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Das Nest des Teufels (German Edition)

Das Nest des Teufels (German Edition)

Titel: Das Nest des Teufels (German Edition)
Autoren: Leena Lehtolainen
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ich nicht annehmen wollte. «Da hast du deinen Stahl, für dich zählt ja sonst keiner! Dir wäre es scheißegal, wenn ich mich erschießen würde!» Er hob die Waffe an die Schläfe. Sein Blick flackerte, als habe er den Verstand verloren.
    «Hör auf, Juri! Hast du nicht gehört, was ich gesagt habe? Paskewitsch und Gezolian sind tot.» Ich ging auf ihn zu, streckte die Hand aus, reckte mich nach der Pistole. «David bedeutet mir viel, aber du auch. Gib mir die Waffe.»
    Ich war bereit, notfalls zu lügen, dass ich Juri liebte, um ihn dazu zu bringen, mir seine Waffe auszuhändigen. Wäre es überhaupt eine Lüge gewesen? Doch es erging Juri so, wie es ihm schon einmal ergangen war, er fiel auf die Knie, und seine Pistole flog in weitem Bogen ins Unterholz.
    «Ist mein Vater tot? Er hat es nie gesagt … Dass er mein Vater ist …»
    Rotz und Tränen liefen ihm über das Gesicht, als ich ihn in die Arme nahm. Ich sprach mit ihm wie mit einem kleinen Kind, ich hatte gar nicht gewusst, dass ich zu einem so sanften Ton und zu so liebevollen Worten fähig war. Erst als sich Juris Schluchzen legte, ging ich zu David, der qualvoll das Gesicht verzog, als Jaan ihm das Blut abwischte.
    «Mindestens zwei Rippen und das rechte Schlüsselbein gebrochen, die Nase ebenfalls, und die Zähne sehen aus wie nach einem Eishockeyspiel. Am besten holst du unseren Kombi her, damit wir den Mann zum Arzt bringen können.» Jaan war immer noch die Ruhe selbst, und deshalb konnte ich es mir leisten, zusammenzubrechen. Ich sank neben David auf den Boden und küsste seine geschwollenen, aufgeplatzten Lippen. Es war ein Wunder, dass wir noch lebten.

30
    «Wer als Letzter im Wasser ist, hat verloren!» Die helle Kinderstimme schallte über Hevonpersiinsaari, als Vanamo von der Sauna zum Badesteg lief. Deividas humpelte ihr nach. Er verstand die finnischen Worte nicht, erriet aber, worum es ging. Im Wasser bewegte er sich so gewandt wie andere Kinder und hatte Vanamo bald abgehängt, als er am Ufer entlangkraulte.
    «Nicht zu tief rein!», rief David. Jaan war bereits in den See gesprungen, und Saara zog gerade das weite Sommerkleid aus, das sie über dem Badeanzug trug.
    «Geh doch auch schwimmen!», forderte Monika Jouni auf, der am Grill schwitzte. Er hatte bei einem Bauern ein ganzes Lamm gekauft und bereitete es nach einem afrikanischen Rezept zu, das er von Monika kannte. Er hatte schon früh am Morgen Feuer gemacht, abends um neun würde das Fleisch gar sein.
    Juri hatte seine Staffelei am Ufer aufgestellt, er versuchte das Licht einzufangen, das sich im See spiegelte. Als ich an ihm vorbeiging, verhüllte er die Leinwand. Er wollte seine unvollendeten Arbeiten immer noch nicht zeigen.
    Ich ging in die Hütte und schlüpfte in meinen Badeanzug, obwohl es mir merkwürdig vorkam, denn in Hevonpersii waren wir immer nackt geschwommen. Dann sprang ich von einem Felsen ins Wasser und legte mich auf den Rücken. Vom Ufer her hörte ich eine bunte Sprachenmischung: Finnisch, Schwedisch, Estnisch und Englisch, die einzige gemeinsame Sprache von Vanamo und Deividas. Beide Kinder beherrschten sie noch nicht besonders gut, doch sie wollten einander verstehen. Vanamo hatte von Deividas’ schlimmen Erfahrungen gehört und gab sich alle Mühe, ihm den Aufenthalt angenehm zu machen. Am Vormittag hatten sie gemeinsam die Hakkarainens besucht, um sich ihre Tiere anzusehen; Deividas war noch nie auf einem Bauernhof gewesen.
    David hatte es sich in einem Liegestuhl bequem gemacht. Die gebrochenen Rippen heilten so langsam, dass er noch nicht schwimmen und sich auch sonst nicht körperlich anstrengen durfte. Aber er konnte wieder unter seinem eigenen Namen reisen, ohne falsche Pässe und Verkleidung. Zwar war Gezolian für die irdische Gerechtigkeit nicht mehr erreichbar, aber Lescha war gefasst worden, als er in Niirala versucht hatte, die Grenze nach Russland zu überschreiten, und er hatte zu reden begonnen. Er wusste haargenau, wer Gezolians Verbündete in Italien und Finnland gewesen waren, und seine Aussage hatte die Europol-Beamten davon überzeugt, dass David Stahl den Mord an Dolfini und die anderen Verbrechen, die ihm vorgeworfen wurden, nicht begangen hatte. Ein weiteres Argument zu seinen Gunsten waren die beiden Partien des SR - 90 -Isotops, die David der Europol übergeben hatte.
    Eins wusste Lescha zum Glück nicht: wer Martti Rytkönen getötet hatte. Auch er hielt Laitio für den Schuldigen. Deshalb konnte Juri weiterhin unbehelligt
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