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Das Notizbuch von Sherlock Holmes, Bd. 5

Das Notizbuch von Sherlock Holmes, Bd. 5

Titel: Das Notizbuch von Sherlock Holmes, Bd. 5
Autoren: Arthur Conan Doyle
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zurück, daß Sie kommen.«
      »Ich glaube nicht, daß ich hinfahren muß.«
      Holmes setzte seine strengste Miene auf.
      »Es würde den denkbar schlechtesten Eindruck auf die Polizei und auch auf mich machen, Mr. Amberley, wenn Sie sich weigern, einem so offensichtlichen Hinweis nachzugehen. Wir müßten annehmen, daß es Ihnen mit der Untersuchung nicht wirklich ernst ist.«
      Die Vorstellung schien für unseren Klienten entsetzlich.
      »Wenn Sie es so betrachten, muß ich natürlich fahren«, sagte er. »Auf den ersten Blick scheint mir der Gedanke absurd, daß dieser Pfarrer etwas wissen sollte, doch wenn Sie meinen…«
      »Ich meine wirklich«, sagte Holmes mit Nachdruck, und so wurden wir auf die Reise geschickt. Bevor wir das Zimmer verließen, nahm Holmes mich beiseite und gab mir einen Ratschlag, der zeigte, daß er die Sache für wichtig hielt. »Wie Sie es auch anstellen, achten Sie vor allem darauf, daß er tatsächlich hinfährt«, sagte er. »Sollte er sich von Ihnen trennen oder umkehren, gehen Sie zum nächsten Telefon und übermitteln Sie das Signalwort ›Durchgegangen‹. Ich richte es hier so ein, daß es mich erreicht, wo immer ich mich befinde.«
      Little Purlington ist ein Ort, den man nicht leicht erreicht, denn er liegt an einer Nebenlinie. Meine Erinnerung an die Reise ist nicht angenehm. Es herrschte heißes Wetter, der Zug war langsam und mein Begleiter mürrisch und schweigsam, kaum daß er ein Wort sprach, außer gelegentlichen hämischen Bemerkungen über die Sinnlosigkeit unserer Unternehmung. Als wir schließlich auf der kleinen Station angekommen waren, mußten wir noch zwei Meilen fahren, ehe wir vor dem Vikariat anlangten, wo uns ein umfänglicher, feierlicher, ziemlich hochtrabender Geistlicher empfing und in sein Arbeitszimmer einlud. Unser Telegramm lag vor ihm.
      »Nun, Gentlemen«, fragte er, »was kann ich für Sie tun?«
      »Wir kommen«, erklärte ich, »in Antwort auf Ihre Depesche.«
      »Meine Depesche! Ich habe keine Depesche geschickt.«
      »Ich meine die, die Sie an Mr. Josiah Amberley wegen seiner Frau und seines Geldes gesandt haben.«
      »Wenn das ein Scherz sein soll, ist es ein sehr fragwürdiger«, sagte der Vikar ärgerlich. »Ich habe niemals von dem Gentleman, den Sie da nennen, gehört, und ich habe niemandem eine Depesche gesandt.«
      Der Klient und ich blickten uns erstaunt an.
      »Vielleicht liegt ein Versehen vor«, sagte ich. »Gibt es hier vielleicht zwei Vikariate? Hier habe ich das Telegramm, unterzeichnet Elman, aufgegeben im Vikariat.«
      »Es gibt nur ein Vikariat, Sir, und nur einen Vikar, und dieses Telegramm ist eine skandalöse Fälschung, dessen Urheber man durch die Polizei aufspüren lassen sollte. Inzwischen sehe ich keinen Grund, weshalb ich dieses Gespräch fortsetzen sollte.«
      Und so fanden Mr. Amberley und ich uns auf der Straße des, wie mir schien, primitivsten Städtchens von ganz England wieder. Wir gingen zum Telegrafenamt, aber es war bereits geschlossen. Es gab jedoch in dem kleinen ›Railway Arms‹ ein Telefon, und ich konnte mich mit Holmes, der unser Erstaunen über das Ergebnis der Reise teilte, in Verbindung setzen.
      »Höchst ungewöhnlich!« sagte die ferne Stimme. »Höchst merkwürdig! Ich fürchte sehr, mein lieber Watson, daß es heute abend keinen Zug zurück gibt. Ich habe Sie unwissentlich zu den Schrecken eines ländlichen Wirtshauses verurteilt. Allerdings, dort haben Sie immer Natur um sich, Watson, Natur und Josiah Amberley – mit beiden können Sie enge Freundschaft schließen.« Ich hörte sein trockenes Kichern, ehe er den Hörer wieder einhängte.
      Bald stellte es sich heraus, daß der Ruf meines Gefährten als Geizhals verdient war. Er hatte gemurrt über die Ausgaben für die Reise, hatte darauf bestanden, daß wir dritter Klasse fuhren, und machte nun lärmend Einwände wegen der Hotelrechnung. Am nächsten Morgen, als wir endlich in London eintrafen, ließ sich kaum sagen, wer von uns schlechterer Laune war.
      »Sie kommen am besten auf einen Sprung mit in die Baker Street«, sagte ich. »Mr. Holmes hat vielleicht neue Anweisungen für Sie.«
      »Wenn die nicht mehr wert sind als die letzten, werden sie nicht viel nützen«, sagte Amberley mit boshaftem, finsterem Blick. Dennoch begleitete er mich. Ich hatte Holmes per Telegramm die Stunde unserer Ankunft angekündigt, aber statt seiner fanden wir eine Nachricht vor, er sei in Lewisham
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