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Das Maedchen mit dem Stahlkorsett

Titel: Das Maedchen mit dem Stahlkorsett
Autoren: Kady Cross
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durch das zerfetzte linke Hosenbein drang, glänzte im Licht der Lampe hellrot. »Das ist nichts weiter. Um sie mache ich mir viel größere Sorgen.«
    »Hast du ihr Gesicht bemerkt?«, fragte Sam. Er zog ein Schnupftuch aus der Jackentasche. »Sie hat ausgesprochen wild ausgesehen.«
    Allerdings, ihr Gesicht war Griff unmittelbar vor dem Zusammenprall aufgefallen. Schön und zugleich grimmig wie das eines wilden Tieres.
    »Wovor ist sie nur weggelaufen?« Sam presste ihr das Leinentuch auf die stark blutende Stirn. »Oder sollte ich fragen, vor wem ist sie weggelaufen?«
    Griff betrachtete das Mädchen, dessen Kopf sein Freund mit beiden Händen umfasst hatte. Auch auf der regennassen Wange und um den Mund war Blut verschmiert. Verletzungen vom Unfall, oder die Folgen eines gezielten Angriffs?
    Wie auch immer – solange er nicht sicher war, dass ihr nichts weiter passiert war, fühlte er sich für sie verantwortlich.
    »Wir nehmen sie mit«, entschied er und hob den schlaffen Körper mit beiden Armen hoch.
    »Bist du sicher?« Sam war keineswegs hartherzig, sondern dachte einfach nur praktisch. Nach dem jüngsten Raub im British Museum hatten sie wahrlich genug zu tun, und obendrein gab es in ihrer kleinen Gruppe Spannungen. Wenn jetzt noch diese Dienerin mit ihren eigenen Schwierigkeiten hinzukam, konnte es nur schlimmer werden. Fremde waren in Griffins Haus immer ein Problem, denn es bestand stets die Gefahr, dass jemand zu viel herausfand.
    »Wir können sie nicht hier liegen lassen.« So einfach war das. Natürlich hätte er sie auch in ein Hospital bringen können, doch das ließ Griffs Ehrgefühl nicht zu. Außerdem sagte ihm irgendetwas, er sollte dieses Mädchen nicht aus den Augen las sen, und er hatte gelernt, seinem Instinkt zu vertrauen. Wann immer er es nicht getan hatte, war es übel für ihn ausgegangen.
    Sam schwang sich auf den Sitz seines Velos und übernahm das Mädchen von Griff. »Soll ich nicht lieber vorher Bescheid sagen?«
    Griffin schüttelte den Kopf. Der Regen lief ihm über das Gesicht, rann in den Kragen und durchnässte Hemd und Haut. »Das mache ich selbst. Bring sie einfach zum Haus und achte darauf, dass sie unter Beobachtung bleibt.« Während er sprach, zog er ein abgegriffenes Lederetui aus der Tasche. Im Inneren befand sich eine kleine Maschine, die noch nicht einmal die Ausmaße eines Kartenspiels hatte. Es war ein persönlicher Telegrafenapparat, mit dessen Hilfe man sich blitzschnell austauschen konnte. Seine Maschine und diejenigen, die seinen Freunden gehörten, waren allerdings ein wenig schneller als die anderen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung standen. Sie beruhten auf Mr. Teslas drahtlosen Apparaten, und die brillante Emily, die seit einem Jahr für Griffin arbeitete, hatte sie umgebaut, damit sie die Nachrichten durch den Äther sendeten.
    Sam setzte sein Velo in Bewegung, und Griffin klappte unterdessen das Kästchen auf. Er tippte auf einige Tasten und drückte dann auf den Sendeknopf. Ein paar Sekunden später, Sam hatte sich bereits ein Stückchen entfernt, erschien die Antwort auf dem körnigen Bildschirm. Er musste blinzeln, um sie in Dunkelheit und Regen lesen zu können. Emily teilte ihm mit, dass er sich keine Sorgen machen musste, denn sie würde tun, worum er sie gebeten hatte, und die nötigen Vorkehrungen für ihren Gast treffen.
    Er humpelte stärker als zuvor, das verletzte Bein wurde allmählich steif. Griffin biss die Zähne zusammen, überwand sich und stieg auf sein eigenes Velo. Der schwere Metallrahmen hatte offenbar nicht viel abbekommen. Am nächsten Morgen würde er ihn gründlich untersuchen. Die Maschine sprang sofort an, und Griff zog sich die Schutzbrille über die Augen, ehe er Sam folgte.
    Am nächsten Morgen würde er sich außerdem um den Museumsraub kümmern. Anscheinend waren keine sonderlich wertvollen Objekte abhandengekommen – und genau das bereitete ihm Kopfzerbrechen. Die Sonderabteilung der Polizei wollte Informationen, aber das musste warten. Das Wichtigste war im Augenblick das Mädchen. Eine Aura von Gefahr umgab sie wie ein Ölfilm. Leider konnte er nicht erkennen, ob sie in Gefahr schwebte oder selbst die Gefahr verkörperte.
    Genau das musste er nun herausfinden.

Zwei
    ZWEI
    D as Greythorne House, eine weitläufige klassizistische Villa, stand im Londoner Bezirk Mayfair – dort, wo die wichtigen Leute lebten. Wichtig bedeutete in diesem Fall, dass man einer alten und reichen Familie entstammte. Genau
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