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Das Neue und seine Feinde - wie Ideen verhindert werden und wie sie sich trotzdem durchsetzen

Das Neue und seine Feinde - wie Ideen verhindert werden und wie sie sich trotzdem durchsetzen

Titel: Das Neue und seine Feinde - wie Ideen verhindert werden und wie sie sich trotzdem durchsetzen
Autoren: Campus
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tiefe Schlucht überwinden (mit »Chasma« bezeichnen Wissenschaftler traditionell die tiefen Gräben auf dem Planeten Mars).
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    Geoffrey Moore: Crossing the Chasm
    Ich selbst habe einige Innovationen aus der IBM-Forschung heraus in den Markt getragen. Der wirkliche Durchbruch wurde immer erst erzielt, wenn ein »normaler Kunde« etwas Neues zum Normalpreis gekauft hatte. Wenn etwas allzu neu ist, wollen die Kunden ein Produkt erst einmal zur Probe bekommen oder geschenkt haben. Sie krausen die Stirn und fragen einen Innovator
immer
dies – immer!: »Bitte zeigen Sie mir ein paar normale Menschen, die dieses neue Produkt schon einige Zeitverwenden und mit denen ich über ihre Erfahrungen telefonieren kann. Hier im Raum sind gerade nur Erfinder und Freaks, es ist mir klar, dass Sie von Ihrem eigenen Zeug begeistert sind. Ich aber zähle nur auf Erfahrungen anderer normaler Menschen. Bringen Sie mir zufriedene Referenzkunden.« Verstehen Sie? Kein normaler Mensch möchte der erste Kunde sein, weil normale Menschen etwas erst kaufen, wenn es andere normale Menschen kaufen. Im strikten Sinne ist es also logisch unmöglich, einen ersten normalen Kunden zu finden, weil es am Anfang keinen Referenzkunden gibt. Das gibt Ihnen einen Vorgeschmack auf die Komplexität der Problemlage, die ich im Folgenden erläutern möchte.
    Erfindungen, die sich bei normalen Menschen nicht durchsetzen, also die den Sprung über die Schlucht, über das Chasma nicht schaffen, sterben oft oder überleben als Mauerblümchen am Rande der Schlucht – auf der linken Seite.
    Ein Beispiel: Als ich klein war, hatten wir alle noch Stofftaschentücher! Dann wurde irgendwann das brandneue Tempo-Taschentuch aus Papier propagiert. Ich stamme aus einem Bauernhaus – da hätten Sie einmal meine Eltern über die wahnsinnige Verschwendung von Papier schimpfen hören sollen! Ich bekam Mitte der 60er-Jahre zur Konfirmation ungefähr 50 Stofftaschentücher in Zweier- oder Dreierpacks zum Teil mit Monogramm geschenkt. Ich war sooo enttäuscht – aber Stofftaschentücher waren nun einmal das übliche Geschenk von Leuten im Dorf, die nicht so viel Geld ausgeben wollten. Irgendwann brach aber die Front der »Papier = Verschwendung«-Partei gegen die »Stoff = Unhygiene«-Fraktion. Als meine Eltern alt wurden, nutzte meine Mutter dann sehr spät in ihrem Leben dann doch Zewas (die sie natürlich immer mehrmals benutzte) und wusch parallel im Keller die traditionellen Stofftaschentücher für meinen Vater bis zu dessen Tode. Er hatte einen lebenslangen Vorrat davon, denn meine Schwester und ich hatten ihm unsere Konfirmationstaschentücher überlassen. Inzwischen gibt es seit vielen Jahren eine weitergehende Innovation, nämlich Feuchtpapier, das nun wirklich ganz hygienische Toilettenpapier. Das hat den Sprung zur Massennutzung noch nicht geschafft, oder? Warum breitet sich das eine aus, das andere nicht? Vielleicht ist das im Beispiel so: Tempos sind »einfach«, sie ersparen das Waschen. Feuchtpapier ist zu teuer und wird deshalb kaum im Flughafen oder auf derAutobahn frei verfügbar sein. Was passiert, wenn man uns daran gewöhnt, für Toilettenbesuche grundsätzlich überall einen Euro zu zahlen? Dann können wir doch Feuchttücher verlangen? Werden wir das? Warum wahrscheinlich nicht? Warum ist das in Japan anders?
    Es ist eine große Kunst, die pragmatischen oder fortschrittlichen Menschen zu überzeugen oder dafür zu sorgen, dass sie Lust auf etwas bekommen, oder ihnen einen unbekannten Nutzen aufzuzeigen. An dieser Stelle wird vom Innovator das meiste abverlangt. Stellen Sie sich bildlich vor, Sie müssten auf dem Bauernhof meiner Eltern Papiertaschentücher anpreisen! Oder heute Älteren das Musikhören über Kopfhörer in der Straßenbahn …
Gartners Hype-Curve und das Tal der Tränen
    Eine andere Sicht auf den Innovationszyklus ist durch Jackie Fenn bekannt geworden, die zuerst 1995 darüber schrieb. Seit dieser Zeit benutzt die Gartner Group die
Hype-Curve
(Jackie Fenn arbeitete bei Gartner), um den Reifegrad einer neuen Technologie darzustellen.
    Gartner Inc. ist weltbekannt für ihre Analysen der Neuheiten in der Informations- und Kommunikationstechnik. Das Börsenkürzel für Gartner an der New Yorker Börse ist deshalb auch schlicht »IT«. Gartner gibt regelmäßig für alle neuen Technologien rund um Netz und Computer an, wie weit sie schon auf der Hype-Curve fortgeschritten sind, wie sie in der folgenden Abbildung zu sehen
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