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Das Meer in deinem Namen

Das Meer in deinem Namen

Titel: Das Meer in deinem Namen
Autoren: Patricia Koelle
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besser, als wenn der Tisch in den Klauen dieser Xanthippe bleibt!“
    Frau Rubinger hatte natürlich nicht mit angefasst, aber ein nettes Touristenpärchen, das vorbeikam, war so begeistert von dem Möbel gewesen, dass sie geholfen hatten es auf den Hänger zu wuchten.
    „Da muss er jetzt bleiben, bis uns jemand hilft“, meinte Jakob, als er den Hänger vor Naurulokki parkte.
    „Elisa und Synne kommen heute noch, und Thore, der kann mit anfassen zur Strafe, weil er das Haus verkauft hat.“
    Ganz verziehen hatte Carly ihm das noch nicht.

    Jakob war mit einer Touristengruppe zu einer Zeesboottour auf dem Bodden verabredet, versprach aber, danach in Sachen Tisch noch einmal vorbeizukommen.

    Nun blieb nur noch, auf Thore zu warten. Ziellos trieb sich Carly im Garten herum, wischte Staub im Haus, rückte Dinge zurecht. Mit beiden Händen strich sie über die Vase im Flur, die Vase mit dem Kormoranzeichen und der Signatur „PP“. Die Hände von Jorams Sohn also hatten dieses Stück geformt, das sie so merkwürdig anzog. Ob sie ihn wohl einmal kennenlernen würde? Irgendwann musste er doch nach Hause kommen. Sich um die Töpferei kümmern oder zumindest nach dem Rechten sehen.
    Oben lag noch Jorams Hut. Sie würde ihn für Philip Prevo aufheben. Und das Werkzeug auch. Bestimmt würde er gern etwas von seinem Vater haben.

    Die Zeit verging erst nicht, dann raste sie. Carly zog sich zweimal um, trank zu viel Tee. Ob sie schon ihre Sachen packen sollte? Ein so schnell entschlossener Käufer würde das Haus sicher sofort in Besitz nehmen wollen. Nun, viel hatte sie nicht, das war rasch in den Koffer geworfen. Erst hören, was Thore mit ihr besprechen wollte.
    Wieder im Garten, setzte sie sich mit um die Knie geschlungenen Armen unter die Trauerbirke und lauschte auf das ferne Meer, sah dem Wind in den Silberpappeln zu und vermisste die Schwalben um den First, die bereits in den Süden gezogen waren.
    Wie gern hätte sie es gesehen, wenn diese im Frühling zurückkehrten. Wie gern hätte sie gewusst, wie es sich anhörte, wenn eine dicke Schneeschicht auf dem Reetdach lag – ob die Stille dann noch tiefer war? Ein kleiner Weihnachtsbaum in der Bibliothek, oder in der Küche, das wäre auch schön gewesen ...
    „Hör endlich auf zu träumen, Carlotta!“, schimpfte sie. „Vielleicht findest du ja ein Zimmer, über dessen Fenster auch Schwalben nisten. Die gibt es hier schließlich überall.“
    Es fing an zu regnen, feine silberne Tropfen. Weil ihr danach war und sie nicht fror, blieb Carly sitzen. Vielleicht spülten sie alles weg, den Abschiedsschmerz, die Ungewissheit, was die Zukunft anging, das Überwältigende an all dem, was ihr in den letzten Wochen begegnet war.

    Thores Auto hörte sie schon von der Straßenecke her, als er auf den Sandweg einbog. Sie hatte seinen Motor selbst in Berlin aus jedem Verkehrslärm herausgefiltert. Immer war sie ihm entgegengelaufen.
    Aber jetzt hatte ein neuer Lebensabschnitt begonnen. Obwohl ihr Herz bei seinem Anblick immer noch einen Sprung machte, zwang sie sich sitzenzubleiben, stand erst auf, als er sie gesehen hatte und sich zum Tor hereinließ.
    „Carly!“ Er umarmte sie fest. Dass sie im Regen saß, störte ihn nicht. Wie oft hatten sie so etwas gemeinsam getan. „Gut siehst du aus!“
    „Du auch.“ Leider stimmte das. Das alte Funkeln in seinen Augen, die Energie in seinen Gesten zogen sie noch immer an. Doch er war ihr auch ferner. Er gehörte an einen anderen Ort, in ihr altes Leben. Und würde trotzdem immer ein Teil von ihr bleiben.
    „Konntest du alles erledigen?“, fragte sie.
    „Ja. Die Ämter hier sind zum Glück ruhiger und unkomplizierter.“
    „Ja, das habe ich auch bemerkt. Elisa kommt nachher wegen der Bilder, wenn es dir recht ist“, sagte Carly.
    „Sehr gut, dann kann ich das auch abhaken.“
    Hm, ganz so hätte sie es nicht ausgedrückt, aber so war Thore. Mal wieder mit den Gedanken schon im nächsten Tag, beim nächsten Projekt, mindestens anderthalb Galaxien weg vom Hier und Jetzt.
    „Möchtest du Tee? Kuchen?“
    „Noch nicht.“
    Er kramte geschäftig in seiner abgewetzten Aktentasche. Wie oft hatte sie die für ihn gefunden, wenn er sie wieder verlegt hatte. Fast kamen ihr wieder die Tränen. Wie würde sie die vermissen, diese blöde Aktentasche und ihren Besitzer! Trotzdem hatte sie sich richtig entschieden. Warum sie sich da so sicher war, wusste sie nicht, aber es war eine Gewissheit, die sturmsicher in ihr ankerte.
    Er zog ein
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