze seiner Zurückhaltung. Natürlich erzählte ich ihm, wie die Dinge standen, und wir bearbeiteten von da an den Fall zusammen.«
      »Warum arbeiteten Sie mit ihm? Warum nicht mit uns?«
      »Weil ich den kleinen Test veranstalten wollte, der so vortrefflich ausfiel. Ich fürchte, so weit wären Sie nicht gegangen.«
      Der Inspektor lächelte.
      »Na, vielleicht nicht. Ich habe Sie so verstan
    den: Sie haben Ihr Wort gegeben, Mr. Holmes,
    daß Sie jetzt wirklich aus dem Fall aussteigen und alle Ihre Ergebnisse uns überlassen wollen.«
      »Gewiß, so habe ich es immer gehalten.«
      »Gut. Ich danke Ihnen in Namen der Polizei. Nach Ihrer Darlegung scheint der Fall klar, und hinsichtlich der Leichen dürfte es nicht mehr viele Schwierigkeiten geben.«
      »Ich werde Ihnen ein scheußliches kleines Beweisstück zeigen«, sagte Holmes, »und ich bin sicher, daß es selbst Amberley nicht aufgefallen ist. Man kommt zu Ergebnissen, Inspektor, indem man sich in die Lage des anderen versetzt und überlegt, was man selber tun würde. Das kostet ein bißchen Vorstellungskraft, aber es zahlt sich aus. Nun, nehmen wir an, Sie wären in diesem kleinen Raum eingeschlossen, hätten nicht mehr zwei Minuten zu leben, aber Sie spürten das Verlangen, sich an dem Teufel zu rächen, der hinter der Tür stand und Sie womöglich verspottete. Was würden Sie tun?«
      »Eine Botschaft schreiben.«
      »Genau. Sie würden den Menschen mitteilen wollen, wie Sie starben. Es wäre nicht sinnvoll, auf Papier zu schreiben. Das würde gefunden werden. Schrieben Sie an die Wand, könnte der Blick drauffallen. Nun, sehen Sie hier! Gleich über der Scheuerleiste steht mit rotem Tintenstift gekritzelt: ›Wir wur…‹ Das ist alles.«
      »Was schließen Sie daraus?«
      »Nun, es steht nur einen Fußbreit überm Boden. Der arme Teufel lag auf den Dielen und starb, als er schrieb. Er verlor die Sinne, ehe er den Satz beenden konnte.«
      »Er wollte schreiben: ›Wir wurden ermordet.‹«
      »Genauso lese ich es. Wenn Sie bei der Leiche einen Tintenstift finden…«
      »Wir werden danach suchen, das versichere ich Ihnen. Aber die Wertpapiere? Selbstverständlich hat es einen Diebstahl überhaupt nicht gegeben. Und doch hat er diese Papiere besessen. Wir haben es nachgeprüft.«
      »Sie können sicher sein, er hat sie an einem sicheren Ort versteckt. Wenn die ganze Fluchtgeschichte der Vergangenheit angehört hätte, hätte er sie plötzlich hervorgeholt und gemeldet, das schuldige Paar habe Reue gezeigt und die Beute zurückgeschickt oder sie unterwegs weggeworfen.«
      »Mir scheint, Sie haben alle Unklarheiten ausräumen können«, sagte der Inspektor. »Natürlich, uns mußte er einbeziehen, aber ich verstehe
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