Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Mysterium Des Himmels

Das Mysterium Des Himmels

Titel: Das Mysterium Des Himmels
Autoren: Uwe Gardein
Vom Netzwerk:
geblieben, nach dem die Menschen immer wieder riefen. Ekuos musste ausdauernd einige Schritte hinter dem weisen Mann hergehen, reden durfte er nicht. Er sollte seine Sinne schärfen lernen und das tat er. Ekuos war von dem weisen Mann erwählt worden und durfte ihn auf dessen Reise begleiten. Da war er noch sehr jung gewesen und der Abschied aus seinem Dorf war ihm besonders schwergefallen. Ekuos saß damals auf seinem Lieblingsplatz bei einer Anhöhe und schaute auf die weißen Bergspitzen. Der weise Mann war zu ihm gekommen und hatte ihn beobachtet.
    »Die Alpen werden noch da sein, wenn du deinen Weg hierher zurück finden wirst.«
    Ekuos hatte das Wort Alpen schon von klein auf gemocht, weil es einfach war und genau das aussagte, was er sah: Hohe Berge. Seine Sehnsucht war es, einmal auf die Gipfel zu steigen, um dem Himmel und den Göttern ganz nahe zu sein.
    Am Mittag dieses Tages hatten sie sich einer Wagenkolonne angeschlossen, die Salz aus den Alpen zu dem großen Fluss transportierte, den sie Rhin nannten. Ekuos hatte davon noch nie etwas gehört. Er hatte sich konzentrieren müssen, denn er verstand nicht jedes Wort, das die Männer aussprachen. Den Ausdruck Hall kannte er selbstverständlich, denn Salz gab es auch in den Dörfern rund um den großen See. An das Ufer des Sees von Gott Bedaius wollte der weise Mann und sie verließen den Salztransport in der Nähe von dessen Ufer.
    Der Weg führte zunächst bergauf, kurz darauf ging es hinab und wieder bergauf. Die meiste Zeit musste Ekuos Zweige und Büsche schlagen, so überwuchert waren die schmalen Pfade. Aber nach einer Weile gelangten sie auf eine Höhe, von der aus der große See zu sehen war. Er lag wie eine göttliche Gabe an die Menschen vor ihnen.
    »Dort am Ufer lebt die Sippe des Chiemo am See. Wir werden sie aufsuchen und bitten, uns mit einem ihrer Fischerboote zum Tempel des Bedaius zu bringen.« Der weise Mann sprach und Ekuos eilte mit dem Kurzschwert voran, um den Weg frei zu halten. Am Ufer stand Ekuos wieder hinter dem weisen Mann, der sofortiges Schweigen verursachte, als er eine Gruppe Menschen erreichte. Auf einem schwankenden Boot stand ein junges Mädchen. Sie trug eine breite Schale auf ihren Händen. Links und rechts neben ihr standen zwei Männer im flachen Wasser, die scharfe Klingen mit Horngriffen in den Händen hielten. Ekuos ahnte, was dem jungen Mädchen bevorstand, aber er kannte das Ritual nicht. Im Landstrich seiner Leute wurden nur Feinde den Göttern geopfert.
    Der weise Mann hob die Arme zum Himmel und drehte dann sein Gesicht zum See. »Bedaius schweigt. Er fordert kein Opfer von euch.«
    Als er das ausgesprochen hatte, ging ein Murren durch die Menge. Einige Leute schienen von weither gekommen zu sein und die wollten nun, dass dem Gott des Sees das Opfer dargebracht wurde. Ekuos fasste sein Kurzschwert. Sollte jemand den Frevel begehen und den weisen Mann berühren, musste er sterben. Die Auserwählten waren Unberührbare.
    »Bedaius schweigt weiterhin. Er will euer Opfer nicht.«
    Der weise Mann ging ein Stück in den See hinein. Ekuos schaute über das Wasser und er sah kein Ende, so riesig war der See. Da trat ein Mann mit einem Schädel wie ein Stier vor und senkte den Kopf.
    »Ich bin Chiemo der Fischer. Seit langer Zeit verweigert uns Bedaius einen guten Fang. Der See ist unser Leben, ohne die Fische sind wir am Ende. Das Land hinter dem See nährt meinen Bruder und unsere Sippe, dort können wir nicht auch noch sein. Deshalb ist meine Tochter bereit.«
    Der weise Mann drehte sich nicht um, als er antwortete. »Dann lass uns zur Insel fahren und vor den Altar treten. Wenn Bedaius zürnt und den großen Wind herbeiruft, wird ein Messer die Ader am Hals der Jungfrau durchtrennen und wir werden ihr das Herz herausschneiden und in die goldene Schale legen, um es Bedaius zu reichen.«
    Die Menge war damit nicht einverstanden, aber ihr Gemurmel wurde durch einen entschlossenen Blick des weisen Mannes beendet. Er stieg in das Boot und auch Chiemo trat hinzu, um sich an das Ruder zu begeben. Ekuos stand wieder hinter dem weisen Mann. Die Jungfrau blieb am Bug stehen und rührte sich nicht.
    »Also sie ist deine Tochter?«
    Der Fischer nickte. »Wir rufen sie Palmira.«
    Ekuos schaute auf das Weiß ihres langen Kleides. Sie trug bereits die Farbe des Todes und der Trauer. Als das Boot zu schaukeln begann, da war er mit seinen Gedanken bei seiner unsicheren Situation. Noch nie war er über ein Wasser gefahren und diese
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher