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Das Mädchen aus Mantua

Das Mädchen aus Mantua

Titel: Das Mädchen aus Mantua
Autoren: Charlotte Thomas
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Freunde. Die Prüfung wurde öffentlich abgehalten, doch außer den Promotores 6 , den Doktoren des Kollegiums und einigen weiteren Doktoranden würden sich nicht viele Leute blicken lassen.
    Galeazzo hielt ihm eine Schnapsflasche hin. »Willst du dich stärken?«
    Timoteo lehnte dankend ab, ihm war auch so schon übel genug, Grappa auf nüchternen Magen würde es nicht besser machen.
    William musterte ihn mitleidig. »Bist du alles noch einmal durchgegangen?«
    »Einmal?« Timoteo lachte kläglich. »Hundert Mal trifft es besser.«
    Nie hätte er für möglich gehalten, dass er sich für eine Promotion zu einem Thema bewerben würde, das er eher albern als nützlich fand, doch es war die erstbeste Möglichkeit, die Prüfung zu absolvieren. Länger zu warten, schied für ihn aus. Hinzu kam, dass die medizinische Astrologie ziemlich einfach war, wenn man erst das Prinzip begriffen hatte, und besonders viele verschiedene Meinungen gab es dazu auch nicht. Vespucci war zudem ein nachsichtiger Dozent und beliebter Betreuer, unter seiner Ägide war noch niemand durchgefallen. Sicherheitshalber hatte Timoteo auch Fabrizio auf seine Seite gezogen, ihm unter Ausschmückung der wahren Umstände erzählt, wie schwer krank der Vater war und dass dieser es um jeden Preis noch erleben wolle, wie sein Sohn den Doktorhut aufgesetzt bekam. Zu guter Letzt hatte William es noch auf sich genommen, die Puncta 7 für ihn abzufassen, oder zumindest wesentliche Teile davon, ebenso wie alle infrage kommenden Disputationspunkte. William hatte schon im Vorjahr verschiedenen Examina beigewohnt und wusste, worauf es ankam.
    Sie gingen in den Bischofspalast. Ihre Stiefel hallten auf den marmornen Böden, das Geräusch wurde von den hohen, geschnitzten Decken zurückgeworfen.
    Ein ehrwürdig gekleideter Saaldiener erwartete sie bereits. Ein Glockenschlag kündete das Ende der letzten und den Beginn der nächsten Prüfung an. Durch die geöffnete Tür sah man die in Talare gekleideten Mitglieder des Kollegiums auf dem Podest hinter ihren Tischen sitzen.
    »Bist du so weit?«, fragte Galeazzo aufmunternd.
    Timoteo schüttelte den Kopf, doch Kneifen passte nicht in seine Strategie. Mit durchgedrücktem Rücken, flankiert von seinen beiden Freunden, betrat er den Prüfungssaal.

Am selben Morgen
    Am Tag vor der geplanten Abreise erklärte Celestina ihrer Mutter, dass sie zum Klosterspital wolle, um sich von Frater Silvano zu verabschieden. Tatsächlich war es ihr ein großes Anliegen, ihrem Gönner und Mentor für alles zu danken und ihm persönlich Lebewohl zu sagen, alles andere hielt sie für unangemessen. Außerdem musste sie ihm noch den Schlüssel und das Buch zurückgeben. Wie erwartet, kündigte ihre Mutter an, sie zu begleiten.
    Es war ein sonniger, klarer Tag, doch die Luft war schneidend kalt. Es lag bereits ein Hauch von Winter in der Luft. Francesca hatte eine Droschke bestellt, sie weigerte sich, bei dem Wetter zu Fuß zu gehen. Celestina nahm auf der Sitzbank neben ihr Mutter Platz und blickte aus dem Fenster, während die Kutsche rumpelnd durch die Straßen rollte. Sie fühlte sich zwischen Resignation und Hoffnung hin und her gerissen und fragte sich, wie Timoteos Plan aussah, oder vielmehr, ob dieser Plan dazu taugte, alles für sie zum Guten zu wenden. Und sie überlegte, ob wohl alles anders gekommen wäre, wenn sie schon eher entschieden hätte, nach Padua zu kommen. Dann wäre ihr vielleicht genug Zeit geblieben, das Studium zu beenden. Lange hätte sie ohnehin nicht mehr gebraucht, genau wie William hätte sie dank ihrer Vorbildung früher promovieren können, als es die Statuten für reguläre Scholaren vorsahen. Für ausländische Studenten sowie für jene, die bereits hinreichende Kenntnisse nachwiesen, galten Sondervorschriften. Mit dem Stipendium hätte es ihr glücken können, auch die Kosten für die Verleihung der Doktorwürde abzudecken, so wie es auch bei Timoteo möglich war. Der venezianische Rat kam in seinem Fall für alle Aufwendungen auf, auch wenn das Prozedere bei den Stipendiaten sicher weniger prunkvoll war als im Normalfall. Wie die übrigen Doktoranden würde er sein Examen zwar auch im Palast des Bischofs ablegen, aber hinterher würde es vermutlich kein allzu teures Festessen für das Prüfungskollegium geben, keine sonderlich kostspieligen Kopfbedeckungen, Roben und Handschuhe, mit denen die frischgebackenen Doktoren traditionell die Promotores und den Pedell und schließlich sogar den Bischof als
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