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Das Mädchen aus Mantua

Das Mädchen aus Mantua

Titel: Das Mädchen aus Mantua
Autoren: Charlotte Thomas
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nicht nehmen, mindestens drei Mal nachzufragen, ob er noch irgendetwas für Arcangela tun könne, und erst, als sie ebenso oft beteuert hatte, dass er sich mehr als genug aufgeopfert habe, fand er sich zögernd bereit, zu seinen angestammten Diensten zurückzukehren.
    »Vielleicht sieht man sich einmal wieder«, sagte er über die Schulter.
    »Gewiss«, erklärte Arcangela, mittlerweile stark abgelenkt, da sie vollauf damit beschäftigt war, ihre neue Umgebung zu begutachten. Das, was sie sah, fand fraglos ihren Beifall, denn an der Einrichtung des Hauses gab es nichts auszusetzen. Celestina sah, wie Arcangelas Augen aufleuchteten. Ihre Stiefschwester hatte schon immer einen Hang zum Luxus gehabt und fand nun ihre kühnsten Träume übertroffen.
    Vestibül und Halle waren mit poliertem Terrazzo ausgelegt und die Wände mit edlem, geprägtem Leder bespannt. Eine geschwungene Treppe mit geschnitztem Lauf führte zu einer Galerie im ersten Obergeschoss, die mit aufwändig gerahmten Porträts geschmückt war.
    »Mama meinte, ihr kämt erst übermorgen«, sagte Chiara. Es klang ein wenig quengelnd.
    »Wir sind früher aufgebrochen, weil es sich so ergab.«
    »Sie ist leider nicht da. Mama, meine ich. Und Papa auch nicht. Und Guido und ich wollten auch gerade weg.«
    »Das macht nichts«, sagte Celestina. »Keinesfalls möchten wir euch aufhalten. Ihr könnt uns einfach unser Zimmer zeigen, dann warten wir dort, bis Onkel Lodovico und Tante Marta zurück sind.«
    »Ich weiß gar nicht, ob schon alles für euch hergerichtet ist.«
    »Doch«, warf Guido ein. »Ich hörte die Mägde vorhin darüber reden.« Er ging zu einem Durchgang neben der Treppe und rief: »Morosina! Margarita!«
    Fragend wandte er sich zu Celestina um. »Stimmt es, dass du bereits Witwe bist?«
    »Mein Mann Jacopo starb voriges Jahr«, bestätigte sie.
    »Er war viel älter als du, oder?«, wollte Chiara wissen. Ihre hellblauen Augen funkelten vor Neugier.
    »Zwanzig Jahre. Er war vierzig, als er starb.«
    »Oh! Das ist aber sehr alt! Da war er ja fast so alt wie Papa!«
    »Wenn der Mann älter ist als die Frau, macht es nicht so viel aus wie im umgekehrten Fall«, belehrte ihr Bruder sie. »Stimmt es nicht, Celestina? Oder fandest du ihn zu alt?«
    Celestina bemühte sich um einen gelassenen Ton. »Nein, ich fand ihn nicht alt.«
    »Und er war Arzt, oder?«, wollte Chiara wissen. »Ein sehr guter und tüchtiger, sagt Mama.«
    »Das war er«, sagte Celestina, und diesmal war nichts Bemühtes in ihrer Stimme.
    Zwei Dienstmädchen erschienen und begannen auf Guidos Geheiß, gemeinsam die Reisekisten nach oben zu schleppen.  
    »Ihr könnt Morosina und Margarita einfach sagen, was sie tun sollen«, erklärte Guido. »Sie richten euch auch etwas zu essen her, wenn ihr wollt. Oder bereiten euch ein Bad zu. Nur müssen Chiara und ich leider jetzt fort. Unter anderen Umständen würden wir sicher hierbleiben und euch ordentlich willkommen heißen, aber unser Vorhaben duldet keinen Aufschub.«
    »Wir müssen wirklich sehr dringend weg«, bestätigte Chiara.
    Und schon waren sie draußen. Arcangela starrte auf die zufallende Tür. »Besonders gastfreundlich waren die aber nicht, was?« Sie drehte sich im Kreis und nahm ihre Umgebung in Augenschein. »Um so besser. Dann können wir uns hier in Ruhe umsehen.« Und schon setzte sie diesen Plan in die Tat um. Sie inspizierte die für den Besuch vorbereiteten Gemächer und war beeindruckt von deren Größe und Ausstattung. Es handelte sich um zwei Räume im zweiten Obergeschoss, die durch eine Tür verbunden waren. Das größere Zimmer diente als Schlafraum, es verfügte über eine Kommode mit Handspiegel und Waschschüssel, einen Wandschirm mitsamt Nachtstuhl dahinter, sowie über zwei Betten, die bereits frisch bezogen waren. Arcangela ließ sich auf eines davon fallen und quietschte entzückt, als die Matratze federte. Sie betastete die Kissen und überzeugte sich von der Qualität der Füllung. Anschließend sprang sie auf und probierte das andere Bett aus, um sich sodann für das zu entscheiden, welches ihr weicher vorkam.
    Das zweite Zimmer diente als Wohnraum. Vor dem Kaminofen standen zwei Lehnstühle und ein Tisch mit zierlichen Beinen. Seidene Vorhänge zierten einen geräumigen Fensteralkoven, der zum Garten wies.
    Eines der Dienstmädchen öffnete die Fenster, und Celestina sah hinaus, entzückt von dem Anblick, der sich ihr bot. Noch nie hatte sie in einem Raum mit direktem Blick auf einen Garten
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