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Das Mädchen aus Mantua

Das Mädchen aus Mantua

Titel: Das Mädchen aus Mantua
Autoren: Charlotte Thomas
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stirbt sicher auch jemand dort. Aber gleich vier auf einen Streich? Das ist zu viel für eine junge Frau! Ich wusste sofort, dass dieser ganze Medizinkram nichts für dich ist!« Sie nahm ihre Tochter in die Arme und wiegte sie tröstend, als wäre sie noch ein kleines Mädchen. Celestina ergab sich ihrer tröstenden Umarmung und weinte.
    Gerade, als sie vor dem Haus der Bertolucci aus der Kutsche stiegen, kam im Eilschritt William um die Ecke gebogen. Der junge Engländer erfasste mit einem Blick die Situation, vor allem aber die Ähnlichkeit zwischen Mutter und Tochter, und er nahm höflich die Mütze ab.
    »Zu Euren Diensten, Monna Ruzzini!« Zu Francesa sagte er mit einer Verbeugung: »Desgleichen zu den Euren, Madonna.«
    Francesca nickte ihm huldvoll zu, dann wandte sie sich an Celestina. »Ist er das?«
    Celestina wurde rot. »Mutter, das ist William Harvey, ein guter Freund aus England. William, was ist los?«
    Er drehte die Mütze zwischen den Händen. »Ach, es ist nur …« Er räusperte sich, dann platzte er heraus: »Timoteo hat heute morgen sein Examen bestanden.«
    »Er hat was ?«, fragte Celestina entgeistert. »Aber wie …«
    »Dem Grad deines Interesses entnehme ich, dass Timoteo derjenige ist, welcher«, unterbrach Francesca sie.
    William warf ihr einen vorsichtigen Blick zu, dann sagte er zu Celestina: »Um so schnell wie möglich den Doktorhut zu bekommen, hat er die Prüfung vorgezogen, indem er sich für die Disputation zu einem anderen Thema gemeldet hat. In astrologischer Heilkunde.«
    »Welche Puncta?«, wollte Celestina ungläubig wissen.
    »Über die wechselnden Einflüsse der unterschiedlichen Mondphasen auf das Gleichgewicht des hellen Gehirnschleims in der Viersäftelehre.«
    »Das klingt sehr eigenartig, aber interessant«, sagte Francesca. »Ich wusste nicht, dass es da Zusammenhänge mit dem Mond gibt.«
    William räusperte sich. »Nun kamen wir, Galeazzo und ich, auf den Gedanken, dass es dir vielleicht gefiele, dabei zu sein, wenn ihm die Doktorwürde verliehen wird. Ihm würde es ganz sicher gefallen, das weiß ich. Die Zeremonie findet in einer Stunde statt.«
    »Oh«, sagte Celestina schwach. Sie wandte sich bittend an ihre Mutter.
    »Warum nicht?«, sagte Francesca. »Ich wollte dergleichen schon immer einmal mit eigenen Augen sehen.«
    Galeazzo blickte verstohlen zu Arcangela hinüber. Sie hatte ihn vorhin, als sie gekommen war, nur flüchtig angeblickt und dann gleich zur Seite geschaut. Zu seiner Bestürzung hatte sie dabei mit den Tränen gekämpft, wofür es nur eine Erklärung gab: Offensichtlich hatten sich ihre Pläne erneut geändert, ihm schwante, dass sie nun doch die Stadt verlassen würde. Nun, dann war der gute Capitano wohl doch nicht das Maß aller Dinge, oder? Galeazzo fühlte seine Chancen wachsen, schließlich stammte er aus Venedig und hatte ursprünglich ohnehin vorgehabt, dort zu praktizieren. Und aus der Sache mit Arcangela konnte durchaus mehr werden als nur eine abwechslungsreiche Liebelei. Stillvergnügt gönnte er sich für eine Weile den Anblick ihres liebreizenden Profils.
    Sie saß zwischen Celestina und deren Mutter. Die drei Damen waren wiederum umgeben von etlichen anderen Besuchern. Die heute zu ehrenden Scholaren hatten Freunde und Verwandte mitgebracht, auch Hieronimo und Alberto waren zugegen, Timoteo hatte es nicht über sich gebracht, sie von diesem wichtigen Ereignis auszuschließen. Der alte Mann im Rollstuhl machte einen mürrischen, gelangweilten Eindruck, doch einmal sah Galeazzo seinen Blick auf Timoteo ruhen, und in diesem Moment konnte der Alte den Stolz auf seinen Sohn nicht verbergen. Für die Dauer eines Herzschlags schien er sogar zu lächeln. Hieronimo hingegen war immer noch das Erstaunen darüber anzumerken, dass sein Bruder so plötzlich und ohne Vorankündigung das Examen abgelegt hatte. Außerdem fühlte er sich unbehaglich, weil Celestina nur zwei Reihen vor ihm saß; zwischendurch sah er immer wieder zu ihr hin, und Galeazzo fand, dass er traurig dabei aussah.
    Galeazzo richtete seinen Blick wieder aufs Podium, wo soeben einem weiteren Scholaren von einem der Promotores feierlich der Doktorhut und der Ring des Arztstandes überreicht wurde. Die Lizenz zur Berufsausübung sowie die Lehrerlaubnis erhielt er gesondert in einer ledergebundenen Mappe mit der Bemerkung clausos mox apertos . 8 Der Promotor umarmte sodann den Prüfling mit den Worten pacis osculum cum benedictione magistrali , 9 dann durfte der
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