Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Meer Der Lügen: Ein Lord-John-Roman

Titel: Das Meer Der Lügen: Ein Lord-John-Roman
Autoren: Diana Gabaldon
Vom Netzwerk:
seinem Stuhl zurück.
    »Er muss es sich doch nicht in einem Bordell geholt haben«, argumentierte Grey. »Obwohl ich zugebe, dass es am wahrscheinlichsten ist. Aber was spielt das für eine Rolle?«
    Quarry zog wieder die Augenbrauen hoch.
    »Als Erstes müsst Ihr Euch wohl versichern, dass es stimmt, bevor Ihr ganz London mit einer öffentlichen Bezichtigung in Aufruhr bringt. Ich gehe schließlich nicht davon aus, dass Ihr einen Annäherungsversuch unternehmen wollt, um Euch genauer überzeugen zu können.«
    Quarry grinste breit, und Grey spürte, wie ihm das Blut in der Brust aufstieg und ihm heiß den Hals heraufspülte.
    »Nein«, sagte er knapp. Dann fasste er sich und lehnte sich ein wenig zurück »Nichts für mich«, sagte er und schnippte sich imaginären Schnupftabak vom Rüschenkragen.
    Quarry prustete los, das Gesicht seinerseits vom Rotwein und vor Belustigung errötet. Er schnappte nach Luft, prustete erneut und schlug mit beiden Händen auf den Tisch.
    »Nun, so wählerisch sind Huren nicht. Und wenn so
eine ihren Körper verkauft, verkauft sie auch alles, was sie sonst noch hat - Auskünfte über ihre Kunden eingeschlossen.«
    Grey starrte den Oberst verständnislos an. Dann fiel der Groschen.
    »Ihr meint, ich soll mich einer Prostituierten bedienen, um mir meinen Eindruck bestätigen zu lassen?«
    »Ihr begreift schnell, Grey, wirklich schnell.« Quarry nickte beifällig und schnippte mit den Fingern, um noch mehr Wein zu bestellen. »Ich hatte eher daran gedacht, ein Mädchen ausfindig zu machen, das seinen Schwanz schon einmal gesehen hat, aber Eure Variante ist noch viel einfacher. Alles, was Ihr tun müsst, ist, Trevelyan in Euren Lieblingskonvent einzuladen, der Äbtissin etwas zuzuflüstern - und ihr etwas Kleingeld zuzustecken -, und das war’s!«
    »Aber ich -« Grey hielt sich nur mit Mühe davon ab zuzugeben, dass er nicht nur kein Lieblingsbordell hatte - er hatte schon seit mehreren Jahren kein derartiges Etablissement mehr betreten. Er hatte die Erinnerung an sein letztes derartiges Erlebnis erfolgreich unterdrückt; er hätte inzwischen nicht einmal mehr sagen können, an welcher Straße das Gebäude gelegen hatte.
    »Es wird wunderbar funktionieren«, versicherte ihm Quarry, ohne seine Verwirrung zu beachten. »Wird wahrscheinlich auch nicht allzu viel kosten; zwei Pfund dürften wohl reichen, höchstens drei.«
    »Aber wenn ich dann weiß, ob sich mein Verdacht bestätigt hat -«
    »Nun, wenn er nichts hat, seid Ihr aus dem Schneider, und wenn doch…«Quarry kniff nachdenklich die Augen
zusammen. »Hm. Wie wär’s hiermit? Wenn Ihr es arrangieren könntet, dass die Hure etwas Geschrei und Theater macht, wenn sie einen genauen Blick auf ihn geworfen hat, kommt ihr aus der Kammer Eures eigenen Mädchens gelaufen, um nachzusehen, was denn los ist. Es könnte ja sein, dass das Haus in Flammen steht.« Er prustete kurz, als er sich die Szene vorstellte, dann widmete er sich wieder seinem Plan.
    »Nun, wenn Ihr ihn sozusagen kalt erwischt habt und die Lage ohne jeden Zweifel geklärt ist, glaube ich nicht, dass ihm viel anderes übrig bleibt, als einen Grund zu erfinden, um die Verlobung von sich aus zu lösen. Was sagt Ihr dazu?«
    »Klingt, als könnte es funktionieren«, sagte Grey langsam, während er versuchte, sich das Bild vorzustellen, das Quarry entworfen hatte. Wenn man eine Hure mit hinreichend Talent zur Hysterie fand… und Grey musste ja schließlich die Dienste des Bordells nicht selbst in Anspruch nehmen.
    Der Wein kam, und beide Männer verstummten einen Moment, während eingeschenkt wurde. Doch als der Steward ging, beugte sich Quarry mit leuchtenden Augen über den Tisch.
    »Lasst mich wissen, wann Ihr gehen wollt; ich gönne mir den Spaß und komme mit!«

2
    Ein Witwenbesuch
    »Frankreich«, sagte Stubbs angewidert, während er sich durch das Gedränge am Clove Market schob. »Schon wieder das verfluchte Frankreich, könnt Ihr das glauben? Ich habe mit DeVries gegessen, und er hat mir gesagt, er habe es direkt vom alten Willie Howard. Da dürfen wir dann wahrscheinlich in Calais den verdammten Hafen bewachen!«
    »Wahrscheinlich«, sagte Grey und bahnte sich seinen Weg an einem Fischhändlerkarren vorbei. »Wann, wisst Ihr das?« Er tat so, als verärgere ihn der Gedanke an eine absehbar eintönige Stationierung in Frankreich genauso sehr wie Stubbs, doch in Wirklichkeit freute ihn diese Neuigkeit.
    Er war gegenüber dem Lockruf des Abenteuers ebenso wenig immun
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher