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Das Meer Der Lügen: Ein Lord-John-Roman

Titel: Das Meer Der Lügen: Ein Lord-John-Roman
Autoren: Diana Gabaldon
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keinen Namen mehr zuordnen, als sie sie dort herausgezogen haben, und -«
    »Meint Ihr, sie schicken uns auch dorthin?«, unterbrach Grey. Er leerte sein Glas und bestellte mit einer Handbewegung zwei weitere Gläser Brandy, um sich vielleicht doch noch einen Rest seines Appetits auf das Mittagessen zu bewahren.
    »Weiß nicht. Vielleicht - obwohl ich letzte Woche ein Gerücht gehört habe, das sehr danach klang, als könnte es Amerika werden.« Stubbs schüttelte stirnrunzelnd den Kopf. »Kann nicht sagen, dass ich einen großen Unterschied zwischen einem Hindu und einem Mohawk sehe - alles brüllende Barbaren -, aber wenn Ihr mich fragt, sind die Chancen, sich zu profilieren, in Indien sehr viel größer.«

    »Wenn man die Hitze, die Insekten, die Giftschlangen und den Durchfall überlebt, ja«, sagte Grey. Er schloss für einen Moment der Glückseligkeit die Augen und genoss den sanften Hauch des englischen Junitages, der zum offenen Fenster hereinwehte.
    Es wurde überall spekuliert, was den nächsten Posten des Regiments anging, und die Gerüchteküche florierte. Frankreich, Indien, die amerikanischen Kolonien… vielleicht Prag oder die russische Front, einer der deutschen Staaten oder gar die Westindischen Inseln. Indem es Österreichs strittige Thronfolge als Vorwand benutzte, kämpfte Großbritannien auf drei Kontinenten mit Frankreich um die Vorherrschaft, und kein Soldat konnte über Mangel an Beschäftigung klagen.
    Sie verbrachten noch eine angenehme Viertelstunde mit ähnlich substanzlosen Vermutungen. Währenddessen konnte sich Greys Verstand ungehindert erneut den Schwierigkeiten zuwenden, die sich durch seine unpassende Entdeckung ergaben. Hätten die Dinge ihren normalen Lauf genommen, wäre Trevelyan das Problem seines älteren Bruders gewesen. Doch Hal war zurzeit auf Reisen in Frankreich und unerreichbar, was Grey zum Mann vor Ort machte. Die Hochzeit zwischen Trevelyan und Olivia Pearsall sollte in sechs Wochen stattfinden; es musste etwas unternommen werden, und zwar schnell.
    Vielleicht zog er besser Paul oder Edgar zu Rate - aber keiner seiner Halbbrüder bewegte sich in gesellschaftlichen Kreisen; Paul führte ein gemütliches Landleben auf seinem Anwesen in Sussex und setzte kaum je einen Fuß in den nächsten Marktflecken. Was Edgar anging … nein, Edgar würde keine Hilfe sein. Seine Vorstellung von einer
diskreten Erledigung der Angelegenheit würde es sein, Trevelyan auf den Stufen von Westminster auszupeitschen.
    Ein Steward, der in der Tür erschien und Oberst Quarrys Eintreffen verkündete, setzte seinen abschweifenden Gedanken vorerst ein Ende.
    Er erhob sich und berührte Stubbs an der Schulter. »Holt mich nach dem Essen ab, ja?«, sagte er. »Wenn Ihr möchtet, begleite ich Euch bei Eurem Witwenbesuch. O’Connell war ein guter Soldat.«
    »Oh, würdet Ihr das tun? Das ist wirklich anständig von Euch, Grey; danke.« Stubbs machte ein dankbares Gesicht; den Hinterbliebenen sein Beileid auszusprechen, war nicht seine Stärke.
     
    Glücklicherweise hatte Trevelyan seine Mahlzeit beendet und war gegangen; die Stewards waren gerade dabei, die Krümel von dem frei gewordenen Tisch zu fegen, als Grey das Zimmer betrat. Auch gut; es hätte ihm den Magen umgedreht, wenn er den Mann beim Essen hätte sehen müssen.
    Er begrüßte Harry Quarry herzlich und zwang sich dann, während der Suppe Konversation zu betreiben, obwohl er mit seinen Gedanken anderswo war. Er zögerte und tauchte seinen Löffel in die Suppe. Quarry benahm sich oft derb und unbeholfen, doch er besaß große Treffsicherheit, wenn es darum ging, den Charakter eines Menschen einzuschätzen, und er kannte sich mit unschönen Affären aus. Er stammte aus einer guten Familie und wusste, wie die bessere Gesellschaft funktionierte. Vor allem konnte man sich darauf verlassen, dass er ein Geheimnis für sich behalten würde.

    Also dann. Über die Sache zu sprechen, würde die Situation möglicherweise zumindest für ihn selbst klarer machen. Er schluckte den letzten Rest Brühe hinunter und legte den Löffel hin.
    »Kennt Ihr Mr. Joseph Trevelyan?«
    »Den Ehrenwerten Mr. Trevelyan? Vater Baronet, Bruder im Parlament, ein Vermögen in Zinn aus Cornwall, bis über die Ohren an der Ostindischen Handelsgesellschaft beteiligt?« Harry zog ironisch die Augenbrauen hoch. »Nur vom Sehen. Wieso?«
    »Er ist mit meiner Cousine Olivia Pearsall verlobt. Ich … ich hatte mich nur gefragt, ob Euch vielleicht irgendetwas in Bezug auf
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