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Das Meer in deinem Namen

Das Meer in deinem Namen

Titel: Das Meer in deinem Namen
Autoren: Patricia Koelle
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Kuvert heraus.
    „Hier, das soll ich dir geben. Lies es in Ruhe, ich sehe mich solange im Garten um.“
    Schon war er hinter dem Haus verschwunden. Jorams Windspiel warf ein paar Töne um die Ecke, als Thore es mit der Schulter streifte.
    Carly drehte den Umschlag hin und her. Kein Absender, nichts. Sie setzte sich auf die Stufen, öffnete ihn, zog ein Blatt heraus. Eine große, etwas unordentliche Handschrift. Tante Alissas Schrift! Wie kam Thore an einen Brief von Tante Alissa?

    Liebe Carly, Fischchen,
    mir ist einiges klar geworden in den letzten Tagen.
    Ich habe euch mit der Hauswartwohnung kein richtiges Zuhause geboten. Ich war mit euch auch nicht auf Ferienreisen, wie es andere Kinder waren. Und was Weihnachts- und Geburtstagsgeschenke anging, war ich nicht besonders einfallsreich. Auch zum Abitur und zum Diplom hast du nur ein „Herzlichen Glückwunsch!“ bekommen. All diese Dinge sind wohl unter dem Teppich gelandet. Aber das hatte ein Gutes: wir haben eine Menge Geld gespart. Das hat sich friedlich auf dem Konto angesammelt und ich habe es kaum bemerkt, hatte meine Gedanken ja immer in den alten Zeiten, bei Tonscherben, Knochen und Erdschichten (dafür habe ich aber auch nie über schlechte Zensuren geschimpft, immerhin). Außerdem: Erinnerst du dich, ich hatte dir erzählt, dass ich damals mit meinem Verlobten zusammen den hoch dotierten Kerringer-Preis bekommen hatte. Diese Summe lag die ganzen Jahre im Depot und bekam dort ungestört Junge. Dies in guter Gesellschaft, denn da war auch noch das Erbe meines Vaters, das ohnehin zur Hälfte Nelia und damit euch zustand. Ich weiß, euer Großvater Maruhn war als Opa ein Fehlschlag – als Vater übrigens auch – aber er war ein guter Fotograf und Geschäftsmann. Und zu guter Letzt brachten in den ersten Jahren die Veröffentlichungen deines Vaters noch einiges an Tantiemen ein, die natürlich ohnehin ebenfalls euch gehören. Langer Rede kurzer Sinn: Ich möchte etwas gutmachen und bin in der Lage, dies zu tun. Es wird Zeit, dass du ein Zuhause bekommst. Und ehe du protestierst: Ja, für Ralph ist noch ebenso viel da, wenn er seinen Platz gefunden hat.
    Also: Naurulokki gehört dir. Ich habe mit deinem Thore alles geregelt. Fühle dich nicht daran gebunden, wenn sich deine Träume eines Tages ändern sollten. Es ist auf jeden Fall eine gute Investition. Aber solange du dort glücklich bist, freue ich mich mit dir und besuche dich gerne, wann immer du möchtest.
    Nun fühle dich wohl, und viel Glück mit deinen Plänen. Ich bin gespannt.
    In Liebe, deine verrückte Tante.

41. Eine Rose aus Berlin
     

    Unbemerkt war Thore zurückgekehrt. Er saß neben Carly, als sie aufblickte, hielt ihr ein Taschentuch hin und legte seinen Arm um sie. Dankbar lehnte sie sich an, bis sie sich annähernd gefasst hatte.
    „Glücklich?“, fragte er.
    „Glücklicher geht nicht.“
    „Du glaubst nicht, wie mich das freut. Das war zwar nicht, was ich im Sinn hatte, als ich auf die Idee kam, dich hierher zu schicken – aber das Ergebnis gefällt mir. Ob es dir noch gefällt, wenn ich in den Ferien Peer und Paul zu dir schicke, werden wir sehen.“ Er zwinkerte ihr zu.
    „Seit wann weißt du es?“
    „Seit gestern. Der-Freund-von-dem-Herrn-Schnug konnte sich nicht endgültig entschließen. Dann stand deine Tante vor meiner Tür. Du kannst dir denken, wie gern ich ihr sofort meine Zusage gegeben habe. Wir sind direkt zum Anwalt, es war ja alles vorbereitet, samt Termin. Hier sind übrigens die Papiere, Beantragung des Grundbucheintrags und so weiter. Und die zwei anderen Schlüssel.“
    Carly nahm den dicken Umschlag ehrfürchtig entgegen und fragte sich, wann sie das alles wirklich begreifen würde. Bestimmt nicht mehr in diesem erstaunlichen Jahr. Sie trug die Papiere und Tante Alissas Brief in das Büro, legte sie mitten auf den Schreibtisch. Auf ihren Schreibtisch! Sie würde alle ihre Angelegenheiten von diesem Schreibtisch aus regeln können. Dem wunderschönen Schreibtisch, den Joram für Henny geschaffen hatte. Oder?
    „Thore? Was ist mit den Möbeln?“
    Das mit den Möbeln war ja nun viel komplizierter, als er ahnte, fiel ihr ein. Zwar hatte Joram Henny die Möbel geschenkt – bis auf den Tisch – aber wenn Philip Prevo Jorams Sohn war, dann hatte der, wenn nicht sogar einen rechtlichen, zumindest einen moralischen Anspruch auf das Erbe.
    Thore winkte ab.
    „Alles mitverkauft. Gehört zum Haus. Mit anderen Worten, dir.“
    „Aber das sind doch nicht nur
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