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Das Mädchen aus Mantua

Das Mädchen aus Mantua

Titel: Das Mädchen aus Mantua
Autoren: Charlotte Thomas
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gebrüllt, die ersten Fäuste flogen, Wämser zerrissen beim Gerangel, Nasen bluteten unter harten Hieben. Galeazzo sah nicht mehr, was Timoteo tat, denn er selbst steckte gemeinsam mit William mitten im Getümmel und verteidigte die Ehre der Caliari.
    Hieronimo hielt sich aus dem Gekeile heraus, er kam zu Timoteo und legte ihm die Hand auf die Schulter. »Du musst fort, bevor die Wachen kommen.«
    Timoteo nickte, es schien ihn nicht allzu sehr zu bestürzen. Fast kam es Celestina so vor, als habe er damit gerechnet, dass so etwas geschehen konnte.
    Celestina blickte Hieronimo an. »Es tut mir leid.«
    »Ich weiß«, antwortete er einfach. Er betrachtete sie mit wehmütiger Resignation. »Ich weiß aber auch, dass er dich glücklicher machen wird, als ich es könnte, das lässt es mich ertragen.« Zu seinem Bruder sagte er: »Viel Glück. Vielleicht kannst du irgendwann schreiben.«
    »Das werde ich, Bruder. Ich danke dir für alles.«
    Hieronimo umarmte Timoteo kurz, aber kräftig, dann wandte er sich ab und ging zu seinem Vater, um dessen Rollstuhl aus der Gefahrenzone zu schieben. »Nimm endlich deinen vermaledeiten Degen!«, brüllte Alberto ihn an. »Bring sie alle um!«
    Celestina runzelte die Stirn. »Er wird es wohl niemals lernen, was?«
    »Vater?« Timoteo schüttelte den Kopf. »Nicht mehr in diesem Leben.« Er fasste nach ihrer Hand. »Komm. Es wird höchste Zeit.«
    Bei der Tür traten ihnen Arcangela und Francesca in den Weg. »Was hast du vor?«, wollte Francesca wissen. »Was für eine Verbannung meinte dieser Geisteskranke da vorhin?«
    »Ich erkläre es dir später, Mutter«, sagte Arcangela. Sie brach in Tränen aus, während sie die Arme um ihre Stiefschwester warf. »Kommst du irgendwann wieder?«
    »Ganz bestimmt«, sagte Celestina, war sich aber nicht sicher, ob sie dieses Versprechen würde halten können.
    »Vitale wird sich bei Gradenigo für dich einsetzen«, sagte Arcangela unter Tränen zu Timoteo. »Und er wird dafür sorgen, dass ihr ausreichenden Vorsprung habt!«
    »Danke«, sagte Timoteo. »Sag William und Galeazzo Lebewohl von mir, sie sind die besten Freunde, die ein Mann sich wünschen kann.«
    Arcangela schluchzte laut auf. Sie hörten es kaum noch, denn sie waren bereits zur Tür hinaus.

Im Veneto, am nächsten Tag
    Sie beeilten sich, die Stadt zu verlassen, wobei es Celestina wunderte, dass Timoteos Pferd bereits gesattelt und schwer mit Taschen und Reisesäcken bepackt war, als er es aus dem Stall holte.
    »Warst du darauf etwa vorbereitet?«, fragte sie, während sie in flottem Trab die Stadt in Richtung Süden hinter sich ließen.
    Er bejahte es brummend, worauf sie wissen wollte, woher zum Teufel er gewusst hatte, dass sie fliehen mussten.
    »Es war eine von meinen Prämissen«, sagte er.
    »Das es eine Prügelei geben würde?«
    »Nein, dass wir schnell weg müssen. Nicht wegen einer Prügelei, sondern weil ich fürchtete, dass jemand dich entlarvt und wir deswegen rasch verschwinden müssen. Du musst zugeben, die Wahrscheinlichkeit war extrem groß. Dass die Flucht nun aus anderen Gründen nötig war, spielt keine Rolle, denn im Ergebnis kommt dasselbe heraus.«
    »Und wieso gehörte es zu deinen Prämissen, dein Examen früher abzulegen als geplant?«
    »Ich wollte so schnell wie möglich fertig sein, damit wir es im Falle einer Flucht leichter hätten.«
    »Inwiefern leichter?«
    »Als Arzt kann ich dir ein angemessener Ehemann sein und für dich sorgen.«
    »Ein angemessener … Hast du gerade Ehemann gesagt?«
    »Was glaubst du denn, als was ich an deiner Seite leben will?«
    »War das gerade ein Heiratsantrag?«
    »Ich dachte, den hätte ich dir schon gemacht.«
    »Nein, hast du nicht«, widersprach sie.
    »Oh. Nun gut. Willst du mich heiraten?«
    »Ich will schon, aber muss dein Vater nicht zustimmen?«
    »Jetzt nicht mehr«, sagte er zufrieden. »Ich bin ein Doktor der Medizin und gehöre nicht mehr seinem Hausstand an. De lege lata 10 berechtigt mich das, aus eigenem Recht auch vor der formellen Großjährigkeit eine Ehe zu schließen.«
    »Bist du sicher?«
    »Nicht völlig«, räumte er ein. »Ich weiß es bloß von einem Studenten der Juristenfakultät. Für den Fall, dass er unrecht hat, habe ich gefälschte Papiere dabei. Wir werden uns sofort, wenn wir in Venedig eintreffen, einen Priester suchen und uns trauen lassen.«
    Eine Weile ritten sie schweigend dahin. Timoteo hatte seinen warmen Umhang fest um sie beide gelegt, denn es war schneidend kalt.
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