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Das Monster von Bozen

Das Monster von Bozen

Titel: Das Monster von Bozen
Autoren: Burkhard Rüth
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Vice-Questore, ich habe gerade mit dem Kollegen telefoniert. Er ist sanft wie ein Lamm.«
    »Und Sie sind sicher, dass es nicht Gemini ist?«
    Vincenzo schüttelte den Kopf: »Das können wir nicht. Wenn er es war, wird es ein ruhiger Freitagabend. Mein Gefühl sagt mir etwas anderes.« Vincenzo beschlichen immer wieder Zweifel. Vieles sprach gegen Gemini, vieles gegen Mantinger. Was war, wenn beide unter einer Decke steckten? Oder wenn Junghans zwar nicht den Betrug begangen hatte, aber der Mörder war? Konnte er, Vincenzo, die Sicherheit von Signora Parlotti wirklich gewährleisten? Es gab Momente, in denen er sich fragte: Worauf hast du dich da bloß eingelassen? Er stellte irritiert fest, dass seine Arbeit als Commissario anders war, als er es sich vorgestellt hatte. Als er den Bereich Kapitalverbrechen übernahm, hatte er dabei an klassische Morde und typische Täter gedacht, an Eifersuchtsdramen, so wie damals in Brixen, an enttäuschte Liebe, familiäre Spannungen oder Geldprobleme. Solche Taten waren selten von langer Hand geplant, sie geschahen im Affekt. Es gab eine überschaubare Anzahl potenzieller Täter, und keiner davon agierte so emotionslos wie ein Roboter.
    »Das Monster von Bozen«, so reißerisch hatte es Fasciani formuliert, und wie recht hatte er damit. Es war eine überraschende Erkenntnis für Vincenzo, dass es die abstrusen Mördertypen, die er aus Filmen und Büchern kannte, tatsächlich gab, und dass sie ins Fadenkreuz seiner eigenen Ermittlungen gerieten. Er wurde sich bewusst, wie wohlbehütet er aufgewachsen war, in was für einem harmonischen Mikrokosmos. Er würde noch einige Lektionen lernen müssen. Hoffentlich ging seine Unerfahrenheit nicht zu Lasten einer Unschuldigen, die er wissentlich benutzte, um dem Täter eine Falle zu stellen. Noch während er seine Waffe prüfte und zu Baroncini und Marzoli sagte: »Es geht los, wir brechen auf«, fühlte er sich elend.
    ***
     
    Parlotti schlug eine lautstarke Schimpftirade entgegen. »Du miese kleine Schlampe! Wie kannst du es wagen, mich solcher Verbrechen zu bezichtigen? Dir werde ich es zeigen!« Junghans schob Parlotti mit solcher Wucht zur Seite, dass sie schmerzhaft gegen den Türrahmen prallte, und stapfte wutschnaubend in ihre Wohnung. Panik stieg in ihr auf. Ihre schlimmsten Befürchtungen hatten sich bewahrheitet: Junghans verfolgte und bedrohte sie!
    Sie wollte gerade etwas sagen, als er schon nachlegte: »Hast du das vielleicht alles den Bullen gesteckt? Weil du eine anständige, pflichtbewusste Bürgerin bist, die ihren wahnwitzigen Verdacht sofort meldet? Ist es so, du Miststück? Holen mich gleich die Bullen ab? Wenn ich deinetwegen eingebuchtet werde, dann kannst du was erleben!«
    Sabrina Parlotti hatte Angst, panische Angst. Die ganze Zeit war es ihr gelungen, dem Wahnsinnigen nicht in die Arme zu laufen. Ausgerechnet jetzt, in dem Moment, als sie sich auf Klaus freute und glaubte, ihr könnte nichts mehr passieren, tauchte er unvermittelt auf und griff sie sofort an. Er war in ihrer Wohnung! Ob er irgendwo ein Messer verborgen hielt? Instinktiv wich sie ein Stück in den Hausflur zurück, in Richtung Treppe, um im Notfall sofort lossprinten zu können. Wo Klaus nur blieb?
    Sie versuchte, Junghans’ Redeschwall zu stoppen: »Franz, bitte hör mir …«
    Aber Junghans ließ sich nicht unterbrechen. »Klappe, hier redet nur einer, und das bin ich, verstanden? Das wirst du bitter bereuen, das verspreche ich dir. Man begegnet sich im Leben immer zweimal.« Er blickte sich in ihrer Wohnung um. »Ah, hübsch gedeckter Tisch. Hast nicht mit mir gerechnet, was? Hast jemand anderen erwartet? Vielleicht noch jemanden, den du zum Mörder abstempeln kannst? Oder habe ich dir ein Schäferstündchen mit deinem Lover versaut? Das tut mir leid. Mancini ist es jedenfalls nicht mehr.« Wieder dieses ekelhafte Lachen.
    Paradoxerweise wurde Parlotti in dem Maße ruhiger, wie Junghans sich in seinen Wutausbruch hineinsteigerte. Eigentlich war er doch nichts anderes als ein adrett gekleidetes, selbstverliebtes HB- Männchen. Was immer er plante, in diesem Moment hatte er nicht vor, ihr etwas anzutun. Das spürte sie. Er tobte, aber er strahlte keine körperliche Bedrohung aus.
    Selbstbewusst ging sie wieder einen Schritt auf ihre Wohnungstür zu. »Franz, das mit Mancini war geschmacklos … nein, jetzt hältst du mal den Mund!« Auch sie sprach jetzt deutlich lauter, und Junghans verstummte sofort. Offenbar war er Widerstand von Frauen
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